Andrea Fischer

Vor dieser Frau zieht man den Hut

MEHRING (edi). Sie ist Meisterin eines seltenen Berufs: Als Modistin fertigt Charlotte Kollmann Hüte, Mützen, Kappen und Haarschmuck nach Maß

"Hauptsache Charlotte" hat die Modistenmeisterin Charlotte Kollmann aus Mehring ihren Hutladen genannt. Vor sechs Jahren hat sie sich in ihrem Heimatort selbstständig gemacht.

"Hauptsache Charlotte" hat die Modistenmeisterin Charlotte Kollmann aus Mehring ihren Hutladen genannt. Vor sechs Jahren hat sie sich in ihrem Heimatort selbstständig gemacht.

Bild: Edith Billigmann

MEHRING (edi). Vor sechs Jahren hat sich die Mehringerin in ihrem Heimatort selbstständig gemacht und gilt im Umkreis von 100 Kilometern als die Anlaufstelle für stylische Kopfbedeckung. Ob Strohhut oder Filzhut, ob schmale oder breite Krempe, ob klassisch oder sportlich - die 36-jährige Meisterin erfüllt gekonnt die Kundenwünsche. "Anders als beispielsweise in England ist der Hut in Deutschland keine alltägliche Kopfbedeckung", so die Mehringerin. Man trage ihn zu besonderen Anlässen wie beispielsweise Hochzeiten oder, saisonal bedingt, im Sommer als Sonnenschutz, im Winter als wärmende Kopfbedeckung. 

 Insbesondere bei der Erstanschaffung von Hüten ist der Beratungsbedarf groß. Doch worauf gilt es zu achten? "Auf den Kopfumfang, die Gesichtsform, die Schulterbreite, Körpergröße und -statur", zählt Charlotte auf. "Das Zusammenspiel des gesamten Körpers ist wichtig."

Handwerk & Kreativität

Man brauche ein geübtes Auge fürs Detail, für die Proportionen und den Typ. Denn Hut sei nicht gleich Hut, sondern ein Kleidungsstück, individuell abgestimmt auf die Persönlichkeit, sagt sie und fügt hinzu: "Grundsätzlich berate ich ehrlich." Dazu gehöre auch, dem Kunden auf nette Art zu sagen, wenn er den für seinen Typ ungeeigneten Hut gewählt hat. Lange Zeit liebäugelte Charlotte mit einer Ausbildung zur Zahntechnikerin, doch in den drei Oberstufenjahren bis zum Abitur entdeckte sie eine andere Leidenschaft für sich.

Der Anstoß dazu kam von ihrer Mutter. Die nämlich hatte sich 2008 in Luxemburg eigens zur Hochzeit der älteren Schwester einen Hut anfertigen lassen und war zur festen Überzeugung gelangt, dass das genau der richtige Beruf für Charlotte sei.

Tradition & Moderne

"Meine Mutter kennt mich sehr gut", lächelt diese und erzählt, warum ihr der Beruf der Modistin zur Berufung werden sollte: "Die Mischung hat's gemacht", konstatiert sie rückblickend. Das Zusammenspiel von Kreativität, Produktivität und Kundenkontakt habe bei ihr damals den Ausschlag gegeben. Der Hut gilt als klassisches Kleidungsstück, der Haarschmuck, im Fachjargon Fascinator genannt, als modernes Pendant, bei dem der Fantasie freien Lauf gelassen wird. Entwurf und Produktion des Kopfschmucks mit Netz und Federn ist ebenso Bestandteil der dreijährigen Ausbildung zur Modistin wie die Fertigung des traditionellen Hutes als Kopfbedeckung. Dass sie ihren Beruf als Berufung versteht, beweist Charlotte 2011 mit ihrer Gesellenprüfung, aus der sie als dritte Bundessiegerin hervorgeht. Damit steht ihr ein Stipendium zur Weiterbildung zu, das sie zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung nutzt. Diese legt sie 2013 ab und gehört seitdem zu dem seltenen Handwerksberuf, den etwa 250 Modisten in ganz Deutschland innehaben. Ihr Portfolio hat die junge Frau noch während ihrer Ausbildungszeit um Theaterkreationen erweitert. In der Opernwerkstatt in Düsseldorf hat sie sich Anregungen aus dem Reich der Künste und der Fantasie geholt.

Text/Fotos: Edith Billigmann


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