Nikolas Leube

Bauernproteste im Eifelkreis - darum engagieren sich die Menschen

Kreis. Die Landwirte treffen bei ihren Aktionen auf ungewohnt hohen Zuspruch. Das hat seinen Grund. Wir haben uns bei unseren Lesern umgehört.
Neben den Landwirten engagieren sich auch Menschen, die nicht aus dem Bereich der Landwirtschaft kommen. Der WochenSpiegel hat unter anderem bei Simon Otten (oben links), Markus Schlickat (oben rechts), Heike May (unten links) und Roman Thielen (unten rechts) nachgefragt.

Neben den Landwirten engagieren sich auch Menschen, die nicht aus dem Bereich der Landwirtschaft kommen. Der WochenSpiegel hat unter anderem bei Simon Otten (oben links), Markus Schlickat (oben rechts), Heike May (unten links) und Roman Thielen (unten rechts) nachgefragt.

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Noch immer halten die Bauernproteste im Eifelkreis an. Neben den Landwirten engagieren sich auch Menschen, die nicht aus dem Bereich der Landwirtschaft kommen. Vielen geht es dabei um mehr als die Sparpläne der Bundesregierung, die den Agrarsektor betreffen. Der WochenSpiegel hat nachgefragt.

Markus Schlickat, Unternehmensberater aus Seffern und Mitglied des Gemeinderates Seffern:

Ich unterstütze nicht die Bauern bei Ihren Protesten. Vielmehr sehe ich uns als eine Gemeinschaft, die letztendlich unzählige gemeinsame Themen hat, welche unsere Politik betreffen. Die Liste der Versäumnisse und Fehlentscheidungen unserer aktuellen Regierung ist ellenlang. Subventionsabbau, CO2 Steuer, Grundsteuererhöhungen, Heizungssteuer, Plastiksteuer, LKW Maut, steigende Krankenkassenzusatzbeiträge, Energiekosten, Schließung von Kliniken, Sparmaßnahmen im Pflegesektor etc. All diese Maßnahmen haben zur Folge, dass die Endverbraucher überproportional belastet werden - mit verheerenden Konsequenzen. Die medizinische Versorgung im ländlichen Raum wird immer schwieriger. Die Tafeln erleben einen enormen Zulauf, da viele Bürger nicht mehr in der Lage sind, den Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Arbeitnehmer sind gezwungen, einen zweiten Job anzunehmen, um über die Runden zu kommen. Insolvenzen steigen kontinuierlich an. Auch diese Liste könnte ich endlos weiterführen. Es wird Zeit, dass unsere politischen Entscheider dies erkennen und zu handeln beginnen.

Heike May, selbstständige Unternehmensberaterin aus Oberlascheid:

Jeden Tag habe ich in meinen Beratungen mit dem Thema Geld zu tun und erlebe hier hautnah wie sehr die Entscheidungen unserer Politik die Bürger verunsichern und belasten. Kaum jemand ist noch in der Lage diesen verrückten Regelungen zu folgen.

Warum beteilige ich mich an den Protesten:

  1. In meiner täglichen Arbeit, aber auch als Mutter, erkenne ich, dass es immer schwieriger wird, Familie und Beruf zu vereinen und mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen alles zu bezahlen. Die Bauern versorgen uns mit qualitativ hochwertigen und preiswerten Lebensmitteln, von daher betrifft uns alle das Schicksal der Bauern in irgendeiner Form und das vor allem hier in unserer ländlichen Region.
  2. Generell sind alle betroffen von Steuererhöhungen angefangen von CO2-Steuer, Mauterhöhung bis hin zu steigenden Krankenkassenbeiträgen.
  3. Steigende Mieten (durchschnittlich 40 % des Einkommens), steigende Lebenshaltungskosten, steigende Energiekosten führen zu immer mehr Bürgern, die am Existenzminimum leben und dann unter hohem Bürokratieaufwand über den Staat Zusatzleistungen beziehen müssen.
  4. Ich will eine gesicherte Zukunft für meine Kinder und Enkelkinder, wo Leistung sich lohnt.

Was erhoffe ich mir von den Protesten:

  1. Ein klares Umdenken in der Politik und einen vernünftigen Umgang mit den Steuergeldern.
  2. Abbau von Bürokratie und damit auch weniger Steuerausgaben in diesem Sektor.
  3. Durch höhere Löhne Anreize schaffen, weg vom Bürgergeldbezug. Arbeit muss sich lohnen.

Was ist wichtig zu beachten bei den Protesten:

  1. Ich bin für einen friedlichen Protest ohne Gewalt und Vandalismus und Beleidigungen.
  2. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Polizei, den Behörden und den Rettungskräften ist absolut wichtig.

Gerade in den letzten beiden Punkten hat sich hier bei uns in der Region Bitburg-Prüm gezeigt, dass die Kooperation hervorragend läuft.

Roman Thielen, selbstständiger Forst- und Landwirt aus Euscheid:

Warum ich mich an den Bauernprotesten beteilige:

  1. Die jetzt verschobene Kraftfahrzeugsteuer würde mich mit ca. 4.000 Euro im Jahr belasten.
  2. Hätten meine Traktoren schwarze statt der grünen Kennzeichen, dürften sie nicht mehr von meinen Angestellten bewegt werden, die dafür keine gültige Fahrerlaubnis haben.
  3. Ein Anhänger, der für 25 km/h zugelassen ist, darf nicht an ein Zugfahrzeug angehängt werden, das ein schwarzes Kennzeichen hat. Ich habe 36 solcher Anhänger.
  4. Die Lastwagen-Maut ist seit Dezember nahezu verdoppelt; das belastet meinen Betrieb mit zusätzlich 10.000 Euro im Jahr.
  5. Die Einschränkungen des geplanten neuen Bundeswaldgesetzes machen die hergebrachte Erzeugung von Weihnachtsbäumen im Wald unmöglich und sie erschweren allgemein die Forstwirtschaft erheblich. Die Ernte der Bäume und kleinste Verstöße sollen künftig sogar mit Haftstrafen belegt werden. So wie das Gesetz zurzeit abgefasst ist, wird sich kein Waldbesitzer mehr trauen, seinen Wald zu pflegen und zu nutzen. Damit ist der deutsche Wald verloren!
  6. Der Entwurf des neuen Bundesjagdgesetzes zielt auf eine Abschaffung der Jagdgenossenschaften und u. a. sollen Muttertiere, die Jungtiere führen, zum Abschuss freigegeben werden.
  7. Die momentane Inflation wird in Deutschland zusätzlich in die Höhe getrieben durch Maßnahmen der Ampelregierung wie die Erhöhung des Bürgergeldes und dem höheren und künftig erheblich weiter steigenden CO2-Preis.

Ich hoffe, dass die Regierung von diesem Wahnsinn absieht, wenn der Mittelstand geschlossen protestiert! Klarstellung: Jede Demonstration geht mir zu weit, wenn dabei mutwillig fremdes oder öffentliches Eigentum beschädigt wird! Auch dürfen Rettungskräfte nicht am Durchkommen gehindert werden! Auch eine Konfrontation mit der Polizei kommt für mich nicht infrage!

Simon Otten, selbstständiger Garten- und Landschaftsbauer aus Wilsecker:

Die Mauterhöhung und die Erhöhung der CO2-Steuer belasten nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch den Mittelstand in den Bereichen Handwerk, Industrie und Landwirtschaft. Diese Maßnahmen gefährden die Existenz vieler Unternehmen und bedrohen somit den Wohlstand, den wir uns hart erarbeitet haben.

Es ist unverantwortlich, dass unsere hart verdienten Gelder einfach verprasst werden, ohne dass wir eine angemessene Gegenleistung erhalten. Diese Verschwendung muss gestoppt werden, um eine nachhaltige und gerechte Wirtschaft zu gewährleisten.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam gegen diese Entwicklungen stellen und ihnen die Stirn bieten. Wir müssen zusammen vorgehen, um unsere Interessen zu vertreten und den Wohlstand unserer Gesellschaft zu schützen.

Krawallproteste werden von mir nicht unterstützt!

Michael Lepage, selbstständiger Landwirt und Landwirtschaftstechniker aus Kesfeld:

Meine Ambition, bei dieser Protestwoche aktiv zu werden, kam durch den Vorschlag der Regierung, die KFZ -Steuerbefreiung und die Agrardieselvergünstigung abzuschaffen. Nach aktuellem Stand reden wir nur noch von der Agrardieselvergünstigung. Der Wegfall der Agrardieselvergünstigung würde meinen landwirtschaftlichen Betrieb jährlich mit etwa 3.500 Euro bis 4.000 Euro belasten.

Mein Lohnunternehmen hätte allerdings einen weitaus höheren Schaden hierdurch, der nicht genau abzuschätzen ist. Hier handelt es sich dann um eine klassische Wettbewerbsverzerrung gegenüber der nahe gelegenen luxemburgischen und belgischen Mitbewerber. Diese erhalten schon seit jeher unter anderem eine deutlich höhere Vergünstigung auf ihren Kraftstoff bzw. können ihre Maschinen und Geräte mit Heizöl tanken. Bisher können die deutschen Landwirte durch einen Antrag 21 Cent / l Kraftstoff beim Zollamt zurückerhalten. Aber der eigentliche Zorn dieser Bewegung ist die total verfehlte Agrarpolitik innerhalb der letzten 20 bis 30 Jahre.

Der Strukturwandel in den Betrieben hat eine Geschwindigkeit angenommen, die es so noch nie gegeben hat. Um es abzukürzen und nicht auf jeden einzelnen der hunderten Punkte einzugehen:

Uns fehlt ein sicherer politischer Hafen, mit dem wir sicher in die Zukunft investieren können. Stallbauten, Maschinen und Arbeitskräfte sind so teuer wie nie zuvor, aber wir sollen die hochwertigsten und nachhaltigsten Lebensmittel der Erde regional aber zu einem Weltmarktpreis produzieren, der einfach nicht ausreichend für die hiesigen Anforderungen ist.

Subventionen sind zur Zeit in aller Munde. Uns Landwirten wäre ein riesiger Gefallen getan, wenn wir auf diese Beihilfe seitens der Europäischen Union verzichten könnten. Wenn ein guter Außenschutz gegeben wäre, in dem ausländische Produkte mit einem Einfuhrzoll versehen wären, dann würden sich innerhalb von kurzer Zeit die Lebendmittepreise an das entsprechend notwendige Niveau anpassen und wir könnten als echte Unternehmer arbeiten.

Die Zuschüsse aus der Europäischen Union bezwecken aber aus früheren Zeiten ein sehr lobenswertes Ziel: Sie wurden eingerichtet, damit Besserverdiener, die viel Steuern zahlen, denjenigen, die weniger Einkommen haben, die Lebensmittel vergünstigen. Leider ist dieses Ziel mittlerweile sehr weit aus dem Blickfeld geraten. Heute werden diese Zahlungen an Bedingungen und Auflagen geknüpft, die teilweise so absurd sind, dass wir sie mit unserem Wissen aus der "guten fachlichen Praxis" , die wir in unseren „staatlichen“ Schulen erlernt haben (bis zu 7 Jahren Ausbildung zum staatlichen Wirtschafter und Techniker oder Meister) nicht mehr vereinbaren können.

Es herrscht teilweise wahr lose Schikane und mit Bürokratie verbundene Erschwernisse, die überhaupt nichts und niemandem einen Vorteil bringen. Viele Betriebe haben seit Jahren enormen Investitionsstau, also leben sie aus der Substanz der Betriebe und schleppen sich so von einer Krise zur nächsten, um der nächsten Generation dieses Elend zu ersparen. Dafür müssen sie aber 70 Stunden pro Woche arbeiten, um die Betriebe schuldenfrei zu machen.

Wolfgang Schneider, Landwirt aus Auw:

Warum ich an den Demonstrationen teilnehme:

Meiner Meinung nach sind die Demonstrationen in diesem Land längst überfällig und betreffen eigentlich jeden, der arbeiten geht und Eigentum hat.

Wenn man sich ein bisschen anschaut, mit welch großen und spendablen Händen unsere Regierung das mühselig verdiente Steuergeld der arbeitenden Bevölkerung in Ausland verklappt.
Dabei wäre es doch auch bei uns nötig eingesetzt, z.B. ist das Ahrtal immer noch nicht wieder vollständig hergestellt und viele Rentner müssen im Müll nach Pfandflaschen sammeln, um überhaupt irgendwie über die Runden zu kommen.

Als Landwirt ärgern mich ehrlich gesagt viele Gesetze und Verordnungen, die die letzten 20 Jahre für unsere Branche in Kraft getreten sind und zuletzt auch in Kraft treten sollten, wovon die Dieselrückvergütung dann ja doch noch scheibchenweise abgeschafft werden soll.

Volker Fiedlers, Baggerfahrer aus Roth:

Die Ampel muss gestoppt werden, es kann nicht sein, dass die Rentner, die 40-50 Jahre gearbeitet haben, heute ohne Minijob nicht mehr parat kommen. Es kann nicht sein, dass wir immer mehr Steuern bezahlen, um Milliarden ins Ausland zu verjubeln.

Die Deutschen werden ausgelacht, alles geht den Bach runter und wir sollen zugucken? Nicht mit uns, wir müssen kämpfen für das, was wir haben. Wir müssen gucken, dass wir unser Land konkurrenzfähig halten können, egal in welchem Beruf.

Ich bin von Beruf Baggerfahrer und habe als Hobby eine kleine Schafhaltung, womit ich Landschaftspflege mache und das mit viel Freude, da ich als Kind auf einem Bauernhof groß geworden bin.

Sascha Reusch, selbstständiger Forstwirt aus Brandscheid:

Ich beteilige mich an den Demonstrationen, weil ich mir wirklich große Sorgen um die Zukunft mache. Sorgen über die Folgen der bereits getroffenen Entscheidungen und Sorgen darüber, was als Nächstes wohl noch alles kommt. Unsere Politik hat sich in eine sehr fragwürdige Richtung entwickelt, sie ist kurzsichtig, unlogisch und äußerst ideologisch geworden. Zum Beispiel haben wir uns in Sachen Energiepolitik schon stark von Stromimporten aus dem Ausland abhängig gemacht, da der Atom- und Kohleausstieg beschlossen wurde, gleichzeitig soll aber nun am besten jeder E-Auto fahren und sein Haus mit einer Wärmepumpe beheizen. Bei der Lebensmittelversorgung sind wir nun auch auf dem besten Weg, uns von Importen abhängig zu machen.

Der Tropfen der einfach das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war der gescheiterte Haushalt 2024 und die daraus resultierenden "Sparmaßnahmen", bei denen nicht nur Landwirte, sondern der gesamte Mittelstand wieder kräftig zur Kasse gebeten werden, anstatt einige fragwürdige Ausgaben erst mal zu überdenken (Ausbau Kanzleramt, Finanzierung von Radwegen in Peru, Geld für die Energiewende in Südafrika, usw). Ich erhoffe mir, dass sich noch viel mehr Bürger den Protesten anschließen, damit unsere Anliegen endlich Gehör in Berlin finden. Denn dieses Mal ist es keine kleine Gruppierung, die auf der Straße steht, sondern die breite Mitte der Gesellschaft, die einfach zurück zu Politik mit Sinn und Verstand will.

 

 

 

 

 

 

 

 


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