Sein Leben ist eine Achterbahnfahrt

(edi) Wir schreiben das Jahr 2003. Da ist Harry Thiele ein aufstrebender junger Mann, der sich mit der "Planet Commerce AG" als eines der ersten Unternehmen im Trierer Wissenschaftspark Petrisberg ansiedelt.

12 Jahre später erlebt er den schwärzesten Tag seines Lebens: Mit seiner Firma "Werner Forst- und Industrietechnik GmbH" muss er Insolvenz anmelden. Er trägt die Verantwortung für 80 Mitarbeiter - und er ist Familienvater. Eine Zeit, die ihn geprägt hat.

Heute, 11 Jahre später, ist er mit "BELU Plus" als Unternehmensberater unterwegs - und glücklich. Der 71-Jährige hat uns mitgenommen auf seine Zeitreise durchs Leben. Lesen Sie den ersten Beitrag unserer Serie "Menschen der Region".

Steile Karriere

Den gebürtigen Kölner hatte seine damalige Freundin und jetzige Ehefrau Doris vor 40 Jahren nach Trier gelockt, wie er schmunzeln erzählt. 38 Jahre war er neben seiner Unternehmertätigkeit als Anwalt zugelassen. Mit dem Jahr 1983 beginnt Thieles bewegte Geschichte. Beim Saarburger Familienunternehmen "Trosaplast", später "Tectro Kunststofftechnik", macht er eine steile Karriere vom Prokuristen zum Geschäftsführer bis zur Übernahme der alleinigen Geschäftsführung. Er schafft neue Strukturen in der Firma und erweitert sie um Standorte in Polen und den USA. Die Unternehmensgruppe wächst von 14 Mio. DM und 180 Mitarbeitern in 1983 auf 65 Mio. € und 550 Mitarbeiter im Jahr 2001.

Sein Entschluss, eine eigene Firma zu gründen, steht. 2004 baut er "Planet Commerce" auf und verkauft die Firma noch im gleichen Jahr. "Thermoplast Technik Beteiligungsgesellschaft", eine AG als Automobilzulieferer "First Trier Supplier" mit 650 Mitarbeitern und 5 Standorten, wird die nächste Station, die er aber nach drei Jahren wieder verlässt. 2006 wird er Eigentümer der "Werner Forst- und Industrietechnik GmbH" mit Sitz in Trier.

Zu dieser Zeit gehört er schon längst zu den Führungspersönlichkeiten der deutschen Wirtschaft. Auch durch sein ehrenamtliches Engagement ist sein Name ein Begriff. Er ist Vorsitzender der IRT (Initiative Region Trier), engagiert sich im Vorstand der Eintracht Trier, ist Vorsitzender des Hochschulrates an der Hochschule Trier, Vizepräsident der IHK Trier und Vorsitzender des regionalen Arbeitgeberverbandes VTU - um nur einige zu nennen. "Als Unternehmer muss man sich einbringen", erklärt er sein großes Verantwortungsgefühl für die Gesellschaft.

Absturz und Neubeginn

Um so schlimmer erlebt er seinen tiefen Fall, als er 2015 mit "Werner Forst und Industrietechnik GmbH" Insolvenz anmelden muss. "Es war eine physisch und psychisch sehr belastende Zeit", blickt Harry Thiele zurück. Die Verantwortung für die Mitarbeiter lastet schwer auf ihm. Mit der Familie im Rücken bringt er eine unglaubliche Energie auf und schafft es, gemeinsam mit dem neuen Eigentümer und guten Beratern die Insolvenz in Eigenregie bereits nach 10 Wochen zu beenden.

Zwei Jahre lang begleitet er noch die Geschicke der Firma, dann scheidet er 2017 als Geschäftsführer aus. Als selbstständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Personalvermittlung führt er seitdem die Geschäfte der "BELU-Plus GmbH", die er im Übrigen nach seinen Enkeln Bent und Luk benannt hat. "Ich bin froh, arbeiten zu können", sagt er und verweist auf seine bessere Ehehälfte, die - wie er freundlich umschreibt - ebenso glücklich wie dankbar ist, dass er eine Beschäftigung gefunden hat, die ihn ausfüllt.

Aber Harry Thiele wäre nicht er selbst, wenn er nicht noch weiter gesucht hätte. Fündig geworden ist er im Nebenjob als Schulbusfahrer für Kinder mit Beeinträchtigungen.

Was man sonst noch über Harry Thiele wissen sollte:

• Er ist gebürtiger Kölner, hat in Marburg Jura studiert und in Frankfurt sein 2. Staatsexamen abgelegt.
• Er ist Vater eines Sohnes und einer Tochter und vierfacher Großvater.
• Sein Steckenpferd war die Mitarbeit bei der Gründung der "Generation Ü". Von Januar 2020 bis August 2022 war er Vorstand dieser Genossenschaft.
• Harry Thiele kennt Disziplin pur seit seiner Jugend. Als Hochleistungssportler ruderte er in Marburg bis zur Deutschen Jugendmeisterschaft. Als Schlagmann hat er den Rhythmus vorgegeben.
• Gemeinsam mit der IRT hat er mit dafür gesorgt, dass die Landesgartenschau 2004 nach Trier vergeben wurde. 
• Er ist viel gereist, nicht nur beruflich, auch privat. Mit dem Motorrad hat er, an Kilometern gemessen, mehrere Male die Welt umrundet.
• Jetzt verschafft er sich die Mobilität per Pedales.