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"Karneval kann man nicht absagen"

Ausgelassen feiern, Bützje verteilen, eng an eng schunkeln, gemeinsam singen – all das scheint in Zeiten der Corona-Pandemie unvorstellbar, gehört gleichzeitig aber untrennbar zum Karneval. Die Zerrissenheit innerhalb der Vereine zeigt ein Querschnitt durch die Region.

In rund zehn Wochen soll er fallen, der Startschuss für die Session 2020/2021. Eigentlich. Denn für die Karnevalsvereine stellt sich nicht erst seit der Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn, er könne sich eine Session in der Corona-Pandemie nicht vorstellen, die Frage, wie sich Karneval und Corona vereinbaren lassen. Klare Richtlinien seitens der Behörden fehlen bislang und der unvorhersehbare Verlauf der Pandemie erschwert die Entscheidungsfindung zusätzlich. Um über ein gemeinsames Vorgehen in den Ortschaften an der Rheinschiene zu entscheiden, haben sich die Vertreter der karnevalstreibenden Vereine zwischen Brohl und Oberwinter vergangene Woche auf Einladung der KG Närrische Buben Sinzig getroffen. In einer gemeinsamen Erklärung, der sich inzwischen 20 Vereine angeschlossen haben, heißt es: "Nach reiflicher Überlegung und auch intensiven Vorberatungen in den einzelnen Vorständen war den Anwesenden schnell klar, dass es aus Verantwortungs- und Haftungsgründen nicht möglich ist, in der anstehenden Session Saalveranstaltungen und Festzüge in der gewohnten Form durchzuführen. Nach Abstimmung mit weiteren Vereinen und Organisationen der Region haben sich die Unterzeichnenden darauf verständigt, diese Karnevalsveranstaltungen in der Session 2020/2021 abzusagen." Brauchtumspflege steht an oberster Stelle Zwar seien Karnevalsveranstaltungen in Sälen (noch) erlaubt, aufgrund der derzeitigen Vorschriften und notwendigen Hygienekonzepte aber kaum umsetzbar und auch wirtschaftlich nicht tragbar. Einzig die Stadt Remagen hatte bereits angekündigt, keine städtischen Liegenschaften für Karnevalsveranstaltungen in der Session 2020/2021 zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung sei "den Vollblutkarnevalisten" nicht leichtgefallen, doch "derzeit stehen die Sicherheit und Gesundheit der Mitglieder und der Gäste im Vordergrund". Doch die Absage der Veranstaltungen bedeute keinesfalls auch eine Absage des Karnevals: "Der Karneval an sich kann nicht abgesagt werden. Er gehört zur rheinischen Mentalität und in unserer Region zum Alltag wie Ostern und Weihnachten. In dieser Session muss die Brauchtumspflege eben anders organisiert werden. Über das Wie werden die Vereine (...) bei weiteren Treffen beraten." Und so lautet das letztlich positive Fazit: Der "Bazillus Carnevalis" lasse sich nicht vom Coronavirus unterkriegen." Auch für die KG Blau-Weiss Neuenahrer Schinnebröder steht fest, dass die Session nicht wie gewohnt begangen werden kann. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht. Die aktuelle Lage und die perspektivische Einschätzung von Entscheidungsträgern in unserem Land, lässt nur eine seriöse Entscheidung zu, also bis einschließlich Karnevalsdienstag 2021 auf die Durchführung von und Teilnahme an Veranstaltungen aus Sorgfaltspflicht zu verzichten. Aus fröhlichen Festen können sich tragische Entwicklungen ergeben. Daher möchten wir Schinnebröder keine Basis für einen möglichen Infektionsherd sein", heißt es in einer Erklärung. Nichts Genaues weiß man nicht Eine komplette Absage der Session kommt hingegen für Hardy Mies, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft "Bunte Kuh" Walporzheim und des Festausschusses Karneval Bad Neuenahr-Ahrweiler, vorerst nicht in Frage: "Die Situation ist natürlich für alle Vereine schwierig, da man aktuell nichts planen kann, es keine Vorgaben und keine verlässlichen Richtlinien gibt und sich die Lage ständig ändern kann. Wir, das heißt die Vorsitzenden des Festausschuss Karneval Bad Neuenahr-Ahrweiler, haben uns aber bereits vor einigen Wochen zusammengetan und beschlossen, dass wir die Session in kleinerem Rahmen stattfinden lassen wollen. Das heißt konkret, dass die amtierenden Tollitäten für ein weiteres Jahr im Amt bleiben und die Veranstaltungen durchgeführt werden - solange sie genehmigt werden. Außerdem sollten die Veranstaltungen mit maximal drei bis vier Wochen Vorlaufzeit organisiert werden können." Ein großes Fragezeichen gebe es bei den Zügen, da hier die Teilnehmeranzahl nur schwer zu kontrollieren sei. Konkreteres wolle man gemeinsam bei einem weiteren Treffen im September beschließen. Darüber, ob oder inwiefern die Session in Altenahr begangen werden kann, herrscht noch Unklarheit, wie Jürgen Calenborn für die KG Karnevalsfreunde Altenahr auf Anfrage erklärt: "Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir mangels seriös möglicher Einschätzung der kommenden Lage noch keine konkreten Entscheidungen für die kommende Session getroffen. Gesundheit geht vor und so sind wir bemüht, Risiken gar nicht erst entstehen zu lassen. Wir haben für uns vereinbart, auf Vorstandsebene die aktuelle Lage im September neu zu bewerten (...). Möglicherweise wird bis dahin der Karneval von offizieller Seite abgesagt." Abwarten lautet auch das Stichwort bei den Karnevalstreibenden der KG Rot-Weiß Adenau 1959. "Niemand weiß, wie es in Sachen Corona weitergeht. Für uns steht aber fest, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Absage lancieren, aber ebenso wenig voll in die Planungen für die kommende Session starten werden. Erst einmal halten wir die Füße still und warten ab", sagt Hans-Jürgen Schunck, Schriftführer und Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins.Und er ergänzt: "In Adenau sind wir zudem in der glücklichen Lage, dass alle Veranstaltungen überwiegend mit eigenen Acts und Helfern aus den eigenen Reihen bestückt werden können. Dadurch sind wir natürlich zeitlich flexibler als Vereine, die Künstler und Bands dazu buchen und jetzt Verträge unterschreiben müssen." Für die nächsten Wochen seien zudem Treffen mit anderen karnevalstreibenden Vereinen geplant, um eine einheitliche Vorgehensweise für die Session 2020/2021 zu planen.Fest stehe aber schon jetzt: "Aktuell planen wir den Karneval zu eröffnen. Denn wir können zwar Veranstaltungen absagen, nicht aber den Karneval an sich. Der steht fest im Kalender und gehört zu unserer Mentalität und zum Brauchtum dazu", lautet letztlich das Fazit Schuncks.


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