Lernen sollte immer so abwechslungsreich schmecken, dass es Lust auf mehr und niemals satt mache. So wüssten Mitarbeiter genauso gut wie Chefs, dass die Herausforderungen der Zukunft und insbesondere die der Digitalisierung nur mit mehr Weiterbildung zu meistern seien. »Doch wie so oft hapert es in der Praxis zumeist an der Umsetzung«, sagte Dieter Philipp, Präsident der Handwerkskammer Aachen bei deren Herbst-Vollversammlung.
»Viele Mitarbeiter müssen aktiver werden«, mahnt Philipp. »Zu wenige kümmern sich um Weiterbildung und fragen nach – weil sie zu bequem sind, weil die Zeit es nicht zulässt, weil die Angst zu fehlen zu groß ist, weil der Trott sie im Griff hat.« Oder weil es gerade so gut laufe, sagte der Präsident und kam damit auf die sehr gute wirtschaftliche Lage im Handwerk zu sprechen.
Dort stehen alle Ampeln auf Grün. Besonders gut läuft es im Bau- und Ausbaugewerbe. Dort könne das Konjunkturhoch anhalten, »wenn die hehren Absichten des Landes Nordrhein-Westfalen endlich umgesetzt werden«, so Philipp. Dass das Land Milliarden in die Hand nehmen will für den Neu- und Ausbau von Straßen, Infrastruktur und Wohnungen, begrüße das Handwerk und packe gerne an. »Der öffentlichen Hand muss allerdings klar sein, dass Aufträge auch für die mittelständische Wirtschaft bereitgestellt werden – nicht nur für Großunternehmen«, betonte der Präsident.
Fachkräfte
Die Rückmeldungen aus den anderen Gewerken im Kammerbezirk zeugten ebenso vom Turbo im Handwerk. In den vergangenen sechs Monaten liefen die Geschäfte gut, so soll es auch im Winterhalbjahr weitergehen. Allerdings trübt der Fachkräfteengpass in immer mehr Gewerken die Chancen auf ein noch höheres Plus in den Kassen. Das Beschäftigungsklima im Handwerk ist sehr gut. Sehr viele Betriebe hielten ihre Mitarbeiterzahl entweder bei oder stellten, so sie denn welche fanden, neue Fachkräfte ein.
Weniger Azubis
»Wer für die Zukunft gut aufgestellt sein will, muss sich um gutes Personal bemühen. Er muss als Arbeitgeber auch attraktiver werden. Neue Fachkräfte gewinnen Betriebe am besten, in dem sie selber ausbilden«, sagte Philipp. 2015 wurden 2.261 neue Verträge in die Lehrlingsrolle der Handwerkskammer eingetragen. Bis zum 31. Oktober dieses Jahres haben sich 2.197 junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entschieden. Das sind 2,4 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
Um eine hochwertige Aus- und Weiterbildung gewährleisten zu können, müsse in eine ebenso möglichst optimale gebäudetechnische und personelle Ausstattung investiert werden. Aktuell stehe man mit dem Bildungszentrum BGZ in Simmerath in den Startlöchern, für das etwa 16 Millionen Euro in die Hand genommen werden müssen. Eine Summe, die die Kammer alleine mit ihren Rücklagen nicht stemmen könne. Hier sieht Philipp das Land Nordrhein-Westfalen in der Pflicht: »Ich erlaube mir einen Blick auf unsere Hochschulen, die eine Förderung in Milliardenhöhe genießen. Das sei ihnen auch gegönnt. Im Sinne einer Gleichbehandlung von akademischer und beruflicher Bildung ist es aber nicht, es entsteht ein krasses Ungleichgewicht.«
Nachfolger gesucht
Rund 2.000 Betriebe stehen in den nächsten zehn Jahren vor der Frage, wer den Betrieb übernehmen und weiterführen kann. Gute Handwerker, am besten mit Meisterbrief, sind hier gefragt. »Bleiben Sie hungrig aufs Lernen«, appellierte der Kammerpräsident.