Handwerkskunst an historischer Baukultur

Theoretische Wissensvermittlung gehört zu jedem guten Lehrplan dazu. Aber die Praxis ist es doch, die die jungen Leute auf den beruflichen Geschmack bringen soll. Dafür haben sich die Ausbildungsmeister am BGZ in Simmerath jetzt etwas Besonderes einfallen lassen...

Vier Tonnen schwer und 2000 Jahre alt sind die etwas unförmigen Gebilde, die am Bildungszentrum abgeladen wurden. Es sind Teilstücke der alten römischen Wasserleitung, die 150 Jahre lang kostbares Eifelwasser nach Köln transportiert. Rund 55 Meter dieser historischen Trasse wurden 2016 bei Straßenbauarbeiten nahe Hürth freigelegt. In drei Meter Tiefe waren sie verborgen gewesen. »Packsteine dienten als Drainage, aus Vulkanasche wurde der erste Beton hergestellt und ein spezieller Mörtel, den wir aus den römischen Thermen kennen, wurden zum Abdichten verwendet«, erklärt Restaurator Thomas Sieverding.

Lehrlinge werden zu Archäologen

Gefördert vom Landschaftsverband Rheinland, der Bezirksregierung und den Handwerkskammern werden Lehrlinge in den Berufen Maurer und Betonbauer unter Anleitung ihrer Ausbilder sowie in Kooperation mit einem Archäologen und Restaurator im Rahmen der Überbetrieblichen Unterweisung die römische Wasserleitung restaurieren. »Das ist eine spannende Erfahrung, aber auch eine Herausforderung für die jungen Leute, denn wir müssen an einigen Teilstücken die Statik wieder herstellen, ohne die alte Baukultur zu verändern«, weiß Marcel Fink, Ausbildungsmeister der Betonbauer. Abschließend wird das historische Gewölbe wieder aufgesetzt, das einst die Wasserleitung umschloss. Diese waren im Mittelalter einfach demontiert und das Material etwa für Burgen- und Kirchenbau verwendet worden. »Unsere Lehrlinge können ein wenig Archäologen sein und zugleich passt das Projekt perfekt in den Lehrplan«, unterstreicht Fink. Eines dieser Teilstücke soll nach den erfolgten Arbeiten im BGZ Simmerath verbleiben und somit als historisches Bauelement für die Öffentlichkeit zugänglich werden. »Es muss vor Witterung und Vandalismus geschützt werden und soll im Bereich des neuen Internats einen würdigen Platz bekommen«, versichert Wilhelm Grafen, Geschäftsführer für die Bildungszentren bei der Handwerkskammer Aachen. 9500 Euro kostet jedes der 22 Teilstücke, die man erwerben kann.

Früher Wasserversorgung, heute Wanderweg

Die römische Wasserleitung führte von Nettersheim nach Köln. Diese 95,4 Kilometer gehörten zu den längsten Fernwasserleitungen des römischen Reiches.
Sie war eine Spitzenleistung römischer Ingenieurkunst, hat einen Querschnitt von 80 x 50 cm und versorgte das römische Köln ab 90 n.Chr. rund 150 Jahre lang mit qualitativ gutem Wasser aus der Eifel.
Ihre Tagesleistung betrug bis zu 20000 Kubikmeter.
Heute kann man den »Römerkanal« erwandern.


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