Martin Geisen ist Schauspieler des Trierer Theaters und unterstützt das Impfzentrum-Team im Messepark Trier – Mit der Komödie »Extrawurst« ist er ab 3. Juni im neuen Theatergarten zu sehen.
Von Hanns-Wilhelm Grobe
Nach sieben Monaten „Corona-Pause“ freut sich Martin Geisen, Schauspieler am Stadttheater Trier: „Am 3. Juni kann ich wieder vor Publikum auf die Bühne“. Das letzte Mal sahen ihn die Theaterfans am 31. Oktober 2020 im Stück „Gott“. Dann „fiel der letzte Vorhang“. Und keiner wusste, wann sie wieder im Rampenlicht stehen können. Er und seine Kollegen gaben ihr bestes in dem Bewusstsein, diese Vorstellung könnte auf absehbare Zeit die letzte gewesen sein. „So etwas hat kein Schauspieler seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland mehr erlebt“. Bewegende Eindrücke, beklemmend und sein weiteres Arbeiten auf Lebenszeit bestimmend.
Klagen will der zweifache Familienvater (33) nicht. Er sieht es als Luxus, zu den 2000 festangestellten Schauspielern in Deutschland zu gehören. 2018 kam er nach beruflichen Stationen in Gießen, Hamburg und Dortmund an die Mosel. Und wurde fest angestellt beim Stadttheater Trier und damit auch bei der Stadt Trier. Viele freiberufliche Kollegen standen mit den Corona-Beschränkungen von einem Tag auf dem anderem vor dem Nichts, Honorare blieben aus, die Kosten liefen weiter.
Impfzentrum statt Theaterproben
Die ersten Monate genoss Martin Geisen die freie Zeiteinteilung für seine Familie und sich. Liegengebliebene Arbeit wurde erledigt, Drehbücher und Stücke konnten gelesen und neue Kontakte für mögliche Projekte geknüpft werden. Für Stimme, Sprache und Körper, Spiel- und Atemtechnik oder Fingerfertigkeit darf es aber keine Pause geben. Alle Mitglieder der Sparten Schauspiel, Ballett, Oper und Orchester müssen weiter trainieren, denn jeden Tag kann es wieder heißen: Vorhang auf und Bühne frei.
Doch irgendwann waren aktuelle und geplante Produktionen für aktuelle und kommende Spielzeiten ausgeprobt und auf Abruf aufführungsreif „abgespeichert“. Ob real am Theater am Trierer Augustinerhof oder auch virtuell geprobt und durchgespielt mit den Kollegen über den Computer.
Kurzarbeit drohte und keine Acht-Stundentage und Überstunden. Der ausgebildete Rettungssanitäter Geisen griff sofort zu, als im Impfzentrum Trier und im Testzentrum Daun – dort wohnt der zweifache Familienvater – fachliche Unterstützung gesucht wurde. Und nicht nur er. Es arbeiten vom Theater aktuell: - 27 Mitarbeiter im Impfzentrum; - neun im Testzentrum und weitere zwei in anderen Ämtern der Stadt, erläutert Christoph Traxel, Leitung Kommunikation und Marketing beim Theater Trier.
Charakterstudien in Pandemiezeiten
Acht Stunden Dienst mit einer kurzen Pause sind es im Messepark zum Beispiel für Martin Geisen. Und damit stundenmäßig ein vergleichbarer Arbeitstag, den er im Theater auch in der coronalosen Zeit gehabt hätte. Mit manchen der Impf- und Testwilligen kommt er ins Gespräch. Erfährt Ängste und Schicksale, kann Trösten und Sorgen nehmen. Geisen gibt gerne Tröstendes mit. „Umgekehrt kommen hier Menschen wie am Fließband vorbei, die vielleicht einmal Teil meiner Figuren und Charaktere auf der Theaterbühne werden könnten“. Da wird der Schauspieler dann zum Zuschauer des Lebens und von Charakteren.
Große Hilfsbereitschaft »namenloser Helden«
In seiner Bescheidenheit betont er, dass er nur einer von vielen ansonsten in Medien namenlosen Helden ist, die schon in der ersten Corona-Welle sich für Bürgertelefon und Beratung, Nachverfolgung von Infektionsketten oder einfach Zuhören von Menschen jedes Alters in der verordneten Quarantäne zur Verfügung stellten. Besonders hebt er im Wochenspiegel-Interview auch Pflegepersonal aus Trierer Krankenhäusern hervor, das selbst nach dem eigentlichen Dienst noch zwei und mehr Stunden beim Testen und Impfen helfen kommt.
Die Jahre in den Großstädten vermisst er nicht. Erst recht nicht in den aktuellen Pandemiejahren 2020 und 2021. Beruflich pendelt er zwischen seiner Arbeit in Trier und seinem Wohn- und Geburtsort Daun. Dort ist er schnell im Grünen und kann für sich und seine Familie Abstand halten, damit sie gesund bleibt. Auch weil man sich dort gegenseitig kennt und sich blindlings vertrauen kann.
Die Pandemie wird sicherlich irgendwann auch Thema im großen Welttheater werden – aber sicherlich erst in absehbarer Zeit. Das muss „abdauern“, so formuliert es Geisen an diesem Freitagnachmittag im Theaterfoyer. Dort läuft der Feinschliff einer Komödie in der neuen Open-Air-Reihe des Theaters Trier. Im Blick hat Geisen die dazu neu errichtete Bühne im Trierer Theatergarten im Schatten der Antoniuskirche.
Open-Air-Komödie »Extrawurst«
Im Grünen können Theaterfreunde (tagesaktuell getestet, namentlich registriert) Martin Geisen ab 3. Juni in dem Stück „Extrawurst“ sehen. Komödiantisch sind die Zuschauer dabei, wie die Mitgliederversammlung des Tennisvereins aus dem Ruder läuft. In der Rolle von Matthias Scholz preist Geisen den Kauf eines neuen Grills an. „Öl ins Feuer“ der Versammlung bringt die Frage, ob für den türkischen Vereinsmeister Erol ein eigener Grill angeschafft werden muss. Denn streng gläubige Moslems dürfen ihre Grillwürste nicht auf einen Rost legen, wo vorher Schweinswürste gegrillt wurden. Plötzlich eine Zerreißprobe für die bis dahin eingeschworenen Tennisfreunde: Deutsche Leitkultur auch am Grill?
Die Proben zu „Extrawurst“ liefen nur mit Maskenschutz aller Mitwirkenden im Foyer und auf der Bühne im Theatergarten. Keiner hat seine Kollegen bis zu den Endproben Ende Mai ohne Corona-Maske spielen sehen. Nicht nur Martin Geisen ist gespannt, ob in letzter Minute noch die Mimik und Gestik reduziert werden muss, wenn man zur Premiere nicht nur Augen und Stirn sieht, sondern auch wieder Nase, Wangen und Mund im Team.
Premiere ausverkauft - Zusatzvorstellungen
Die Freude über den wieder beginnenden Kulturbetrieb dank höherer Impf- und Testquote und sinkenden Infektionszahlen ist auch in Trier so groß, dass die Premiere am 3. Juni ausverkauft ist. Enttäuscht muss keiner sein: Neben dem 4., 5. und 6. Juni sind weitere »Extrawurst«-Zusatzvorstellungen für Mittwoch, 16., Donnerstag, 17., Dienstag 22., Mittwoch, 23. und für Sonntag, 27. Juni jeweils um 19.30 Uhr eingeplant. Doch auch hier gilt: Nicht zu lange warten! Einige Termine sind bereits bis auf Restkarten bestens verkauft.
Wer bis dahin nicht warten will: Martin Geisen kann man auch weiterhin mit Mund- und Nasenschutz im Impfzentrum Trier entdecken und im Testzentrum Daun. Genau hinschauen trotz Impfaufregung lohnt sich also.
Wer bereits geimpft hat, kann ihn demnächst bei einer neuen ARD-Staffel von „Rentnercops“ sehen, bei SOKO Köln oder in der ARD Mediathek mit einer Folge von „Morden im Norden“. Derzeit ist dort ein Film abrufbar, wo er die reizvolle Doppelrolle eines Zwillingspärchens spielt.
HWG/Fotos: Hanns-Wilhelm Grobe