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Jörg Staiber

Cophunter-Prozess: Angeklagter wieder auf freiem Fuß

Idar-Oberstein. Milde fiel heute das Urteil in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Bad Kreuznach aus.
Der Angeklagte ist wieder auf freiem Fuß.

Der Angeklagte ist wieder auf freiem Fuß.

Bild: Jörg Staiber

Der Mord an zwei Polizeibeamten in der Nähe von Kusel im Februar vergangenen Jahres hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Doch offenbar nicht bei jedem: Ein heute 56-Jähriger hatte danach zunächst eine Droh- und Hassmail an die Polizeiinspektion Idar-Oberstein geschickt, in der er Polizisten wüst beschimpfte ("Pisspagen") und erklärte, aus dem Abschießen von Polizisten "sollte ein Sportwerden". Kurz darauf stellte er zwei Videos auf eine soziale Plattform im Internet, in denen er "Cophunting" als "neuen Sport" deklarierte und anbot, Polizisten in einen Hinterhalt zu locken und sie gegen ein Startgeld von 500 Euro für Interessierte zum Abschuss freizugeben. Einen von ihm arrangierten Abschuss eines Polizeihubschraubers bot er für 30.000 Euro an. Das Amtsgericht Idar-Oberstein verurteilte ihn im Mai vergangenen Jahres wegen öffentlichen Aufforderns zu Straftaten in Tateinheit mit Billigung von Straftaten und wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Sowohl der Angeklagte als auch die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz legten gegen das Urteil Berufung ein, die Berufungsverhandlung fand am Dienstag vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach statt.

Angeklagter wieder auf freiem Fuß

Nach einem "Rechtsgespräch" mit Richter Carsten Poetsch, Staatsanwalt Wahis Afschar und Pflichtverteidiger Hardy Hollinka einigte man sich darauf, dass auf die erneute Vernehmung von Zeugen verzichtet werden könne, da der Angeklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vollumfänglich einräumte und somit lediglich das Strafmaß zur Verhandlung stand. Das Schöffengericht folgte dem Antrag des Verteidigers und reduzierte die Strafe auf ein Jahr und drei Monate, ebenfalls ohne Bewährung. Verteidiger Hollinka argumentierte damit, dass der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, die Aufforderungen nur einem kleinen Personenkreis zugänglich waren und auch keine Folgen gehabt hätten. Zudem herrschten in der bislang verbüßten Untersuchungshaft wesentlich härtere Bedingungen als in der Strafhaft. Hinzu komme, dass sich inzwischen keine Einträge mehr im Bundeszentralregister befänden und der Angeklagte insofern als nicht vorbestraft gelte. Dem hielt der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft entgegen, dass die Teten gerade im Hinblick auf die unmittelbar zuvor verübten Polizistenmorde besonders schwerwiegend seien, sodass schon allein aus Gründen der Generalprävention weder eine Geldstrafe noch die Aussetzung der Strafe zur Bewährung in Frage kämen. Hinzu komme, dass auch die psychiatrische Gutachterin Dr. Anette Korte dem Angeklagten zwar gewisse emotionale Defizite attestiert habe, aber sie keine Hinweise auf eine beeinträchtigte Wahrnehmung und Steuerungsfähigkeit erkennen konnte. Der Staatsanwalt blieb allerdings mit seinem Strafantrag von einem Jahr und vier Monaten ohne Bewährung deutlich unter der in Idar-Oberstein verhängten Strafe und lag mit der Forderung auch nur einen Monat über der des Verteidigers. Da sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft den Verzicht auf eine Revision erklärten, wurde das Urteil noch im Gerichtssaal rechtskräftig. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde aufgehoben, da die Strafe durch die Dauer der Untersuchungshaft verbüßt war.


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