Arnt Finkenberg

Sorgen um kommenden Straßenkarneval

Region. Den Karnevalsvereinen drohen hohe Kosten für die Betriebserlaubnis bei Karnevalswagen. RKK-Präsident Hans Mayer fordert vom Land eine Ausnahmeregelung

RKK-Präsident Hans Mayer fordert das ehrenamtliche Wirken der Wagenbauer unverzüglich durch den Abbau von bürokratischen Hindernissen zu unterstützen

RKK-Präsident Hans Mayer fordert das ehrenamtliche Wirken der Wagenbauer unverzüglich durch den Abbau von bürokratischen Hindernissen zu unterstützen

Bild: RKK

In einer Pressemitteilung der Rheinischen Karnevals-Korporationen e.V. (RKK) heißt es dazu unter anderen:

»Gerade Krisenzeiten hat der Karneval eine wichtige Funktion. Denn er bringt den Menschen ein wenig Abwechslung in ihren schwierigen Alltag. Doch jetzt kommt auf die durch Covid und explodierende Gaspreise und Inflation ohnehin schon gebeutelten Vereine ein weiteres Problem zu: Es werden erhebliche Zusatzkosten für die Betriebserlaubnis der Karnevalswagen befürchtet. Zwischen 300,- und 500,- Euro sind für Gutachten und Gebühren der Zulassungsbehörde fällig – und das pro Wagen. Dies Summen sind von vielen Vereinen nicht mehr zu stemmen.«

Zahlreiche Vereine zwei Jahre ohne Einnahmen

Dazu RKK-Präsident Hans Mayer: »Zwei Jahre hatten die Vereine nahezu keine Einnahmen – aber ständig steigende Ausgaben. Wenn die Wagen nun umgerüstet werden sollen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist, sehe ich den Straßen-Karneval in unserer Region gefährdet. Unsere Vereine nutzen seit Jahrzehnten ihre liebevoll gepflegten und immer instandgehaltenen Untergestelle. Nicht zu vergessen wäre die immense finanzielle Belastung, der den Vereinen entstehen könnte, sei es durch notwendige Reparaturen bzw. komplette Neuanschaffungen«, so der Präsident des bundesweit tätigen Dachverbandes Rheinische Karnevals-Korporationen (RKK) mit Sitz in Koblenz.

Grund für die Sorge ist ein Erlass für große Brauchtumsumzüge in Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2018 sowie eine Verordnung aus dem Bundesmerkblatt aus dem Jahr 2000. Diese betreffen nicht nur den Karneval, sondern auch andere Brauchtumsumzüge unter freiem Himmel, zu denen alljährlich hunderttausende Menschen kommen. Die Vorschriften besagen nun, dass alle am Umzug teilnehmenden Fahrzeuge eine offizielle Betriebserlaubnis benötigen - also auch die Motiv- und Komitee-Wagen, auf denen die Karnevalisten seit vielen Jahren unfallfrei mitfahren. Deren Basis bilden in der Regel landwirtschaftliche Anhänger hinter den Zugmaschinen.

Verlängerung der Ausnah- meregelung gefordert

Für die Session 2018/2019 wurde seitens des Verkehrsministeriums eine Ausnahmeregelung ermöglicht, die für die Vereine eine Anpassungszeit von vier Jahren gewährte. RKK-Präsident Hans Mayer betont: »Natürlich ist die Sicherheit ein wichtiger Aspekt. Was ich aber nicht verstehe: Warum war vorher eine Ausnahmeregelung möglich, mit einer Übergangsfrist von vier Jahren, die durch Corona vielerorts gar nicht umsetzbar war – und nun lässt man die Karnevalisten in der kommenden Saison im Regen stehen? Warum ist nicht eine Ausnahmeregelung noch für kommende Saison möglich? Schließlich hat sich an der Krisensituation nichts geändert, sondern es sind sogar noch Herausforderungen hinzugekommen. Es geht lediglich darum, dass die Wagen von ihren Hallen bis zum Zug und dann in den Umzügen auf abgesperrten Straßen mitfahren dürfen. Und dort bewegen sie sich nur im Schritt-Tempo.«

Der RKK-Präsident fordert von der Landespolitik, dass diese unverzüglich tätig wird: »Es darf nicht sein, dass in Sonntagsreden die Bedeutung des Ehrenamtes betont wird, aber wenn die Ehrenamtlichen selbst unbürokratische Unterstützung benötigen, lässt man sie im Regen stehen. Insbesondere die Wagenbauer brauchen teilweise Monate, um ihre fahrenden Kunstwerke herzustellen. Wir erwarten bei diesem wichtigen Thema eine unverzügliche Entscheidung – die Vorbereitungen für den Straßenkarneval laufen vielerorts bereits seit Wochen auf Hochtouren.«

»Brauchtumsgutachten« reicht nicht mehr aus

Das Land sieht die Situation offenbar anders. Wörtlich heißt es (Zitat): »Ab der Session 2022/23 dürfen bei öffentlichen Karnevalsumzügen nur noch Anhänger eingesetzt werden, die über eine Betriebserlaubnis verfügen. Dies gilt für alle eingesetzten Anhänger, unabhängig davon, ob sie mit An- bzw. Aufbauten versehen sind. Eine Zulassung nach den Vorschriften der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) ist hingegen nicht erforderlich. Das bis zum Jahr 2019 insbesondere vom TÜV Rheinland für Fahrzeuge ohne Betriebserlaubnis erstellte sogenannte ‚Brauchtumsgutachten‘ ist für den Einsatz bei Umzügen ebenfalls nicht mehr ausreichend und wird nicht mehr anerkannt.

Vor den Umzügen ist bei allen Fahrzeugen, für die kein gültiger Nachweis über eine bestandene Hauptuntersuchung vorliegt oder die mit An- oder Aufbauten versehenen sind, die Prüfung der Verkehrssicherheit von einem amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr, Prüfsachverständigen eines benannten Technischen Dienstes beziehungsweise einem Prüfingenieur einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation durchzuführen.«

Land: Betriebserlaubnis für alle Fahrzeuge erforderlich

Das Verkehrsministerium beharrt auf der Betriebserlaubnis. Für die Session 2018/2019 sei zwar eine Ausnahmeregel ermöglicht worden, »auch, um den Vereinen eine großzügige Anpassungszeit von vier Jahren zu gewähren«, so deren Stellungnahme. In der aktuellen Session werde jetzt die ursprüngliche Regel der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung greifen. Hierzu gehört demnach der Nachweis einer Betriebserlaubnis für alle eingesetzten Fahrzeuge.

»Ehrenämtler dürfen nicht alleine gelassen werden«

RKK-Präsident Hans Mayer fordert die Verantwortlichen zum umgehenden Handeln auf: »Bei anderen Themen, wie zum Beispiel der Corona-Pandemie, wurden teilweise im Eiltempo gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht oder abgeändert. Es kann nicht sein, dass man die unzähligen Ehrenämtler beim Karneval bei diesem wichtigen Thema mit den bürokratischen Hindernissen allein lässt.«


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