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Holzkreuze säumen Javiers Weg

Aus Dankbarkeit für sein Lebensglück hat Waldarbeiter Javier Romero unzählige Holzkreuze im Blankenheimer Wald verewigt.

Seit jeher dient der Wald als Schauplatz für Mythen, Sagen und Geheimnissen. So werden aufmerksame Wanderer im Forst rund um Blankenheim und Ahütte immer wieder auf Baumstümpfe stoßen, aus deren oberen Enden geheimnisvolle Holzkreuze ausgesägt wurden. Erklärungen, was es mit ihnen auf sich hat, finden sich nirgends. »Bei allem Pech habe ich sehr viel Glück gehabt im Leben«, sagt Javier Romero: »Ich gehe zwar nicht jeden Sonntag in die Kirche, aber ich glaube an Gott.« Die Kreuze, die der pensionierte Waldarbeiter aus Dollendorf mit seiner Motorsäge erschaffen hat, sind ein Zeichen der Dankbarkeit und des Glaubens. Geboren wurde der heute 70-Jährige in Spanien. In jungen Jahren sah er seine Eltern auf kargen Feldern schuften, doch der Lohn reichte so gerade zum Überleben. »Ich habe schon mit 15 gedacht, ich muss weg. Deutschland, Australien – mir war egal, wohin«, erinnert er sich. Rund drei Jahre brauchte er noch, bis er 1970 mit 19 Jahren in die Eifel emigrierte. Dort bekam er einen Arbeitsvertrag, wollte zunächst nur ein Jahr bleiben. Daraus wurden mehr als 50 Jahre. Zunächst arbeitete er in einer Fabrik, merkte aber, dass ihm das nicht gefiel. 1980 gab ein Freund ihm den Tipp, dass die Gemeinde Blankenheim einen Waldarbeiter sucht. Javier Romero bekam den Job und arbeitete bis zur Rente 2016 im Wald.

Bei Unfällen viel Glück gehabt

Diese Arbeit liebt er bis heute – auch wenn er etliche Unfälle erlebte. »Ich habe mir mit der Motorsäge einen Zentimeter in den Fuß geschnitten. Damals hatten die Sägen noch keine Kettenbremse«, erzählt Romero.
Auch ins Bein und in den Fingern schnitt er sich. Im Gesicht ist eine Narbe zu sehen, die ihm eine Motorsäge zugefügt hat. Ein Baumstamm krachte auf seinen Arm – der Knochen blieb heil. »Wir haben am Hohner Wasserfall gearbeitet, da habe ich nicht aufgepasst. Ein Baumstamm fiel auf meinen Helm und rutschte dann auf die Schulter. Das war das erste Mal, dass ich etwas gebrochen hatte«, erzählt er: »Ich habe so viel Glück gehabt, das ist nicht normal.« Deshalb gehören zu seiner »Ausrüstung« nicht nur Helm und Sicherheitsschuhe, sondern auch ein kleines Holzkreuz, das um seinen Hals hängt. Mitgebracht hat Romero es von einer Wallfahrt aus Lourdes. »Das hänge ich mir um den Hals, wenn ich in den Wald gehe und hänge es an den Haken, wenn ich zurückkomme. Wenn ich es nicht anhabe, fehlt etwas«, sagt er. Das Glück gilt übrigens für seine gesamte Lebenssituation. Aus den ärmlichen Verhältnissen in Spanien verschlug es ihn nach Deutschland. »Nach einem halben Jahr wollte ich wieder heim. Aber ich habe mir gesagt: ‚Nein, ich bleibe hier!‘ Und heute fühle ich mich hier so wohl!« Die Eifel sei seine Heimat. Mit seiner Ehefrau feiert er 2022 Goldene Hochzeit. Die beiden haben eine Tochter und drei Söhne, die allesamt erwachsen sind. In Dollendorf hat das Ehepaar ein Haus gebaut. Auch mit 70 Jahren fühlt er sich noch topfit, geht oft in den Wald und erledigt mit großer Freude Sägearbeiten, wenn er gefragt wird. »Ich hatte nie etwas, jetzt habe ich alles. Ich bin reich«, resümiert er zufrieden.

Ein besonderes Kreuz steht bei Lommersdorf

Die Dankbarkeit darüber zeigt er durch seine Holzkreuze. »Ich habe bestimmt 100 davon gesägt«, berichtet er. Und Javier Romero möchte, dass andere die Kreuze sehen, um sie zu inspirieren. Deshalb sucht er für seine Kreuze Baumstümpfe, die gut sichtbar sind. Ein besonderes Holzkreuz steht in einer Kurve auf der Straße zwischen Lommersdorf und Arem­berg. Javier Romero hat es an seinem letzten Arbeitstag im Dezember 2016 gesägt. Inzwischen hat dieses Kreuz jemand mit dunkelbrauner Farbe bemalt und die Figur eines gekreuzigten Jesus angebracht. Auch ein Rosenkranz hängt dort. Wer aber diese Arbeit in sein Kreuz investiert hat, weiß Javier Romero bis heute nicht...


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