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Frederik Scholl

Hausbesuch vom »Tele-Doc«

Kreis Euskirchen.Digitale »Hausbesuche« in Pflegeheimen sollen künftig viele unnötige und  belastende Krankenhausaufenthalte von Pflegeheimbewohnern vermeiden.
Stellten kürzlich das neue TeleDoc-System vor: (v.l.) Michael Franssen (Kreis Euskirchen), Prof. Dr. Dr. Michael Czaplik (Geschäftsführer »Docs in Clouds«), Landrat Markus Ramers, AOK-Regionaldirektor Helmut Schneider und Dr. Benedikt Zumbé (Arzt für Allgemeinmedizin).

Stellten kürzlich das neue TeleDoc-System vor: (v.l.) Michael Franssen (Kreis Euskirchen), Prof. Dr. Dr. Michael Czaplik (Geschäftsführer »Docs in Clouds«), Landrat Markus Ramers, AOK-Regionaldirektor Helmut Schneider und Dr. Benedikt Zumbé (Arzt für Allgemeinmedizin).

Bild: Scholl

Immer mehr Pflegebedürftige leben in Alten- und Pflegeheimen, gleichzeitig steigt das Arbeitspensum für niedergelassene Ärzte gerade in ländlichen Regionen. Kurzfristige Hausbesuche sind kaum noch möglich. Pflegekräfte müssen daher auch in medizinischen Routinefällen häufig den Notruf wählen, obwohl Krankenhausaufenthalte für Pflegebedürftige sehr belastend sind und durch einen Arztbesuch vielfach vermeidbar wären. Abhilfe versprechen Televisiten, die in einem Pilotprojekt in den vergangenen Monaten erprobt wurden. Nun wollen die AOK Rheinland/Hamburg und der Kreis Euskirchen ein Projekt für Televisiten auf elf Pflegeeinrichtungen ausweiten. Der Kreis Euskirchen soll dabei als Modellregion für den ländlichen Raum wertvolle Erkenntnisse liefern.

Der sinnvolle Einsatz von Telemedizin, beziehungsweise des Tele-Doc-Systems soll dazu beitragen, sowohl die Lebenssituation von Pflegebedürftigen als auch die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften zu verbessern. Eine Konsultation mit dem betreuenden Hausarzt oder der Fachärztin zur niedrigschwelligen Abklärung einer medizinischen Situation oder auch für eine Routinevisite schaffen schnell Klarheit und Handlungssicherheit für Pflegekräfte. Stresssituationen für Pflegebedürftige durch Transporte, Krankenhausaufenthalte und Veränderungen im Alltag werden vermieden.

Patient, Pflegekraft und Arzt im digitalen Austausch

Bei der Televisite sind Patienten gemeinsam mit einer Pflegekraft im digitalen Austausch mit dem Arzt. »Sie entscheiden gemeinsam, ob bestimmte Maßnahmen durchgeführt und andere unterlassen werden. Dazu können durch technische Vernetzung auch objektive Messdaten beispielsweise des Blutdrucks, des Blutzuckers oder der Sauerstoffsättigung zu Hilfe genommen werden. Neben der Verabreichung der angemessenen Medikation geht es vor allem um die Entscheidung, ob eine Krankenhauseinweisung oder ein Rettungsdiensteinsatz erforderlich sind oder nicht«, erläutert Prof. Dr. Dr. Michael Czaplik, Geschäftsführer »Docs in Clouds«, dem Unternehmen, welches das Tele-Doc-System entwickelt hat. Nach Angaben des Experten seien nach Erkenntnissen aus der Pilotphase mehr als 30 Prozent der Krankenhausaufenthalte vermeidbar, so Czaplik.

Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, unterstreicht die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine hochwertige Versorgung pflegebedürftiger Menschen. »Virtuelle Arztbesuche, kombiniert mit der persönlichen Begleitung durch eine vertraute Pflegekraft, können die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen erhöhen. Stress und Ängste, die durch den Wechsel der bekannten Umgebung ausgelöst werden, können reduziert und unnötige Krankenhausaufenthalte vermieden werden« sagt Mohrmann. Für die Pflegeeinrichtung könne der Einsatz der Televisite über auch organisatorisch Erleichterung bringen. Die Nutzung der Televisiten soll für alle Versicherten offen stehen, unabhängig ihrer Kassenzugehörigkeit. Nach dem geplanten Start Anfang Juni, sei daher ein Beitritt weiterer Krankenkassen zum Projekt wünschenswert, sagt Mohrmann.

Durch Telemedizin könne man sich als Arzt ohne lange Fahrzeiten ein Bild vom Zustand des Patienten in einer Pflegeeinrichtung machen und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen einleiten, betont Dr. Benedikt Zumbé, Arzt für Allgemeinmedizin in Tondorf und Anwender für Telemedizin. »Vom Einsatz der Televisiten profitieren also alle Beteiligten«, so Zumbé. Im Projekts sind Initialschulungen und weiterführende Schulungen für Pflegekräfte vorgesehen. Im Kreis leben rheinlandweit die meisten Pflegebedürftigen und auch die Zahl der Pflegeheime ist hoch. »Wir freuen uns, dass dieses wegweisende Projekt im Kreis Euskirchen umgesetzt wird. Eine sinnvolle Sache, auch um die Ressource Mensch zu schonen«, sagt Landrat Markus Ramers.

 

 


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