

Herr Maron, stellen Sie unseren Leser*innen doch bitte den Verein SCHMIT-Z e.V. vor. Was sind Ihre Schwerpunkte?
SCHMIT-Z e.V. ist seit über 30 Jahren eine Anlauf- und Beratungsstelle in Trier für Menschen, die sich dem queeren Spektrum zuordnen – also zum Beispiel homosexuell, bisexuell oder transident sind. Unsere Arbeit umfasst drei große Bereiche: Beratung, Bildung und Kultur. Wir bieten persönliche Beratungsgespräche an, haben ein Bildungsprojekt, mit dem wir in Schulen und zu Fachkräften gehen, um über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt aufzuklären. Und wir organisieren zahlreiche kulturelle Events, etwa den weit über Trier hinaus bekannten Rosa Karneval oder unsere Sommergastronomie Queergarten im Palastgarten.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen für queere Menschen in Trier?
Leider beobachten wir – wie bundesweit – eine Zunahme von Anfeindungen und Gewalt. Menschen berichten uns von verbalen und körperlichen Angriffen im öffentlichen Raum, einfach weil sie als queer wahrgenommen werden. Vor allem junge Menschen erfahren Diskriminierung in der Schule nach einem Coming-out. Das bereitet uns große Sorgen.
Haben Sie ein konkretes Beispiel aus Trier, das Sie besonders beschäftigt hat?
Ja. Eine Ehrenamtliche aus unserer Selbsthilfegruppe für Transpersonen wurde auf offener Straße massiv bedroht. Man hat ihr den Tod gewünscht – mit Worten wie: „Du bist Dreck, du bist eine Schande.“ So etwas passiert mitten in Trier. Das zeigt, wie notwendig unsere Arbeit ist.
Hat sich die gesellschaftliche Stimmung verschlechtert?
Es ist schwierig, das pauschal zu sagen. Aber wir merken: Die Hemmschwelle, sich radikal zu äußern oder Minderheiten offen abzulehnen, ist in den letzten zwei bis drei Jahren gesunken. Gleichzeitig hat die Politik derzeit andere Schwerpunkte – auch wichtige, keine Frage –, aber die Belange von queeren Menschen, Frauen oder Menschen mit Behinderung geraten oft aus dem Fokus. Das ist bedauerlich.
Wie groß ist die queere Community in Trier?
Dazu gibt es keine offiziellen Zahlen. Unser Verein hat etwa 450 Mitglieder, aber nicht alle davon sind selbst queer – viele unterstützen unsere Arbeit einfach, weil sie sie wichtig finden. Das ist ein schönes Zeichen.
Seit wann gibt es SCHMIT-Z e.V. und wie hat sich der Verein entwickelt?
Der Verein wurde 1993 gegründet – ursprünglich als „Schwule Männer-Initiative Trier“, daher der Name SCHMIT-Z. Anfangs war es vor allem ein Schutzraum für homosexuelle Männer. Seit 2005 haben wir unser Angebot stark erweitert – heute machen wir Bildungsarbeit, Beratung, Kultur und bieten zahlreiche Gruppenangebote an.
Zum Beispiel das Projekt „SCHLAU Trier“?
Genau. Das ist unser Schulaufklärungsprojekt. Schulen müssen uns einfach per E-Mail kontaktieren, dann organisieren wir einen Termin. Das Projekt wird vom Bildungsministerium finanziell unterstützt, sodass wir die Arbeit gut stemmen können.
Wie kann man bei Gruppen wie der OASE, dem Trans- oder Non-Binary-Stammtisch mitmachen?
Alle Gruppen werden von Ehrenamtlichen geleitet. Wer Interesse hat, kann sich einfach per Mail oder telefonisch an uns wenden. Wir stellen dann den Kontakt zur Gruppenleitung her, oft gibt es ein erstes Kennenlernen, damit man schauen kann, ob es passt.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Stadt Trier?
Sehr gut! Wir bekommen Fördermittel, zum Beispiel für den Christopher Street Day oder Kulturprojekte. Außerdem bieten wir Schulungen für Auszubildende der Stadtverwaltung an und auch Sprechstunden im Rathaus für Mitarbeitende. Der Austausch mit den Dezernaten ist eng und sehr wertschätzend – wir fühlen uns von der Stadt unterstützt.
Wie finanziert sich der Verein?
Wie viele gemeinnützige Organisationen arbeiten wir mit einer Mischfinanzierung: Mitgliedsbeiträge, Spenden, öffentliche Förderung von Stadt, Land oder Bund sowie Projektgelder von Stiftungen oder Sponsoren. Ohne diese Unterstützung könnten wir unsere Arbeit nicht leisten.
Wie kann man Mitglied werden – und was bringt das?
Mitglied werden ist einfach über unsere Website möglich. Man kann den Beitrag je nach finanzieller Lage selbst festlegen. Neben der ideellen Unterstützung ist ein Vorteil ganz klar: Mitglieder erhalten früher Zugang zu Tickets für den Rosa Karneval – und die sind sehr begehrt!
Bieten Sie auch Unterstützung bei psychischen Belastungen an?
Ja, Menschen können mit allen Anliegen zu uns kommen. Wir klären in Beratungsgesprächen, was wir leisten können und wofür es spezialisierte Hilfe braucht. Bei Bedarf verweisen wir an unser gutes Netzwerk aus Beratungsstellen und Therapeut*innen in der Region – etwa den Frauennotruf, Suchtberatung oder spezialisierte Stellen für Betroffene von Rassismus.
Wie sieht Ihre Arbeit mit queeren Geflüchteten aus?
Wir arbeiten eng mit den Erstaufnahmeeinrichtungen in Trier und Hermeskeil zusammen, die von der Diakonie und Caritas betreut werden. Dort betreuen wir regelmäßig queere Geflüchtete – derzeit etwa drei bis vier Personen pro Monat. Viele haben in ihren Herkunftsländern massive Gewalt erlebt. Wir versuchen, sie zu begleiten und ihnen hier Schutz und Unterstützung zu geben.
Was berichten Ratsuchende besonders häufig über ihre Erfahrungen in Trier?
Viele berichten, dass sie Angst hatten, sich jemandem anzuvertrauen – aus Sorge, nicht ernst genommen oder gar abgelehnt zu werden. Bei uns können sie sicher sein, dass wir sie akzeptieren, egal wie sie sich identifizieren. Es tut gut, einen Raum zu haben, in dem man nicht „anders“ ist, sondern einfach Mensch.
Wo sehen Sie Fortschritte – und wo Rückschritte in der Region?
Ein Fortschritt ist, dass sich immer mehr Menschen auch im ländlichen Raum für queere Themen einsetzen. Kürzlich hat die VG Gerolstein die Regenbogenfahne gehisst – das ist ein starkes Zeichen. Gleichzeitig erleben wir eine zunehmende Verrohung im öffentlichen Raum. Beleidigungen und Übergriffe nehmen zu. Leider betrifft das nicht nur queere Menschen, sondern auch Frauen oder Menschen mit Migrationsgeschichte.
Was wäre Ihre Botschaft an die Gesellschaft?
Ich wünsche mir mehr Offenheit und den Mut, auf andere Menschen zuzugehen – auch auf Menschen, die anders leben oder denken. Oft entstehen Ängste und Ablehnung aus Unwissenheit. Wenn wir uns die Zeit nehmen zuzuhören und Geschichten zu verstehen, merken wir schnell: Wir sind alle Menschen mit denselben Grundrechten. Und ein respektvoller Umgang miteinander ist immer möglich – auch wenn man sich nicht in allem einig ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Andrea Fischer



