"Was man kennt, das schätzt man auch"

Landrat Dr. Alexander Saftig verrät im Gespräch mit dem WochenSpiegel, wie nachhaltigkeit es sich im Landkreis leben lässt und welche Projekte noch auf der Agenda stehen.
Landrat Dr. Alexander Saftig. Foto: Kreisverwaltung

Landrat Dr. Alexander Saftig. Foto: Kreisverwaltung

Wie nachhaltig lebt es sich im Landkreis Mayen-Koblenz? Am Anfang steht für mich die Frage: Was versteht man unter nachhaltig? Nachhaltig ist für mich ein Einklang von sozialen, ökologischen und ökonomischen Faktoren oder anders gesagt, die heutige Generation darf nicht auf den Kosten künftiger Generationen und der Menschen in anderen Teilen der Welt leben. Dies ist ein sehr hoher Anspruch, den mit Sicherheit fast niemand in Deutschland und auch nicht im Landkreis Mayen-Koblenz vollständig gerecht wird. Ein Leben in Nachhaltigkeit hängt zum einen vom eigenen Lebensstil ab und zum anderen von den Rahmenbedingungen, die eine nachhaltige Lebensweise erleichtern oder erschweren. Der eigene Lebensstil kann verträglicher oder schädlicher für eine Nachhaltigkeit sein: Was mache ich im meiner Freizeit? Wie oft nutze ich das Flugzeug? Wie heize ich mein Haus? Wie sparsam bin ich mit Energie? Wie ernähre ich mich? ... Die Kreisverwaltung kann versuchen Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein nachhaltiges Leben erleichtern: Wie sieht es mit dem Öffentlichen Personen Nahverkehr aus? Wie finde ich regionale, umweltverträglich erzeugte Lebensmittel? Werde ich bei energieeffizientem Wohnen unterstützt? Kann ich vor Ort meine Freizeit sinnvoll und umweltfreundlich verbringen? Welche Projekte wurden bereits erfolgreich umgesetzt? Hier nur einige Beispiele: - Arbeit der Integrierten Umweltberatung (IUB) im Landkreis Mayen-Koblenz, die zahlreiche nachhaltige Projekte angestoßen hat und diese auch umsetzt. Dies seit über 20 Jahren. - Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes für den Landkreis Mayen-Koblenz und seine Kommunen und dessen Umsetzung - Erstellung eines Elektromobilitätskonzeptes - Verbesserung des ÖPNV - Unterstützung der Regionalen Vermarktung, u.a. durch Zusammenarbeit mit dem Verein Heimat schmeckt! oder die Erstellung eines Verzeichnisses der Direktvermarkter - Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt über die Stiftung Natur und Umwelt des Landkreises Mayen-Koblenz oder die Biodiversitätsberatung für Gemeinden, Schulen oder Kitas - Strukturelle Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes durch zwei eingestellte Klimaschutzmanager - Vernetzung kommunaler, regionaler und überregionaler Akteure im Bereich Klimaschutz, Klimaanpassung, Energiewende/-effizienz - Sensibilisierung und zielgruppengerechte Öffentlichkeitsarbeit durch IUB und Klimaschutzmanagement zu oben genannten Themen Gibt es kurzfristige und langfristige Zielsetzungen? Ja, wir haben konkrete Ziele definiert, zum Beispiel: - Das Kreisentwicklungskonzept- Das Klimaschutzkonzept für den Landkreis Mayen-Koblenz und seine Kommunen - Die Resolution "Klimaschutz effektiv gestalten" - Das E-Mobilitätskonzept - Unterzeichnung der Deklaration "Biologische Vielfalt in Kommunen". Der Landkreis übernimmt damit die freiwillige Selbstverpflichtung, den Erhalt der biologischen Vielfalt als Grundlage einer nachhaltigen Kreisentwicklung zu berücksichtigen und entsprechende Anforderungen in seine Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Nachhaltige Verwaltung - Wunschdenken oder Realität? Gerade öffentliche Verwaltungen können und sollten im Bereich des Klimaschutzes, Ressourcenschonung und Energieeffizienz als Vorbild dienen. Hierzu zählt eine umweltfreundliche Beschaffung von Arbeits-/Betriebsmittel (z.B. Umstellung auf Recyclingpapier, energieeffizienteste Elektrogeräte (PCs, Drucker) intelligente, stromsparende Gebäudetechnik (Licht, Lüftung, Heizung). Viele Themen sind schon erfolgreich in den Arbeitsalltag der Verwaltung implementiert. Eine strukturelle Steuerung und Anpassung an neue/veränderte Begebenheiten in diesem Themenfeld ist wünschenswert. Was wünschen Sie sich von jedem einzelnen Bürger im Sinne der Nachhaltigkeit? Ich würde mir wünschen, dass die Menschen bewusster leben! Dass sie stets daran denken, welche Auswirkungen das eigene Handeln auf die Mitmenschen vor Ort, aber auch global und auf künftige Generationen hat. Weniger ist oft mehr: Viel haben heißt nicht unbedingt gut leben! Es ist wichtig, die Natur vor der eigenen Haustür kennenzulernen. Denn was man kennt, das schätzt man auch und man will es bewahren. Das gilt ganz besonders für Biotope in denen seltene Arten leben, so wie zum Beispiel der bei uns vom Aussterben bedrohte Apollofalter oder auch die Zippammer und der Wiedekopf. Und nicht zuletzt sollte man sich auch fragen: Kann ich energiesparender leben? In Bezug auf mein zu Hause und auf meine Mobilität. Und kann ich mich nachhaltiger ernähren? Zum Beispiel dadurch, dass man weniger Fleisch isst und darauf achtet, dass es regional und tierwohlverträglich erzeugt wurde. Die Fragen stellte Jutta Kruft.


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