Thomas Förster

Neue Becken verlängern die Vorwarnzeit

Gemeinde Roetgen. Die rechtlichen Hürden sind genommen, die Planungen abgeschlossen: Der Bau der beiden Hochwasserrückhaltebecken bei Rott und Mulartshütte kann beginnen.

Die Rodungsarbeiten für das Regenrückhaltebecken nahe Rott haben begonnen. Eine 18 Meter hohe Dammkrone zeugt von den beeindruckenden Dimensionen, die zum Bevölkerungsschutz geschaffen werden.

Die Rodungsarbeiten für das Regenrückhaltebecken nahe Rott haben begonnen. Eine 18 Meter hohe Dammkrone zeugt von den beeindruckenden Dimensionen, die zum Bevölkerungsschutz geschaffen werden.

Bild: Anja Breuer

Rott/Mulartshütte (ab). Mit der Unterzeichnung des Planfeststellungsbeschlusses für das Becken Mulartshütte durch Regierungsvizepräsident Dr. Christian Nettersheim sind nun alle Genehmigungen erteilt. Für die Anwohner entlang der Vicht bedeutet dies: Ab 2028/2029 sollen die Becken in Betrieb gehen und Schutz vor Hochwasser bieten, wie es im Juli 2021 verheerende Schäden anrichtete.

Für hundertjährliches Hochwasser gerüstet

Die Dimensionen sind beeindruckend: Das Rückhaltebecken in Rott wird 745.000 Kubikmeter Wasser aufnehmen können, das Becken in Mulartshütte 394.000 Kubikmeter. Zusammen ergibt dies ein Schutzvolumen von 1,139 Millionen Kubikmetern, die bei Starkregen zurückgehalten werden können. »Die Becken sind so ausgelegt, dass sie zusammen mit einer kleinen Uferaufhöhung in Stolberg ein hundertjährliches Hochwasser bewältigen können«, erklärt Rebecca Klook, Referentin Interne Kommunikation beim Wasserverband Eifel-Rur (WVER). Doch auch bei noch stärkeren Hochwasserereignissen würden die Becken die Auswirkungen reduzieren – allein durch die Verlängerung der Vorwarnzeit.

Von dem verbesserten Hochwasserschutz profitieren nicht nur Rott, Mulartshütte, Zweifall, Vicht und Stolberg direkt an der Vicht, sondern auch Anlieger im Unterlauf wie Eschweiler, Langerwehe oder Inden.

Schritt 1 - Jetzt bis Anfang 2026:

Derzeit beginnen erste Forst- und Artenschutzmaßnahmen in Rott. Dazu gehören Fällarbeiten, die unter anderem für die Verlegung einer bestehenden Trinkwasserleitung erforderlich sind. Auch am Standort Mulartshütte sind Fällarbeiten notwendig, diese fallen geringer aus und dauern etwa drei Wochen.

Schritt 2 – Anfang bis Sommer 2026: Am Standort Rott muss zunächst ein Abwasserbauwerk am Lambertzweg hochwassersicher umgebaut werden, da es am Rande des zukünftigen Stauraums liegt. Dies ist für Anfang 2026 vorgesehen. Anschließend folgt im Sommer 2026 die Verlegung der Trinkwasserleitung. Sie wird in den Hang oberhalb des Beckens auf der Rott gegenüberliegenden Seite verlegt, da sie nicht mehr im künftigen Stauraum liegen darf.

Schritt 3 – Zweite Jahreshälfte 2026: Dann ist der eigentliche Start der Dammbauarbeiten geplant. Da der Planfeststellungsbeschluss für Mulartshütte nun vorliegt, plant der WVER als Projektträger, beide Becken parallel zu bauen – eine Entscheidung, die Synergieeffekte nutzen und möglicherweise Zeit sparen soll.

Schritt 4 – 2028/2029: Für diesen Zeitraum ist die Fertigstellung anvisiert. Dann können die Becken in Betrieb gehen und ihre Schutzfunktion aufnehmen

Über mehrere Jahre hinweg wird in Rott und Mulartshütte gebaut. Doch welche Belastungen kommen auf die Anwohner zu? Der WVER versucht, diese so gering wie möglich zu halten.

Lärm: Zu den Planunterlagen gehört ein Baulärmgutachten für beide Standorte. Der Wasserverband muss die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm einhalten. Die Einhaltung der Grenzwerte wird während des Bauablaufs kontinuierlich überprüft.

»Projektbedingte Straßensperrungen sind nicht geplant«, so Rebecca Klook vom WVER. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme belaufen sich nach derzeitigem Stand auf 37 Millionen Euro. Der WVER rechnet mit einer 80-prozentigen Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen, die restlichen 20 Prozent trägt der Verband selbst.

Lange Vorgeschichte mit Hindernissen

Der Weg bis zu diesem Punkt war steinig. 2007 begannen die Planungen für die Rückhaltebecken. Doch erst am 31. Januar 2023 – anderthalb Jahre nach dem katastrophalen Juli-Hochwasser 2021 – reichte der Wasserverband den gemeinsamen Planfeststellungsantrag für beide Becken bei der Bezirksregierung ein.

Im November 2024 wurden die Verfahren getrennt. Der Grund: Vorkommen seltener Moosarten am geplanten Standort beim Steinbruch Mückenloch nahe Mulartshütte waren in den ursprünglichen Antragsunterlagen nicht gewürdigt worden. Mit der Verfahrenstrennung sollte vermieden werden, dass Verzögerungen im Mulartshütter Verfahren sich negativ auf den unstrittigen Standort bei Rott auswirken.

Die Strategie ging auf: Gegen die Genehmigung des Beckens bei Rott wurden keine Beschwerden erhoben. Gegen den Planfeststellungsbeschluss für Mulartshütte kann zwar noch binnen eines Monats vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Beschwerde eingelegt werden – doch die Bezirksregierung hat die sofortige Vollziehung angeordnet, sodass mit den Arbeiten begonnen werden kann.


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