Nikolas Leube

Unterwegs mit dem "Friedhof-Taxi"

Irrel (leu). Einmal im Monat bringt das "Friedhof-Taxi" der Caritas ältere Menschen in Irrel zum Grab ihrer Angehörigen. Angebote wie dieses leben vom Einsatz Ehrenamtlicher – und ermöglichen Teilhabe, auch wenn die Mobilität im Alter eingeschränkt ist.

von Nikolas Leube

Es ist ein Tag, den man als goldenen Herbsttag bezeichnet. Das Laub ist gefärbt, und die Sonne entfaltet für die Jahreszeit eine ungewöhnliche Kraft. Wir sind unterwegs in einem Kleinbus. Am Steuer sitzt Caritas-Mitarbeiter Andreas Flämig, auf dem Beifahrersitz Gemeindereferentin Tamara Baltes.

Das Ziel ist kein Ausflugsort. Es geht zum Friedhof in Irrel – hoch oben am Berg, zu Fuß schwer zu erreichen, erst recht, wenn die Mobilität eingeschränkt ist. Auf uns warten Petra Weber (88) und Sophie Maas (85). Beide sind verwitwet, beide haben ihre Männer auf dem Friedhof in Irrel begraben, beide haben kein Auto. Flämig begrüßt sie am Bus, klappt einen kleinen Hocker aus und stützt beide beim Einsteigen. Ein kurzer Austausch, ein Lächeln – die Tür schließt sich.


Wenn Wege zur Herausforderung werden ...

Mobilität wird im Alter schnell zur Barriere – besonders auf dem Land, wo Busse selten fahren und Haltestellen oft weit entfernt sind. Frau Weber erzählt, dass ein Arztbesuch schon einmal den ganzen Tag dauern kann. "Man ist einfach abhängig", sagt sie. Auch Frau Maas nickt: "Zum Friedhof würden wir ohne Hilfe kaum noch kommen."Genau da setzt das Friedhof-Taxi an. "Ich hatte einen Bericht über den Zentralfriedhof in Köln gesehen", erzählt Flämig. "Da hat ein Unternehmer ältere Leute zum Friedhof gebracht. Und da habe ich mir gedacht: Das muss doch besonders bei uns auf dem Land auch ein Problem sein."

Es gehe nicht darum, ein wöchentliches Angebot zu schaffen, ergänzt er, "sondern diese Fahrt einmal im Monat zu ermöglichen." "Das hilft gegen das schlechte Gewissen", sagt Frau Weber – im Bewusstsein, dass sie nichts für ihre eingeschränkte Mobilität kann. Vom Friedhof-Taxi erfahren hatten die beiden über den Pfarrbrief. Auch bei anderen Aktivitäten der Caritas und der Pfarrei sind sie regelmäßig dabei. "Wir sind froh, dass es solche Hilfe hier gibt", sagt Frau Maas.


Ehrenamtliches Engagement hält vieles am Laufen

Im Caritashaus der Begegnung finden regelmäßig Angebote für Jung und Alt statt – von Französisch-Runden über Malkurse bis hin zum Mittagstisch, zu Dialogen und Vorträgen. "Gerade im Alter ist Einsamkeit ein großes Problem", sagt Flämig. "Wir versuchen hier viel zu initiieren. Unsere Angebote sind jedoch davon abhängig, dass sie von ehrenamtlichen Helfern getragen werden."

So ist bei der heutigen Fahrt auch Herr Schönenberger (85) dabei. Seine Frau liegt ebenfalls in Irrel begraben. An guten Tagen läuft er noch selbst zu Fuß hinauf, doch er ist auch mit dem Auto mobil. Weil er ohnehin häufig zum Friedhof fährt, überlegt er, das Friedhof-Taxi künftig selbst zu übernehmen – mit seinem eigenen Auto. "Ich bin sowieso oft dort, dann kann ich auch andere mitnehmen", sagt er. Für Flämig ist das ein wichtiges Zeichen: "Ohne Menschen wie ihn wäre vieles nicht zu stemmen."


Am Grab - Ruhe genießen und Kraft schöpfen

Am Friedhof angekommen, steigt Flämig als Erster aus, holt wieder den Hocker hervor und hilft den beiden Frauen beim Aussteigen. Herr Schönenberger reicht Frau Maas den Arm und begleitet sie zum Grab. Man kennt sich auf dem Land. Die gelöste Stimmung aus dem Bus wird ruhiger. Der Wind bewegt die gefärbten Blätter, ansonsten ist es still. "Hier geht es darum, innezuhalten, zu gedenken, den Moment der Stille zu genießen", sagt Gemeindereferentin Baltes. "Dieser Moment am Grab kann Kraft und Trost spenden."


Gespräch und Austausch bei Kaffee und Kuchen

Bevor es wieder nach Hause geht, führt die Fahrt ins Caritashaus der Begegnung in Irrel. Das gemeinsame Kaffee- und Kuchenessen gehört dazu. Baltes, Flämig, Herr Schönenberger, Frau Weber und Frau Maas sitzen zusammen am Tisch. Die Stimmung wird schnell gelöster. Es wird von früher erzählt und gelacht, doch bald kommen wieder die alltäglichen Schwierigkeiten zur Sprache: schlechte Busverbindungen, weite Wege, die Abhängigkeit von Unterstützung.

Dabei wird deutlich, wie wichtig Angebote wie das Friedhof-Taxi und die Aktivitäten im Caritashaus sind, um trotz eingeschränkter Mobilität an Gemeinschaft und Alltag teilzuhaben. Doch diese Angebote brauchen Unterstützung – vor allem durch ehrenamtliche Helfer. "Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen die Angebote annehmen", sagt Frau Weber. "Im Alter kommen oft Stolz und eingeschränkte Mobilität zusammen – das macht es schwer, um Hilfe zu bitten. Umso wertvoller sind die Ehrenamtlichen, die sich hier engagieren."


Weitere Informationen online unter: www.caritas-westeifel.de






 


Meistgelesen