Der AfD-Mann sagte: »Nazis rein!«
Daun / Düngenheim. Am Freitag, 25. August, hatte der Kreisverband Vulkaneifel der Alternative für Deutschland (AfD) zu einer Veranstaltung ins Dauner Forum eingeladen. Dort sollte die Bundestagsabgeordnete der AfD, Beatrix von Storch, einen Vortrag halten. Christian Stein (35), Grafik-Designer aus Düngenheim im Kreis Cochem-Zell, hatte einen anderen Plan: Er wollte den Auftritt im Vorfeld stoppen. Dazu steckte er sich einen Beutel, wie ihn sonst Hundebesitzer für die Entsorgung von Hundekot benutzen, in seine Jackentasche – gefüllt mit Kuhdung vom Bauernhof eines Freundes. »Es war mein Plan, die Frau von Storch um ein gemeinsames Handyfoto zu bitten und sie dann mit dem Kuhdung einzureiben.«
Vor dem Dauner Forum angekommen, habe ihn der Mut verlassen, angesichts der Gegendemonstration sei ihm »ganz schön die Muffe gegangen«. Dort hätten Hunderte Demonstranten gerufen: »Alle gemeinsam gegen den Faschismus« und »Nazis raus, Nazis raus«. Er sei mit »jemandem«, der seine Aktion im Forum filmen sollte, ganz am Rand der Demonstranten entlang zum Eingang gegangen und habe zu diesem gesagt, dass er sich erst drinnen entscheiden wolle, »ob ich das tatsächlich durchziehe«.
Was dazu geführt hat, dass er seinen Plan trotzdem umgesetzt hat? »Das war ganz klar der AfD-Mann, der uns die Tür zum Forum geöffnet hat. Während draußen die Gegendemonstranten riefen ‚Nazis raus‘, sagte der zu uns ‚Nazis rein! Kommt rein, kommt alle rein.‘« Das sei der finale Auslöser gewesen, da habe er beschlossen, den Plan umzusetzen, berichtet Stein dem WochenSpiegel.
Die Jacke mit dem Kotbeutel in der Tasche hatte er locker über den Unterarm gelegt, so ist er in den großen Veranstaltungsraum im Forum gegangen und hat die AfD-Prominente vor der Bühne um ein gemeinsames Foto gebeten: »Dann habe ich durch ein kleines Loch im Beutel den Kuhdung rausgequetscht und ihr das ganz be wusst auf den Bauch geschmiert. Dabei habe ich darauf geachtet, dass ich ihre Brust nicht berühre.«
Von Storch hat sich am Tag nach dem Kuhdung-Attentat in einem Video auf »X« (früher Twitter) zu den Geschehnissen in Daun geäußert und gesagt, den Gegnern ihrer Partei würden die Argumente ausgehen, weshalb sie Exkremente benutzen müssten. Die Liebe ihrer Partei zur Nation würde siegen, »so wie Liebe immer über den Hass siegt«. Das Video hat sich auch Stein angeschaut: »Das Wort Liebe aus dem Mund dieser Frau, die fordert, dass an der Grenze zu Deutschland Flüchtlinge erschossen werden, das ist völlig unglaubwürdig.« Er sei in keiner Partei, aber christlich erzogen worden: »Ich bin für Menschenrechte und damit gegen Rechtsextremismus. Es ging mir um diese rechtsextreme Partei, die aus meiner Sicht keine Macht bekommen darf.« Eine Absprache mit den Gegendemonstranten vor dem Dauner Forum habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Stein wird sich jetzt mit gleich zwei Anzeigen auseinandersetzen müssen: Von den Personenschützern wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und von der AfD-Frau wegen Beleidigung und potenzieller Körperverletzung. »Dass die Personenschützer in Zivil BKA-Beamte waren, wusste ich nicht. Ich bin ja quasi zur normalen Polizei geflüchtet. Dort habe ich keinen Widerstand geleistet.« Und was die Anzeige der AfD-Prominenten betreffe, da beziehe er sich »auf Artikel 20 des Grundgesetzes, mein Recht auf Widerstand«.