Frauentag: Noch viel Luft nach oben
Am 19. Januar 1919 durften Frauen in Deutschland das erste Mal ihre Stimme an der Wahlurne abgeben. 100 Jahre ist das nun her. Dieses historische Datum prägt auch im Eifelkreis den Frauentag am 8. März. »Unsere Großmütter und Ur-Großmütter haben dafür lange gekämpft und gestritten. Kaum eine andere Errungenschaft der Frauenbewegung hat für so viel nachhaltige Veränderung im Leben von Frauen gesorgt«, sagt Marita Singh, Gleichstellungsbeauftragte des Eifelkreises.
Zum Jubiläum des Frauenwahlrechts haben sich Frauenorganisationen zusammengetan und Veranstaltungen initiiert. Wie jedes Jahr gibt es den Kinofilm für Frauen in den Kinos in Bitburg und Prüm. Der Erlös geht an Donum vitae - Schwangerenberatungsstelle und unterstützt deren Präventionsarbeit an Schulen. Gezeigt wird der Film »Astrid« der dänischen Regisseurin Pernille Fischer Christensen. Er erzählt die Geschichte der Schriftstellerin Astrid Lindgren. Was die wenigsten wissen: Sie war nicht nur Schöpferin wunderbarer Kinderbücher. Sie war auch eine Frau, die für ihr uneheliches Kind kämpfen musste.
Armut ist weiblich
Mit 18 Jahren wurde Lindgren unehelich schwanger und führte als Frau mutig ein selbstbestimmtes Leben. Und das in den 1920er Jahren. Auch heute ist die Thematik noch immer aktuell. Alleinerziehende Frauen haben es vor allem finanziell schwer. Die existenzielle Not hat aber auch andere Gründe. Marita Singh: »Ein Schwerpunktthema meiner Arbeit ist immer wieder das existenzsichernde Einkommen von Frauen. Leider ist die Situation auch heute noch sehr prekär und es muss immer wieder auf die Probleme mit den Minijobs hingewiesen werden.«
Armut ist weiblich. Das zeigt ein Blick in die Statistik der Agentur für Arbeit in der Region Trier: 44 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter sind nicht erwerbstätig. Von den berufstätigen Frauen haben nur 39 Prozent eine Vollzeitstelle. 37 Prozent arbeiten in Teilzeit und rund 24 Prozent sind geringfügig beschäftig in einem Minijob. Das bedeutet, mehr als zwei Drittel aller Frauen im erwerbsfähigen Alter haben kein eigenes existenzsicherndes Einkommen. Das trifft besonders auf die 35- bis 65-Jährigen zu. »Besonders im Beruf sind Frauen oft benachteiligt, und das nicht nur, wenn Frau und Mann eine Familie gründen wollen«, so die Gleichstellungsbeauftragte. Sie stellt fest, dass Frauen nicht nur deutlich mehr Zeit für unbezahlte Tätigkeiten aufwenden als Männer. Sie erzielen auch weniger Einkommen für ihre bezahlte Arbeit: »48 Prozent weniger«, zitiert Matrita Singh aus der Statistik. »Fakt ist immer noch: Frauen leisten den Großteil der unbezahlten Arbeit für Kinderbetreuung, Pflege und sonstige Haushaltsarbeiten. Diese Arbeitszeit geht auf Kosten der bezahlten Arbeitsstunden«, merkt Singh an. Das hat auch Auswirkungen auf die finanzielle Situation im Alter. »Die eigenen Alterssicherungsleistungen von Frauen sind 53 Prozent geringer als die von Männern.« Um das zu ändern, bräuchte es neue Strukturen, fordert die Gleichstellungsbeaufragte. Noch immer beeinflussten gesellschaftliche Erwartungen an Geschlechterrollen und die schlechtere Bezahlung von Frauen die Entscheidung, wer letztlich bei den Kindern bliebe oder die Arbeitszeit reduziere.
Die althergebrachten Rollenklischee zeigen sich auch in der Politik: Im Kreistag, der aus 42 Mitgliedern besteht, sitzen nur zwölf Frauen, das ist ein Anteil von 28,6 Prozent. In den Verbandsgemeinderäten des Eifelkreises ist die Zahl noch geringer: Hier liegt der Frauenanteil bei nur 19,4 Prozent Prozent. »Leider gibt es immer noch Ortsgemeinderäte, in denen keine Frau vertreten ist. In unseren 234 Ortsgemeinden haben wir nur 16 Ortsbürgermeisterinnen«, kritisiert die Gleichstellungsbeauftragte. Das wird in absehbarer Zeit auch nicht anders. Die bereits vorliegenden Wahllistenaufstellungen für die Kreistagswahl am 26. Mai zeigen, dass bei der SPD und bei den Freien Wählern jeweils zwölf Frauen bei 42 Plätzen aufgestellt sind, die CDU hat nur zehn Frauen auf ihrer Liste.
Veranstaltungen
- Noch bis 2. März Ausstellung „Frauen, die Geschichte schreiben“ im Konvikt in Prüm: Die Ausstellung zeigt auf sechszehn Rollups historische Momente und politische Repräsentantinnen, die für die Gleichberechtigung von Frauen stehen. Sie schildert anschaulich den schwierigen und mühevollen Weg von 1918 bis zum heutigen Tag
- 7. März, 19.30 Uhr: Filmvorführung "Astrid" im Kino-Center Prüm
- 11. März, 19.30 Uhr: Filmvorführung "Astrid" im Skala-Kino Bitburg
- 6. bis 14. März Ausstellung „Frauen, die Geschichte schreiben“ im Haus Beda in Bitburg. Vernissage, 6. März, 18 Uhr, mit einem Vortrag von Rita Süssmuth, einer szenischen Lesung zum Lebensweg von vier Frauen in den letzten 100 Jahren und dem Chor Cantando Messerich
- 6. April, 9.30 bis 15 Uhr: „Charisma – Wie Frauen ihre Strahlkraft entwickeln“ mit Eva Hitzges, BDVT gepr. Trainerin & Coach, in der Kreisverwaltung des Eifelkreises
- 2. bis 11. Mai Ausstellung „Frauenarbeit hat viele Gesichter“ im Konvikt Prüm. Ausstellungseröffnung am 3. Mai um 18 Uhr mit Referaten: „Frauen und Erwerbsarbeit“ von Prof. Christel Baltes-Löhr, Universität Luxemburg und Marita Singh, Gleichstellungsbeauftragte des Eifelkreises, sowie Stefanie Peter und Margret Faß-Kunath. Musik: Jugendchor Pronsfeld
- 8. Mai, 9 Uhr: Wortgottesdienst zum Thema „Wenn Frauen krank werden,...?“ im Gemeindepsychiatrischen Betreuungszentrum Prüm
- 31. August, 9.30 bis 15 Uhr: „ Glück(sgefühle) – Was ist es, was uns aufblühen lässt?“ mit Eva Hitzges, BDVT gepr. Trainerin & Coach, in der Kreisverwaltung des Eifelkreises
- 3. Oktober, 17 Uhr Liederabend „Frauenbilder“ auf Schloss Malberg: Lieder und Klavierstücke von Clara Schuhmann(1819-1896) und Alma Mahler-Gropius-Werfer (1897-1964) präsentiert von Sandra Schares (Mezzossopran) und Maren Donner (Klavier).