Heldinnen und Helden des Landes sind die Helfer
Es war sowohl der Kanzlerin als auch der Ministerpräsidentin auf der anschließenden Pressekonferenz mit großer Medienpräsenz aus dem In- und Ausland vor dem Rathaus in Adenau anzusehen, wie sehr sie noch unter dem Eindruck der schrecklichen Bilder und Eindrücke aus dem Katastrophengebiet standen, die sie in Schuld gesehen hatten. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Guidio Nisius, sprach zunächst in seiner Begrüßung davon, dass es Bilder des Grauens sind, die man im Adenauer Land und im Ahrkreis nie vergessen wird und lud die Kanzlerin ein, später wiederzukommen, wenn sich die VG Adenau und der Ahrkreis „wieder von ihrer schönsten Seite zeigen können“. Kanzlerin Merkel sagte, dass sie sich persönlich ein „reales Bild von, einer surrealen, gespenstischen Situation“ verschaffen wollte und in Schuld stellvertretend für alle anderen von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Städte und Gemeinden vor Ort war: „Es ist unfassbar, die Bilder im Fernsehen waren schrecklich, aber vor Ort sieht das noch viel schrecklicher aus, mir fehlten die Worte“ so die Kanzlerin. Sie betonte, dass unmittelbar nach der Hochwasserkatastrophe ein Krisenstab der Bundesregierung gebildet wurde und das jetzt ganz schnell gehandelt werden muss, um den betroffenen Menschen in den Katastrophengebieten schnell und unbürokratisch zu helfen: „Ich fahre nach Hause mit dem Gedanken, wir wollen helfen“, so Merkel, die mit der Bundesregierung in Berlin kommenden Mittwoch ein entsprechendes umfangreiches Hilfsprogramm beschließen will. Ministerpräsidentin Malu Dreyer betonte, dass Land und Bund dabei ganz eng zusammenarbeiten und sprach nach dem Besuch in Schuld von „einem Ort des Schreckens“: „Unser Land ist erschüttert, es sieht nicht mehr so aus, wie wir es kennen. Aktuell 112 Tote und über 670 Verletzte in den Krankenhäusern, viele werden noch vermisst und viele leiden in Herz und Seele“, so Malu Dreyer ergriffen. Sie dankte allen Helferinnen und Helfern, die seit Tagen Übermenschliches leisten, so auch den vielen freiwilligen Helfern und Bürgern, insbesondere auch den Rettungsdiensten, Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk und nicht zuletzt der Bundeswehr: „Es sind zum Beispiel auch viele Landwirte, nicht nur aus Rheinland-Pfalz, sondern aus dem gesamten Bundesgebiet spontan mit ihren Traktoren gekommen um zu helfen“ so Malu Dreyer, die von einer „nationalen Kraftanstrengung und einem Kraftakt“ sprach, der noch Monate andauern dürfte. Mit bewegter Stimme und Tränen in den Augen sprach anschließend Helmut Lussi, Ortsbürgermeister von Schuld: „Die Katastrophe hat Narben hinterlassen, die man nie vergisst und die nicht zu bewältigen sind“. Auch er war überwältigt von der riesigen Hilfsbereitschaft, die „schier unendlich“ sei. Vielen durch die Katastrophe obdachlos gewordenen Familien seien von Hotels oder Besitzern von Ferienwohnungen spontan und kostenlos Unterkünfte angeboten worden, da die Wasser- und Stromversorgung komplett zusammengebrochen ist und auch über die Mobilfunknetze nicht kommuniziert werden kann. Demnach benötigt Schuld benötigt eine komplett neue Wasserleitung, was Jahre dauern kann: „Ich habe nach dem Besuch der Kanzlerin und der Ministerpräsidentin aber ein gutes Gefühl bekommen, dass wir jetzt schnell finanzielle Hilfen bekommen,“ so Ortsbürgermeister Lussi, der auch noch einmal betonte, dass man den Behörden keine Vorwürfe machen könne. Von dort sei unfassbares geleistet worden und auf die Geschwindigkeit mit der die Wassermassen in der Nacht gekommen seien, hätte man mit keinen Mitteln reagieren können. Zum Thema Klimaschutz sagte dann Kanzlerin Merkel, dass Deutschland hier „schneller werden muss“: „Ja, Klimaschutz ist teuer, aber kein Klimaschutz ist noch teurer. Die Heldinnen und Helden des Landes sind für mich alle Helfer“, so Kanzlerin Merkel, die auch erwähnte, dass die Charité alle Universitätskliniken gebeten hat, bei der Versorgung von Schwerstverletzten bundesweit zu helfen. Gundi Schirmer aus Adenau, die eigentlich nur als „Zaungast“ die Pressekonferenz verfolgt hatte, beklagte gegenüber Kanzlerin Merkel und Malu Dreyer die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auf dem Land und bezeichnete die derzeitige Versorgung über das vor einem Jahr „geschlossene“ Adenauer Krankenhaus nur als eine Notlösung, bei der die Rettungskette nicht gewährleistet sei. Malu Dreyer erwiderte, dass man die kleinen Krankenhäuser im Auge behalten würde und dass man weiter daran arbeite, die Landbevölkerung ärztlich zu versorgen… Der Aufbau der Infrastruktur und das Rettungspaket für die betroffenen Katastrophengebiete in NRW und RLP könnten Bund und Land nach Schätzungen wohl „mehrere Milliarden Euro betragen“. Die Soforthilfe, die jetzt noch im Juli dort ankommen soll, würde, wie aus internen Quellen zu hören war, etwa bei 300 Mio. Euro liegen, die jetzt schnell an die Bundesländer verteilt über die Kommunen direkt an die Betroffenen weitergeleitet werden sollen. Schon für August hat Kanzlerin Merkel ihren nächsten Besuch in den Katastrophengebieten angekündigt.