Samuel Fitwi schafft Olympianorm
Samuel Fitwi hat das schier Unmögliche möglich gemacht: Der 27-Jährige vom Verein Silvesterlauf Trier verbesserte sich an diesem Sonntag beim Dubai-Marathon auf 2:06:27 Stunden, unterbot damit deutlich die Qualifikationsnorm (2:08:10) für die Olympischen Spiele 2024 und avancierte zur Nummer zwei der ewigen deutschen Bestenliste über die traditionelle 42,195-km-Distanz, noch vor Europameister Richard Ringer. Schneller war bislang nur Amanal Petros.
Olympia ist der große Traum
Dieses Trio wird nun nach aller Voraussicht die deutschen Farben bei den Spielen in Paris vertreten. Gestartet wird der olympische Marathon am 10. August um 8 Uhr. Viel wichtiger als die 5.000 US-Dollar für Platz fünf im Endklassement beim Sieg des Äthiopiers Addisu Gobena (2:05:01) war für den Trierer Silvesterläufer die Aussicht auf das Ticket für Paris. „Die Olympiateilnahme ist mein großer Traum. Ich wusste, dass ich sehr gut in Form bin und habe alles aus mir herausgeholt, um mir diesen Traum zu erfüllen“, sagte Fitwi freudestrahlend wenige Stunden nach seinem bislang größten Erfolg – und ergänzte: „Das war das beste Rennen meines Lebens.“ Bisher. Denn nach dem erst dritten Marathon seiner Karriere schlummern in dem dreimaligen deutschen Crosslaufmeister sicherlich noch Reserven.
Volles Risiko gefahren
Der Erfolg von Dubai fiel ihm alles andere als in den Schoß. Die vom Veranstalter versprochenen Tempomacher für eine zweite Läufergruppe mit Zielstellung „unter 2:08“ gab es schlicht und ergreifend nicht, nur die für „sub 2:05“. Was blieb Samuel übrig? „Er hat selbst entschieden, volles Risiko zu gehen“, sagte Silvesterlauf- Vereinstrainer Yannik Duppich, der Fitwi vor Ort betreute: „Es ist schön zu sehen, dass sein Mut belohnt wurde. Mit diesem Rennen hat er den Durchbruch geschafft und das gezeigt, was wir seit Jahren in ihm sehen.“
Durch Vereinswechsel zum Laufprofi
Mit seinem Vereinswechsel von der LG Vulkaneifel zum Verein Silvesterlauf Trier und dem Anschluss an die Athletengruppe des Ausrüsters On hatte der in Gerolstein wohnhafte Fitwi 2023 den Schritt zum Laufprofi konsequent vollzogen. Die meiste Zeit des abgelaufenen Jahres verbrachte der in Eritrea geborene Athlet, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, zum Höhentraining in Äthiopien. Bis Kilometer 30 lag Fitwi in Dubai sogar auf Kurs des deutschen Rekordes, den Amanal Petros in Berlin auf 2:04:58 Stunden verbessert hatte. 29:35 Minuten nach zehn, 58:45 Minuten nach 20 Kilometern, 1:01:55 Stunden an der Halbmarathonmarke – das waren die Meilensteine auf der ersten Hälfte von Fitwis Husarenritt. Danach wurde es brutal hart, die Kontrolle verlor der 27-Jährige aber in keiner Phase.
Nach 30 Kilometern begannen die Konkurrenten in der Spitzengruppe mit taktischen Tempowechsel-Spielchen, mit der Aussicht auf 80.000 US-Dollar für den Sieg. „Nach 35 Kilometern hatte ich noch zwei Minuten Luft für die Olympianorm und ich wusste, das es reichen würde. Deswegen bin ich auch keinerlei Risiko mehr eingegangen“, erklärt Fitwi, „ansonsten hätte ich noch ein bisschen schneller sein können.“ Am Ende traf er den „goldenen Schnitt“ exakt: 3:00 Minuten pro Kilometer. Bis 1998 wäre das noch Weltrekord gewesen. Bei seinem Wettkampfdebüt über 42,195 Kilometer hatte Fitwi im Februar in 2:12:13 Stunden gleich einen rheinland-pfälzischen Landesrekord aufgestellt, den er Ende September in Berlin auf 2:08:28 Stunden verbesserte. Dabei fehlten ihm dann gerade einmal 18 Sekunden an der Olympianorm.
Dubai war letzte Chance
Dubai war für ihn die letzte Chance, die Norm zu schaffen und sich nach einer nun notwendigen Regenerationsphase auch gezielt auf den Olympia-Marathon vorbereiten zu können. Dafür verzichtete Fitwi auf sein Heimrennen eine Woche zuvor. „Es hat mir sehr leid getan, nicht beim Silvesterlauf in Trier starten zu können“, sagte der 10.000-m-EM-Neunte in der Stunde des Sieges: „Aber Olympia geht diesmal vor.“ Einen Engpass wie diesmal gibt es 2024 nicht, am 31. Dezember diesen Jahres wird er auf dem Hauptmarkt an der Startlinie stehen. Aus jetziger Sicht als Olympionike.