Schuldspruch nach zähem Ringen

»Das Opfer ist sicher kein Kind von Traurigkeit. Aber ich bin überzeugt, dass Ihnen durch die ständigen Provokationen die Sicherungen durchgebrannt sind.« Richterin Britta Güldenberg hat Marcel H. schuldig gesprochen. Das Strafmaß für die gefährliche Körperverletzung: Neun Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe von 2500 Euro für eine gemeinnützige Einrichtung.
Vom Opfer mehrfach provoziert soll ein junger Mann mit einer Bierflasche zugeschlagen und es gewürgt haben. Zu diesem Schluss kommt das Amtsgericht Monschau. Dafür wurde er zu einer Bewährungsstrafe über neun Monate verurteilt. Einem Entlastungszeugen schenkte das Gericht keinen Glauben, die Verteidigung hingegen will in Berufung gehen.Symbolfoto: Pixabay

Vom Opfer mehrfach provoziert soll ein junger Mann mit einer Bierflasche zugeschlagen und es gewürgt haben. Zu diesem Schluss kommt das Amtsgericht Monschau. Dafür wurde er zu einer Bewährungsstrafe über neun Monate verurteilt. Einem Entlastungszeugen schenkte das Gericht keinen Glauben, die Verteidigung hingegen will in Berufung gehen.Symbolfoto: Pixabay

»Dem Märchen der beiden Schwestern kann ich einfach keinen Glauben schenken. Dafür gab es viel zu viele Widersprüche in ihren Aussagen«, erklärt der Verteidiger bei seinem Plädoyer. Er hält seinen Mandanten auch nach dem zweiten Verhandlungstag vor dem Monschauer Amtsgericht für unschuldig. Dass sich ein Entlastungszeuge erst nach der Berichterstattung gemeldet habe, erklärt der Rechtsanwalt damit, dass ihm die Tragweite der Auseinandersetzung auf dem Huppenbroicher Sportplatz im vergangenen September erst jetzt bewusst geworden sei. »Ich habe von den Aussagen des Opfers gelesen und gedacht, so war es nicht«, versichert Jochen H. gegenüber dem Amtsgericht. Die Verletzungen, die Stefanie O. durch einen Angriff mit einer Bierflasche vom Angeklagten erlitten haben will, führt er auf eine andere Auseinandersetzung zurück: »Steffi hat ihn von hinten angreifen wollen und er hat das abgewehrt. Beide haben sich dadurch verletzt«, glaubt der Zeuge sich zu erinnern. Während die Schwester Bianca G. das mutmaßliche Opfer weggezerrt habe, habe er sich um die Versorgung der Wunde von seinem Freund gekümmert. Wie das Opfer die schweren Verletzungen erlitten habe, weiß er auch nicht. Staatsanwaltschaft und Verteidigerin der Nebenklägerin versuchen durch mehrmaliges Nachfragen Ungereimtheiten in den Aussagen von Jochen H. und einem weiteren Zeugen, Guido J., aufzudecken. Ähnliches Vorgehen hatte der Verteidiger des Angeklagten am ersten Verhandlungstag gegenüber Opfer und Zeugin gewählt und Widersprüche aufgedeckt. Er bringt noch einmal die jahrelange Diskrepanz der beiden Schwestern zur Sprache: »Es gab größere Streitigkeiten, die nie aufgeklärt wurden. Jedenfalls hatten die Damen lange Zeit keinen Kontakt.«

Viele Feiernde, kaum Zeugen?

Nach dem verbalen und handgreiflichen Konflikt wollen sich die Schwestern von der Feierstätte entfernt haben. Auf dem Weg zum Auto dann soll der junge Mann den Frauen nachgelaufen, Stefanie O. mit einer Bierflasche niedergeschlagen und auf dem Boden liegend gewürgt haben. Weitere Zeugen für diesen Vorfall gibt es jedoch nicht, obwohl sich die Tat auf dem Huppenbroicher Sportplatz während einer Party vieler junger Menschen abgespielt haben soll. Auch die beiden Polizeibeamten, die den Vorfall aufgenommen hatten, sagten vor Gericht aus. Der Angeklagte habe sich nicht erklären können, woher die massiven Verletzungen von Stefanie O. stammen. Die Schwester habe sehr emotional den Vorfall geschildert und ihren Aussagen immer wieder Nachdruck verliehen, erinnert sich Polizist Robin W., der aber auch auf den hohen Alkoholpegel der Beteiligten verwies. »Alle Zeugen haben sehr tendentiös für Opfer oder Angeklagten ausgesagt«, stellt  Britta Güldenberg fest. »Die Bilder vom Tatabend, die Informationen von Polizei und behandelnden Ärzten sind jedoch objektive Fakten, die Sie aus meiner Sicht zum Täter machen«, führt die Richterin aus. Eine Falschaussage von Opfer und deren Schwester ergebe keinen Sinn. Der verurteilte Marcel H. bedauert in seinem Schlusswort, wie schnell man von gewissen Seiten in einem Rechtsstaat vorverurteilt werde, bezieht aber zum Tatvorwurf weiter keine Stellung.
Sein Verteidiger, der erst kürzlich einen Mandanten im Berufungsverfahren aus der Haft geholt und die Justiz zu einem Freispruch bewegt hatte, kündigt noch im Gerichtssaal Berufung an.


Meistgelesen