Johannes Mager

So sieht Verkehrserziehung auf Eifeler Art aus

In Walsdorf heißt es für Temposünder: »Et jit net jerannt« Diese Mahnung hat Ortsbürgermeister Horst Well auf einer der Geschwindigkeitsanzeigetafeln des Ortes einprogrammiert.
Klare Ansage von Ortsbürgermeister Horst Well: »Et jit net jerannt« in Walsdorf.

Klare Ansage von Ortsbürgermeister Horst Well: »Et jit net jerannt« in Walsdorf.

Bild: Mager

Walsdorf. »Et jit net jerannt!« Wie oft hat Horst Well diesen Spruch in seinem Leben bereits gehört? Den Spruch kann man fast wörtlich mit »Es wird nicht gerannt« ins Hochdeutsche übersetzen. »Immer wenn wir früher zur ‚Musik‘ in anderen Orten gefahren sind, hat mein Vater das gesagt«, erzählt der Ortsbürgermeister von Walsdorf und Zilsdorf. Auch als er mit 15 Jahren zur Ausbildung nach Köln zog und am Wochenende mit der »Wäschetasche« nach Hause fuhr, gab der Vater seinem Filius die Mahnung vor der Rückfahrt in die Domstadt stets mit auf den Weg. Eine Mahnung, die im Well’schen Sprachschatz auch heute seinen festen Platz hat. »Ich sage das auch auch immer zu meiner Tochter«, verrät Horst Well. Und das scheinbar gar nicht so selten, denn kürzlich lag unter dem Weihnachtsbaum für ihn ein Pullover, der diesen Spruch trägt.
Ein Spruch, der unzähligen Eifelern ebenfalls bestens bekannt sein dürfte. Und er eignet sich bestens zur Verkehrserziehung auf Eifeler Art, findet Well. Die lange, gerade Kölner Straße verleitet etliche Auto- und auch Lkw-Fahrer dazu, das Gaspedal weiter runterzudrücken, als es die Straßenverkehrsordnung innerorts erlaubt. Deshalb hängt dort in beide Richtungen seit rund acht Jahren je eine Geschwindigkeitsanzeigetafel. Im Herbst 2020 tauschte Well die vorherigen Modelle aus. »Da mussten die Mitarbeiter der Gemeinde alle fünf Tage die Batterien auswechseln. Die neuen Geräte kann man an eine Laterne hängen und dort an den Strom anschließen. Wenn die Laterne angeht, lädt sich die Tafel auf«, erklärt er.

»Et jit net jerannt« und »Jut jemacht«

Während die alten Tafeln lediglich die Geschwindigkeit der passierenden Fahrzeuge anzeigten, blinkt den Fahrern auf den jetzigen Tafeln neben der Geschwindigkeit auch eine Botschaft entgegen – und die ist frei programmierbar. Was sollte nun da stehen? »Danke« bei angepasstem Tempo und »Zu schnell« bei Rasern? Zu langweilig! Da besann Well sich auf den Spruch seines Vaters. So mahnt die Tafel zu schnell Fahrende in Rot nicht nur mit der Anzeige ihrer Geschwindigkeit, sondern auch mit der Ansage »Et jit net jerannt« zu defensiverem Fahren. Brave Fahrer hingegen werden auf der Tafel mit dem höchsten Lob bedacht, zu dem der Eifeler fähig ist: »Jut jemacht!« Angezeigt wird die Eifeler Verkehrserziehung allerdings nur in Fahrtrichtung Hillesheim. »Ich hatte noch keine Muße, die andere Tafel zu programmieren. Das werde ich aber noch machen«, kündigt Horst Well an. Für die Kollegen im Gemeinderat kam die Wals­dorfer Sonderprogrammierung scheinbar wenig überraschend. »Die sagten: Typisch Horst«, berichtet Well.
Notwendig sind die mahnenden Tafeln durchaus, findet der Ortsbürgermeister. Besonders der Lkw-Verkehr habe in den vergangenen Jahren zugenommen. An die Geschwindigkeitsbegrenzung halten sich die Brummifahrer – ebenso wie Autofahrer – dabei laut Well nicht immer. In Zilsdorf hängen ebenfalls zwei dieser Tafeln. »Da brettert man auch durch, vor allem aus Richtung Stroheich«, weiß Well. Doch scheinbar veranlassen die blinkenden Mahnungen tatsächlich zum Bremsen. Vor einiger Zeit hatte sich die Polizei einige hundert Meter hinter dem Gerät zur Geschwindigkeitskontrolle postiert, wie Horst Well berichtet. Da ihr Streifenwagen in der dortigen Werkstatt neu foliert wurde, verbrachten die Beamten einige Zeit mit dieser Beschäftigung. Nach etlicher Zeit hatten sie gerade einmal zwei Temposünder hatten sie erwischt. Wer nun die Eifeler Verkehrserziehung einmal mit eigenen Augen sehen will, sei also gewarnt: Höchstens einmal ganz kurz und ganz knapp über das Limit (51 km/h reichen schon). Schließlich gilt: Et jit net jerannt!


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