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Sascha Bach

Überhöhter Wildbestand und seine Folgen im Forstamt Adenau

Um eine Versachlichung der Diskussion um das Rotwild und die Rotwildhege bemüht, hatte Winand Schmitz, der Leiter des Forstamtes Adenau, Mitglieder des Kreisjagdbeirates, den Kreisjagdmeister Joachim Polch sowie den Vorsitzenden der Rotwildhegegemeinschaft Ralf Mocken zu einer Exkursion eingeladen.

Rotwild, Rehwild, Schwarzwild und stellenweise Muffelwild leben im AW-Kreisgebiet, und das soll laut Schmitz auch so bleiben. Vielmehr geht es ihm um die Frage, wie hoch der Wildbestand sein darf, dass der Lebensraum nicht übermäßig beeinträchtigt wird und gleichzeitig der Wildbestand vital und gesund bleibt. Im besonderen Maß werden die Belange der Waldbesitzer tangiert. Hier sei Verständnis für die unterschiedlichen Interessen, eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema und Verantwortung gefordert, heißt es aus dem Forstamt, das auf den Bereich Hochacht/Kesselinger Tal mit seinen großen geschlossenen Waldgebieten und ausgedehnten Niederwäldern verweist. Diese bieten in Mastjahren reichlich Winteräsung. Bei fehlender Mast sei der Lebensraum gegenüber abwechslungsreichen Wald-Feld-Mischlandschaften benachteiligt, zumal ganze Feldfluren abgegattert und Wiesentäler besiedelt sind. Die Höhe des Soll-Wildbestandes müsse dies berücksichtigen, so das Forstamt. Aber allein die Entwicklung der Rotwildstrecke im Kreis weise eine stetige Zunahme und Ausdehnung des Rotwildbestandes aus. Nach Ansicht des Forstamtes brachte die Entwicklung im vergangenen Winter ? keine Mast, begrenztes Äsungsangebot ? die Eskalation. Ab Mitte Dezember habe sich das Rotwild an den noch verbliebenen Brombeerbüschen und abgeästen Wildwiesen konzentriert, auch verbunden mit einer hohen Parasiteninfektion und entsprechenden Fallwildraten. Während der Exkursion besuchte die Gruppe zwei unterschiedliche Waldgebiete. Als erstes ging es in eine Buchennaturverjüngung mit zahlreichen Mischbaumarten unter Altholzbestand. Schmitz führte aus, dass auch hier ein ansprechender Wildbestand existiert und Schutzmaßnahmen zum Beispiel gegen Schälschäden regelmäßig erforderlich sind. Hier zeige die Erfahrung, dass die großflächige Buchennaturverjüngung tatsächlich gelinge, sobald die Wildbestände einigermaßen angepasst seien. Anders in den "Brennpunkten": Natürliche oder künstliche Verjüngung erfordern Gatter mit großem finanziellen und personellen Aufwand. In manchen Forstbetrieben fehlen Bäume unter 40 Jahren komplett und der Wald ist völlig überaltert. Jungbäume müssen chemisch oder mechanisch gegen Schälschäden geschützt werden. Sobald sie Widerstand leisten, äst das Rotwild die Rinde der Stämmchen und öffnet damit die Pforten für Fäulnispilze. Die Kosten allein für die Aufwendungen in den Forstbetrieben für die beschriebenen Schutzmaßnahmen beziffert das Forstamt in den Brennpunkten auf über 30 Euro je Hektar und Jahr ? die echten Schäden nicht eingerechnet. Den Teilnehmern wurden Douglasien gezeigt, die als 80 cm große Pflanzen vor fünf Jahren gesetzt wurden und trotz aller Schutzmaßnahmen mittlerweile keine 50 cm mehr hoch sind. Die Bodenvegetation falle nahezu komplett aus. Rotwild als Großweidetier werde unreguliert zum Zerstörer des eigenen Lebensraumes, erklärt das Forstamt. Allein aus der jagdlichen Verantwortung für Wild und Wald heraus müsse sich die Wilddichte am Lebensraum orientieren. Nach Angaben des Forstamtes wurde der Sollabschluss für das laufende Jagdjahr bezogen auf den engeren Kesselinger Bereich um 199 Stück Rotwild erhöht. Es sei eine große jagdliche Herausforderung, weidmännisch und damit tierschutzgerecht Zuwachsträger in ausreichendem Maß zu erlegen. Das Konzept für die staatliche Regiejagd im Rahmen der FSC-Zertifizierung sehe hierfür eine früh einsetzende Kahlwildjagd, regelmäßige Gemeinschaftsansitze, eine Einschränkung der Trophäenjagd und großflächige Bewegungsjagden vor. "Hier kommt zukünftig die Bedeutung der neuen Hegegemeinschaften für das moderne Wildtiermanagement zum Tragen - Bestandesermittlung (und Zuwachsermittlung) mittels neuer Techniken und Verfahren, Herleitung einer Zielgröße, Abschussplanung und -verteilung, Fütterungskonzepte. Dies schließt am Rotwild orientierte Jagdstrategien (keine Nachtjagd, revierübergreifende Drückjagden, intensive Rehwildbejagung) mit ein. Ein Gesamtkonzept mit Maßnahmen der Äsungsverbesserung, des Proßholzangebotes u.a.m. bei gleichzeitig angepassten Wildbeständen wäre der beste Tierschutz", so das Forstamt Adenau.


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