Katja Thönnes

Tödliche Geisterfahrt schockt Familie

Manchmal können es Sekunden sein, die über Leben und Tod entscheiden. Das ist einer Familie aus Cochem erst kürzlich mehr als bewusst geworden. Mutter Katharina (29) hat auf der Autobahn den Pkw ihres Freundes aus den Augen verloren. Er ist vorausgefahren. Da hört sie die Warnung über den Verkehrsfunk: Ein Falschfahrer rast auf sie zu. Minuten später folgt die nächste Meldung. Nur wenige Meter vor ihnen soll sich ein Unfall ereignet haben.

Gegen 20.30 Uhr an jenem 22. Februar bricht in dem Pkw, in dem Katharina Bembnista mit ihrer Schwiegermutter und den beiden Söhnen sitzt, Panik aus. »Was ist mit Papa«, fragt der achtjährige Damian. Sie wissen es nicht. Sie wissen nur: Vor ihnen muss sich nach der Meldung über den Geisterfahrer ein folgenschwerer Unfall ereignet haben.Die Familie war an diesem Freitag mit zwei Autos zur Wohnungsauflösung einer Verwandten in der Nähe von Köln gefahren. Vater David Düker (34) hatte einige Mühe, in seinem Wagen alles unterzubringen. Zuletzt musste ein Fahrrad sicher verstaut werden. Die ganze Aktion dauert länger als geplant. Doch dann kann der Heimweg angetreten werden. Schreckliche Minuten David Düker fährt voraus. Der Weg führt ihn und den Rest der Familie im zweiten Auto über die A 61 Richtung Koblenz. Nach einem anstrengenden Tag wollen alle »einfach nur nach Hause«, erinnert sich Mutter Katharina. Doch die Fahrt verläuft alles andere als geplant. Als sie die Warnmeldung hört, habe sie noch gedacht: »Mann, ist der lebensmüde?« Nur kurze Zeit später ist der Verkehr zum Erliegen gekommen. Nichts geht mehr.Rund 100 Meter vor ihr erlebt auch Vater David schreckliche Minuten. In Sichtweite ist der Falschfahrer in einen Lkw gerast. Der 34-Jährige beobachtet, wie einige Autos die Unfallstelle noch passieren. Er hält direkt an, steigt aus und legt die wenige Meter zur Unfallstelle zu Fuß zurück.  Einige Ersthelfer sind bereits vor Ort, Rettungskräfte schon alarmiert. David Düker erreicht das Auto des Falschfahrers, von dem nach dem Fontalzusammenstoß nur noch ein unförmiger Blechhaufen übrig ist. Der 34-Jährige fragt, ob er helfen kann. Die Männer, die um ihn herum stehen schütteln nur mit dem Kopf und deuten auf eine Stelle in der Nähe des Autos. Die Wucht des Aufpralls hat den Fahrer wohl aus seinem Wagen geschleudert. Er ist sofort tot.Die ersten Rettungskräfte treffen ein. »Das hörte gar nicht mehr auf mit Blaulicht«, erinnert sich der Familienvater. Zwei Folgeunfälle fordern drei weitere Verletzte. David Düker bemerkt wohl, dass hinter seinem Wagen das Kennzeichen des Unfall-autos liegt und dass er kurz zuvor über eine Radkappe gefahren sein muss. Doch in diesem Moment ist ihm noch nicht bewusst, was für ein großes Glück er hatte. Das kommt erst später. »Auf der A 61 kam ich schon vorher an einem Auffahrunfall vorbei. Ab da bin ich langsamer gefahren«, sagt er rückblickend, »sonst hätte es mich auch erwischen können.« Seine Freundin und Kinder sind heilfroh, als er sich nach dem Unfall per Handy meldet. »Normalerweise hört man solche Horrormeldungen nur, aber wir waren diesmal mittendrin«, sagt  Katharina Bembnista. Erst später erfährt die Familie, dass der Geisterfahrer vor seiner tödlichen Fahrt seine beiden Töchter ermordet haben soll. »Das ist einfach unfassbar«, sagen sie. Die Familie aus Cochem erreicht schließlich nach einem über dreistündigen Stau unversehrt das Ziel. "Ich dachte, das war es jetzt" Tanja Peters-Reuter hatte vor einigen Jahren weniger Glück. Die Frau aus Horperath war damals nachts auf der A 59 bei Bonn unterwegs. Nachdem sie einen Lkw überholt hatte, sah sie plötzlich ein Auto auf ihrer Fahrspur. »Ich habe reflexartig versucht, das Steuer rumzureißen. Dann hat es auch schon gekracht«, erinnert sie sich. 15 Jahre ist das jetzt her. Doch noch heute erinnert sich die 39-Jährige an den Moment, als es passierte: »Ich dachte, das war es jetzt.« Nach dem Zusammenstoß mit dem Geisterfahrer war sie in ihrem Auto eingeklemmt. Rettungskräfte mussten sie befreien. Sie wurde mit einem Oberschenkelbruch, mehreren Schnittwunden und Prellungen ins Krankenhaus eingeliefert. Auch in diesem Fall waren es wohl Sekunden, die über Leben und Tod entschieden. »Wenn ich nicht direkt eingelenkt hätte, wäre es wahrscheinlich sehr viel schlimmer ausgegangen«, meint die Eifelerin. Bis heute hat sie ein ungutes Gefühl, wenn sie nachts auf der Autobahn unterwegs ist. »Vor Kurven starte ich keinen Überholvorgang«, sagt sie. Die Unsicherheit, das ungute Gefühl, fährt immer noch mit.  Bis zu 80 Falschfahrer-Unfälle pro Jahr In den vergangenen Monaten häufen sich die Meldungen über Geisterfahrer, die folgenschwere Unfälle verursachen. Erst am Wochenende wurde eine Statistik bekannt, nach der Falschfahrer bis zu 80 Unfälle im Jahr verursachen. Bei jeder sechsten Kollission kommen Menschen ums Leben.Die Polizeiautobahnstation Mendig, die neben der A 61 auch für die A 48 zuständig ist, zählte im vergangenen Jahr 13 Falschfahrer-Meldungen. Sechs bis acht waren es in den Jahren davor. Das rät die Polizei Heribert Hänzgen, stellvertretender Leiter der Past Mendig, rät dazu, bei Autofahrten unbedingt den Verkehrswarnfunk im Radio einzuschalten. »Bei einer Warnmeldung gilt: nicht überholen, Geschwindigkeit reduzieren und wenn möglich einen Rastplatz anfahren«, sagt er. Auch für die Beamten selbst bedeutet die Meldung höchste Alarmbereitschaft. Oft sind sie auf genaue Hinweise von Zeugen angewiesen, um zu wissen, auf welchem Streckenabschnitt der Geisterfahrer unterwegs ist. Autofahrer, die einen Falschfahrer bemerken sollten auf jeden Fall Ruhe bewahren und der Polizei möglichst viele Informationen weitergeben (welche Autobahn, welche Fahrtstrecke, etc). »Je mehr wir wissen, desto schneller können wir eingreifen und die anderen Autofahrer warnen«, so Hänzgen.  Foto: Katja Thönnes


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