Mit »Flügel« sicher unterwegs
Dunkle Ecken, Drogengeschäfte, Bedrohungen, Überfälle, Stalking und Gewalt – diese Angstbegriffe verortet man am ehesten in größeren Städten. Aber auch in der ländlichen Region kommen diese Taten vor. Für manche Menschen sind Nachrichten darüber oder aber persönliche Erfahrungen auch im Kreis Vulkaneifel ein Grund, sich kaum mehr alleine aus dem Haus zu trauen. »Das sind auch viele ältere Menschen«, sagt Janin Theis aus Daun. Ebenso könnten plötzliche Panikattacken und lähmende Angstzustände dazu führen. »Eine Panikattacke im Supermarkt kommt von jetzt auf gleich«, weiß Janin Theis, die diese Erfahrungen als psychische Beraterin in Selbsthilfegruppen gemacht hat. Alleine in der Transgenderberatung hat sie rund 800 Menschen begleitet.
Für alle diese Menschen will sie eine Stütze im Alltag schaffen. Deshalb hat sie Anfang Mai den Verein »Weißer Flügel« im Landkreis Vulkaneifel gegründet. Der Verein ist ein Ableger des in Wien tätigen Vereins »Weißer Flügel«, der 2015 von Mario Schmitt gegründet wurde. »Wir kennen uns ganz gut«, sagt Janin Theis, die sich mit Schmitt zur Vereinsgründung beriet. Der »Weiße Flügel« möchte auch in der Vulkaneifel ehrenamtlich Begleitung anbieten. Und zwar kostenlos. »Ein Bodyguard würde 75 bis 150 Euro kosten. Das können sich die meisten Betroffenen nicht leisten«», so Janin Theis. Ob Begleitungen in Bus und Bahn, zum Einkauf, zum Arzt, beim Spaziergang, nach der Arbeit – die Ehrenamtler arbeiten nach dem Motto »Wir sind der Freund, den du anrufst, wenn du dich nicht alleine nach Hause traust«. Mit einem Codewort melden sich die ehrenamtlichen Begleiter an der Tür der zu Begleitenden. Es habe bereits erste Gespräche mit der Polizei in Daun und Wittlich gegeben, berichtet Janin Theis: »Die fanden das ganz toll und hat uns sogar angeboten, sich um unsere Ausbildung zur Selbstverteidigung zu kümmern.« Der »Weiße Flügel« kann in etlichen Fällen die Arbeit der Polizei ergänzen, etwa in der Begleitung von Stalkingopfern oder der Abwehr des Enkeltricks. Denn hier sind die Möglichkeiten der Polizei eingeschränkter als die des »Weißen Flügels«. Allerdings bewegt sich auch der ehrenamtlich agierende Verein natürlich innerhalb des Rahmen der Gesetze, wie Janin Theis betont.
Die Initiatorin ist von der Startphase des Vereins sehr begeistert. Innerhalb der ersten Woche stieg die Zahl der Mitglieder von drei auf acht. Auch eine Dolmetscherin ist mit im Boot. »Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins habe ich nur zwei Wochen gebraucht. Besser konnte es nicht laufen«, berichtet sie erfreut. Am 25. Mai wird Janin Theis den Verein erstmals bei der Sitzung des Ortsbeirats Daun-Gemünden vorstellen, der ab 18 Uhr im »Wirtshaus zu den Maaren« tagen wird. Sie hofft auf weitere solcher Gelegenheiten. »Mit zehn bis elf Begleitern wären wir erst einmal schon ganz gut bedient«, sagt sie. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Auch wer nicht aktiv begleiten möchte, kann Mitglied werden. »Wir werden unter anderem kostenlose Selbstverteidigungskurs anbieten. Das ist ein Beitrag zur allgemeinen Sicherheit«, kündigt sie an. Im Herbst soll zudem eine Jugendgruppe gegründet werden, in der Erste-Hilfe-Kurse angeboten werden, in der die Jugendlichen aber auch darin sensibilisiert werden sollen, wenn Gefahr droht. Auch der Umweltschutz wird bei den Treffen ein Thema sein. Wer sich für den Verein »Weißer Flügel« interessiert, kann sich beim 24-Stunden-Telefon von Janin Theis unter Tel. 06592/175 3301 melden.