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Stefan Pauly

Montags geschlossen

Stellen Sie sich vor, dass Sie montags in Ihrer Stammbäckerei Brot und Brötchen kaufen wollen und das Geschäft ist geschlossen. Sollte es die Bäckerei Müsch mit ihren Filialen sein, wird das zumindest in den kommenden Wochen Realität sein.
Christine Müsch-Schrörs und ihr Mann Guido haben aus ihrer Sicht die »Notbremse« gezogen. Lieber einen Tag schließen, als das verbliebene Personal noch mehr belasten.

Christine Müsch-Schrörs und ihr Mann Guido haben aus ihrer Sicht die »Notbremse« gezogen. Lieber einen Tag schließen, als das verbliebene Personal noch mehr belasten.

Bild: Katja Linden

Alflen. Wer in diesen Tagen mit Christine Müsch-Schrörs spricht, der spürt, dass sie sich die Entscheidung montags ihre Geschäfte nicht zu öffnen, nicht leicht gemacht hat. »Drei Bäcker und zwei Aushilfen haben uns in den vergangenen Monaten verlassen«, erzählt die Bäcker- und Konditormeisterin, die das Alfler Familienunternehmen führt. Wer nach den Gründen fragt, erhält von ihr keine Ausflüchte, sondern eine klare Antwort: »Es gab oft Sechstage-Wochen, obwohl wir rollierende, freie Tage haben und sonntags nicht backen. Bei Urlaubsvertretungen und Krankschreibungen sind diese mehr oder weniger zur Normalität geworden. Die einzelnen Bereiche vom Teig bis zum Backofen müssen ja besetzt sein. Das hat in der Belegschaft zu immer mehr Unzufriedenheit – mit dem vorab geschilderten Ergebnis – geführt«, redet die Bäckerei-Chefin die Lage nicht schöner als sie ist. Die Lage sei aber auch auf der Suche nach Arbeitskräften – insbesondere Fachkräften – desaströs. »Es ist schier unmöglich Kräfte für eine kleine Bäckerei zu finden. Ich habe alles versucht. Aber damit stehen wir schon lange nicht mehr alleine. Das ist aber alles andere als ein Trost«, ist Christine Müsch-Schrörs verzweifelt. Ihr Mann Guido überzeugte sie letztlich die »Notbremse« zu ziehen und montags zu schließen. »Es geht uns um den Schutz unserer Mitarbeiter, in der Hoffnung dann doch noch Verstärkung zu finden. Wir haben uns auch bereits Gedanken über ein neues Arbeitszeitmodell gemacht, dass unseren Mitarbeitern entweder samstags und sonntags oder sonntags und montags freie Tage ermöglicht. Vielleicht können wir im März wieder zu den alten Öffnungszeiten zurückkehren«, setzt die Bäckerei-Chefin auf das Prinzip Hoffnung. Die Ankündigung montags zu schließen hat ihr zumindest eine große Aufmerksamkeit eingebracht. Ob es ihr hilft Arbeitskräfte zu finden, bleibt abzuwarten. Fachkräftemangel gibt es branchenübergreifend Der Fachkräftemangel ist aber längst kein Phänomen, das nur Bäckereien trifft. »Es geht über alle Branchen hinweg«, so IHK-Regionalgeschäftsführer Knut Schneider, der eine genaue Analyse der einzelnen Geschäftsmodelle für notwendig hält. »Personalplanung und -management spielen eine immer größere Rolle«, hält Schneider unter anderem kreative Arbeitszeitmodelle für einen möglichen Ausweg aus der Misere. Zudem gelte es die duale Ausbildung zu stärken. Das sei letztlich ein ganz wichtiger Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Region. Beim Blick auf die Ausbildungszahlen könne im Handwerk – im Kammerbezirk Koblenz – zumindest eine leichte Entspannung verzeichnet werden: »Die aktuelle Bilanz zum Ausbildungsjahr 2021 weist 2.930 neue Lehrverhältnisse aus. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein leichtes Plus von 35 Lehrstellen. Im Bäckerhandwerk liegen die Ausbildungszahlen nach einem Abwärtstrend in den Vorjahren seit 2020 bei rund 125 stabil«, so Jörg Diester, Leiter der Pressestelle der Handwerkskammer Koblenz, auf WochenSpiegel-Anfrage.


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