Café Welcome: "Ich nehme hier mehr mit als ich gebe"

Seit Monaten leben die Wittlicher inzwischen mit der Erstaufnahmeeinrichtung Afa in ihrer Stadt. Manche tun dies intensiver als andere: Im Café Welcome lernen sie Flüchtlinge und ihre Schicksale persönlich kennen.

Süsses und Salziges

Jeden Montag und jeden Mittwoch lädt ein Kreis von engagierten Ehrenamtlichen in den Alten Bahnhof. An dieser – auch für die Bewohner der Afa am Ortsausgang Richtung Altrich – günstig gelegenen Stelle betreibt Hannah Murray ein Bistro. »Sie ist es auch, die den Raum für unseren Treffpunkt zur Verfügung stellt. Ihren Platz, ihre Gastfreundschaft, ihre Zeit und Arbeitskraft bis hin zum Toilettenputzen«, berichtet Doris Thiel. Thiel ist immer montags am Start, andere mittwochs. »Viele unserer Gäste stammen aus Syrien, Afghanistan, Irak und Iran.« Wer das Café Welcome besucht, sei meist extrem offen und höflich und wolle so schnell wie möglich deutsch lernen. Unterstützung bietet ein Mann aus Marokko, der bereits seit 40 Jahren hier ist und vom Deutschen fast simultan ins Arabische übersetzt. Ansonsten läuft die Kommunikation stark über die englische Sprache, die in der Regel zumindest alle Syrer beherrschen. Ebenfalls helfen können Zeichnungen, auch dafür hat das Team der Ehrenamtler einen Spezialisten: Er malt eine Gurke, eine Tomate, ein Haus oder Auto und schreibt daneben das deutsche Wort dafür. So lernen schon die Kinder. Blöcke, Stifte und Kopien organisieren und bezahlen die Helfer aus eigener Tasche, froh über jeden Euro, den sie als Spenden von Mitbürgern erhalten. »Was mich am meisten anrührt, ist die Anständigkeit, die Dankbarkeit der Leute«, sagt Doris Thiel. »Ich nehme hier mehr mit, als ich gebe.» Längst engagiert sich auch ihr Mann im wöchentlichen Treff, zu dem ALLE Wittlicher geladen sind, auch die einheimischen, seien sie nun Ur-Wittlicher oder selbst einmal als Fremde Übersiedelte: zum Beispiel nach 1945 oder nach dem Abriss der deutsch-deutschen Mauer oder als Russland- oder Rumänien-Deutsche oder oder oder. . .

Geben und Nehmen

Rund um den Samowar, dessen köstlichen schwarzen Tee man wie in den Heimatländern mit Unmengen an Würfelzucker genießt, finden viele Menschen Platz, frei nach dem Motto »Je bunter desto besser«. Insbesondere Kinder vergessen hier für ein paar Stunden ihr Schicksal, das bisher von Krieg und Bürgerkrieg, Mord und Totschlag geprägt ist. Sie lachen miteinander und mit den Helfern, versuchen sich an den für ihre Zungen ungewohnten Lauten und malen, schlemmen und schließen erste Freundschaften in der neuen Heimat. Das Café wird immer beliebter; in der Afa tauschen sich die Menschen schließlich auch aus, erzählen, wo man willkommen ist, ohne beschimpft zu werden oder misstrauisch beäugt. Deshalb freut sich die Mannschaft über jede zusätzliche helfende Hand. »Bei Interesse einfach vorbeikommen«, sagt Axel Thiel. Wer sich mit einer Spende beteiligen möchte, kann sie zu den Öffnungszeiten des Bistros Bahnhofexpress bei Hannah Murray abgeben. PS: Wer es gerne sportlicher, und lauter mag, begegnet den Neuankömmlingen in Wittlich im Haus der Jugend tanzend und singend – an jedem Samstagabend. pug Öffnungszeiten Bistro Bahnhofexpress: montags bis freitags ab 11 Uhr Café Welcome: montags und mittwochs 14 bis 18 Uhr Club Welcome: samstags 19 bis 22.30 Uhr im Haus der Jugend

Spenden erhofft

Hannah Murray nimmt im Bistro Bahnhofsexpress werktags Sachspenden wie Kekse, Kuchen, Würfelzucker oder Salzgebäck (bitte alles in Originalverpackung) entgegen. Geldspenden, und seien sie auch noch so klein, können in das dort aufgestellte Sparschwein geworfen werden.   Fotos: P.Geisbüsch


Meistgelesen