

Ja, den Start in Bad Kreuznach habe er sich schon etwas anders vorgestellt, sagt Thomas Blechschmidt mit einem Augenzwinkern. Es ist Ende Dezember. Bald wird er sein Büro hier in der Ingelheimer Kreisverwaltung räumen. Die Kisten sind bereits gepackt. Auch der Schreibtisch kommt mit. Den hat er sich vor vielen Jahren selbst gekauft. Höhenverstellbar. Das ist besser für den Rücken. Den will der 56-Jährige Nieder-Olmer nach einer schweren Sportverletzung lieber schonen. Ein Bürgermeister, der mit eigenem Mobiliar anreist? Die Stadtverwaltung wird‘s freuen. »Direkt mal den Haushalt entlastet«, schmunzelt Blechschmidt.
Eigentlich hätte der Umzug ins Bad Kreuznacher Stadthaus schon im November über die Bühne gehen sollen. Doch aus der deutlichen Wahl im Juni entwickelte sich eine Hängepartie, die sich bis in den Herbst hinein ziehen sollte - denn Blechschmidts Amtsvorgänger und Gegenkandidat Wolfgang Heinrich hatte gegen die Wahl des CDU-Mannes geklagt. Erst am 18. November gab‘s Klarheit: Das Verwaltungsgericht wies Heinrichs Klage ab. Wenige Tage später wurde Blechschmidt im Stadtrat offiziell vereidigt.
»Das hat den Zeitplan natürlich einigermaßen durcheinandergewirbelt«, sagt Blechschmidt. Sein Nachfolger in der Ingelheimer Kreisverwaltung konnte nicht wie geplant eingearbeitet werden - viele Projekte, die eigentlich schon in die Amtszeit des »Neuen« fallen sollten, wickelt der Nieder-Olmer nun mit Hochdruck noch selbst ab. Ja, es hätte entspannter laufen können. Doch Groll hegt der 56-Jährige deshalb nicht. »Ich bin kein nachtragender Mensch«, sagt Blechschmidt. »Mein Angebot an die Fraktionen war ernst gemeint: Meine Tür steht jedem offen. Natürlich auch denen, die mich nicht gewählt haben. Das ist mein Verständnis von Demokratie.« Dass er sich von der monatelangen Hängepartie nicht hat entmutigen lassen, liegt an der Unterstützung seiner Frau - und vor allem auch an dem Vertrauen, dass man ihm durch die deutliche Wahl im Stadtrat geschenkt habe, sagt er. »Ich hätte ja auch Menschen enttäuscht, wenn ich einfach hingeschmissen hätte«, sagt Blechschmidt.
Dass er sich nun nach 13 Jahren in der Kreisverwaltung Mainz-Bingen auch mit einem weinenden Auge verabschiedet, liegt dennoch weniger am Holperstart ins neue Amt sondern vielmehr daran, dass ihm seine Abteilung sehr ans Herz gewachsen ist. Schwierige Projekte haben sie zusammen gestemmt, das schweißt zusammen.
Trotzdem freut sich Blechschmidt nun darauf, dass es nach der unerwarteten Verzögerung endlich losgeht. Als Gesprächspartner merkt man sofort: Der 56-Jährige sprüht vor Tatendrang. Anpacken, entwickeln, gestalten - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Vita des neuen Bürgermeisters: In der Kreisverwaltung Mainz-Bingen führte er die Doppik ein, übernahm später zusätzlich den IT-Bereich und brachte die Technik auf Vordermann. Schon zu seinen Zeiten in der VG-Verwaltung in Nieder-Olm programmierte er eigenhändig an der neuen Finanzsoftware mit.
Mit dem gleichen Elan will er sich nun auf die neue Aufgabe in Bad Kreuznach stürzen. Auch wenn ihm der Stadtrat mit der Ablehnung des Haushaltes gleich einen weiteren unerwarteten Stein in den Weg gelegt hat. »Ich dachte natürlich, ich hätte ein bisschen Zeit um anzukommen«, so Blechschmidt, »aber das Thema muss jetzt sofort mit meiner neuen Abteilung aufgearbeitet werden.« Denn ein genehmigungsfähiger Haushalt muss schleunigst her. »Wenn es wie im vergangenen Jahr bis in den Sommer dauert, bis der Haushalt genehmigt ist, bedeutet das bis dahin Stillstand«, warnt er.
Der neue Bürgermeister sieht nun vor allem die Ablehner in der Pflicht: »Sie müssen jetzt sagen, was ihnen nicht gefällt und konkrete Vorschläge machen.« Klar ist: Ein Konsens muss her - und zwar schnell. Die Chancen dafür seien gut, findet Blechschmidt. Der Haushalt habe schließlich auch viel Gutes. Bei den wenigen strittigen Punkten gehe es gemessen am Gesamtvolumen um kleine Beträge. »Da muss sich nun jeder selbst fragen, ob die Ablehnung um den Preis der Handlungsfähigkeit der Stadt wirklich angemessen war.«
Die Zusammenarbeit mit dem Bad Kreuznacher Stadtrat sei in der Tat eine spannende Aufgabe, sagt Blechschmidt. »Und zwar deshalb, weil es keine Koalitionen gibt«, betont er. Das kann, findet der 56-Jährige, den Freiraum dafür schaffen, dass es am Ende mehr um Sachargumente als um Parteizugehörigkeit geht. »Die fruchten natürlich auch nicht immer«, lacht er. »Aber wer mich kennt, weiß, dass ich auch sehr hartnäckig sein kann.« Am Ende sei er aber vor allem Demokrat: »Wenn eine Idee keine Mehrheit findet, muss man‘s eben mit der nächsten probieren. Das macht mich auch nicht gleich stumpf.« Und vielleicht, so hofft er, gelingt es ihm ja, »die Stadträte bei ihrer Kreuznacher Ehre zu packen.«