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Dem Handwerk geht das Holz aus

Holz ist Mangelware geworden. In den letzten Monaten haben die stark gestiegenen Nachfragen aus Amerika und Asien nach Schnittholz zu einem extremen Mangel auf dem Markt geführt. Hinzu kommt die anhaltende starke Nachfrage der Bauwirtschaft
Pascal Kaulartz, Geschäftsführer und Dachdeckermeister von »Kaulartz Dach + Fassade« aus Imgenbroich vor seinem fast leeren Lager. Foto: Privat

Pascal Kaulartz, Geschäftsführer und Dachdeckermeister von »Kaulartz Dach + Fassade« aus Imgenbroich vor seinem fast leeren Lager. Foto: Privat

Große Mengen deutschen Holzes werden vor allem in die USA und China exportiert. Dort ist Holz aus Europa wesentlich günstiger als heimisches Material.  Begünstigt durch den aktuellen Bau-Boom in Deutschland stecken aber nun viele deutsche Handwerksbetriebe in einer echten Krise: ihnen geht das  Holz aus.
»Zu Beginn des Bau-Booms hat sich wahrscheinlich kaum ein Handwerker oder die Industrie darüber Gedanken gemacht, ob es irgendwann zu Materialengpässen kommen kann. Als dann im letzten Jahr damit begonnen wurde, extreme Mengen,  plus 60 Prozent Material, zu exportieren, hätte man die Produktion der Materialien auch um 60 Prozent erhöhen sollen. Das wurde aber nicht gemacht«, so  Pascal Kaulartz, Geschäftsführer und Dachdeckermeister von »Kaulartz Dach + Fassade« aus Imgenbroich und beschreibt eine der Folgen: »Wir haben aktuell noch Material für zwei bis drei Bauvorhaben«. Auch der Baustoffhandel berichtet, dass die Belieferung durch Sägewerke und andere Zulieferer um bis zu zwei Drittel pro Woche zurück gegangen sind.

Kunden erleben Lieferverzögerungen

Es scheint paradox. Der Holzbau in Deutschland boomt, die Auftragsbücher sind voll, aber die Lager so gut wie leer. »Ausstehende Lieferungen verzögern sich aktuell um mehrere Wochen, Holz ist praktisch Mangelware geworden. Egal, welchen Lieferanten man noch anruft, es hagelt überall nur noch Absagen. Viele Kunden müssen daher aktuell mit Verzögerungen am Bau rechnen«,  erklärt der Fachgruppenleiter der Bau-Innung Aachen, Karl-Heinz Starmanns zur angespannten Lage.
»Termine müssen neu koordiniert und Materialien viel früher bestellt werden. In wenigen Fällen haben wir sogar die ursprünglich geplante Materialauswahl nach Rücksprache mit dem Kunden ändern müssen«, ergänzt Kaulartz.

Preis explosionsartig gestiegen

Hinzu komme der Preis für die Materialien. Ist die Nachfrage hoch, explodiert auch der Preis.  Zimmermann Hermann Bücker aus Lammersdorf weiß: »Wir haben viel Material bestellt, doch die Preise können wir nur schätzen. Für den Kunden ist das sehr unbefriedigend. Wir haben in den letzten Monaten schon Steigerungen um rund 300 Prozent erlebt«.     Für viele Betriebe, die die Mehrkosten für das Bauholz nicht einfach eins zu eins an den Bauherren weitergeben können, ist die gegenwärtige Situation sogar existenzbedrohend. »Baustopps, Entlassungen und sogar Insolvenzen sind aufgrund der Materialknappheit nicht mehr auszuschließen«, warnt Karl-Heinz Starmanns. Insbesondere die Handwerker, die für den öffentlichen Bausektor, Bauträger und Wohnungsbaugesellschaften arbeiten, schließen ihre Verträge längerfristig ab. Sie können auf die unvorhersehbare Marktentwicklung, kaum oder gar nicht reagieren.

Preis wird nie mehr so sein wie vorher

Wann mit einer Entspannung zu rechnen ist, können die Handwerksbetriebe in der Region noch nicht absehen. »Die Produktion wurde aber bereits hochgefahren«, weiß Pascal Kaulartz. Das Exportgeschäft wird laut einer Aussage von Wirtschaftsminister Peter Altmaier aus deutscher Sicht nicht reduziert. »Es klingt aber durch, dass in den USA der Holzpreis und die Nachfrage extrem gesunken ist. Das würde für uns bedeuten, dass der Engpass bald ein Ende hat und viele Bauherren wieder planen können und eine Preissicherheit bekommen«, so der Dachdeckermeister. Doch Zimmermann Hermann Bücker ist sich trotzdem sicher. »Der Preis wird niemals wieder auf das Niveau sinken, wie er vor der Krise war«.


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