Michael Nielen

Kinder sagen: »Danke Manni!«

Düttling/Vlatten. Es ist kurz vor 14 Uhr, als Manfred »Manni« Hilgers die letzten Kinder an der Bushaltestelle in Vlatten aussteigen lässt. Als er dann seinen Bus Richtung Heimat steuert, erlebt er eine große Überraschung.

Die Kinder aus Düttling haben sich rechts und links an der Zufahrtsstraße zu seinem Haus aufgebaut, winken und recken Luftballons in die Höhe. Auf ein großes Schild haben sie einen Bus gemalt, auf einem anderen steht in großen Buchstaben: »Danke Manni«. Und obwohl alles sehr farbenfroh ist, lässt sich eine gewisse Wehmut feststellen.

Als Manni Hilgers den Bus rückwärts in den Hof eingeparkt hat und aussteigt, um die bunte Kinderschar zu begrüßen, hält er kurz inne, zieht ein Taschentuch aus der Hosentasche und murmelt: »Ich muss mir zuerst mal die Nase putzen.« Auch ihm merkt man die Rührung über den unerwarteten Empfang an.

Und der hat natürlich seinen Grund: Manni Hilgers hat soeben seine letzte Fahrt mit dem Schulbus gemacht. Nach 42 Jahren hinter dem Lenkrad hört der 77-jährige Busfahrer endgültig auf und möchte nun mit seiner Frau Annegret den Ruhestand genießen. In diesen 42 Jahren fuhr er für das Busunternehmen Dardenne immer die Tour Düttling, Hergarten, Heimbach zur dortigen Grundschule – morgens hin, mittags zurück. Und das bei Wind, Regen, Eis, Schnee und Sonnenschein. Die Schulkinder kannten immer nur ein Gesicht, das von Manni Hilgers.

»Die Kinder sind so vertraut mit ihm, dass es für sie schon komisch war, wenn jemand anderes hinter dem Steuer saß«, erinnert sich seine Ehefrau Annegret an eine lustige Anekdote. Als eine Vertretung für ihren Mann die Tür des Schulbusses zum Einsteigen öffnete, wurde er von einem kleinen Grundschüler gefragt: »Hat Manni dir erlaubt, den Bus zu fahren?«

»Er wird uns fehlen«, da waren sich die Kinder von Düttling einig. Und das sind eine ganze Menge: 24 Pänz zählt der kleine Ort, in dem 88 Menschen wohnen. Und die sind Manni sehr verbunden. Denn zum großen Abschied waren nicht nur die heutigen Schüler erschienen, sondern auch viele Mütter. Der Grund ist einfach: Auch sie sind bereits von Manni Hilgers zur Schule kutschiert worden. »Damals«, gestand eine Mutter, »war er aber wesentlich strenger mit uns als er es heute ist.« Wenn man früher zu doll über die Stränge geschlagen hatte, kam es auch schon mal vor, dass man den Bus putzen musste …

Nicht nur vor seiner eigenen Haustür wurde Manni Hilgers mit viel Liebe und Respekt verabschiedet, auch in der Schule hatte man ihm tags zuvor eine große Abschiedsfeier ausgerichtet. »Das war sehr schön und bewegend«, freute sich der 77-Jährige über so viel Anerkennung. Und als ein Kind ihn fragte: »Manni, darf ich dich mal drücken?«, musste er sich schon eine Träne aus dem Auge wischen.

»Der Umgang mit den Kindern hat mir immer sehr viel Freude bereitet«, sagt Manni Hilgers, der aus der Landwirtschaft kommt. Vor allen Dingen ist er immer gerne gefahren – egal ob mit dem Auto, dem Traktor oder eben mit dem Schulbus. Seine große Leidenschaft steht im ehemaligen Stall, seine Harley-Davidson. Mit ihr hat er unzählige Kilometer zurückgelegt. Gerne ging es sonntags auch schon mal mit seiner Frau auf dem Sozius zum Frühstück nach Malmedy – und das hört sich nach einem schönen Ruhestand an …


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