Idar-Oberstein / Bad Kreuznach. Verstörender Verhandlungsauftakt um den mutmaßlichen Tankstellen-Killer von Idar-Oberstein vor dem Landgericht Bad Kreuznach am Montagmorgen.
Direkt nach der Personalienfeststellung des mutmaßlichen Mörders Mario N. und der Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft, wurde das Verfahren zunächst unterbrochen. Grund: Eine neue Auswertung der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz konnte »aufgrund des hohen Datenvolumens« nicht rechtzeitig an alle Beteiligten, zum Beispiel die Anwälte, übermittelt werden.
Bei Alex' Mutter flossen die Tränen
Die Vorsitzende Richterin, Dr. Claudia Büch-Schmitz, empfahl der Verteidigung, dann doch eben in einer Pause die Akten »runterszuscrollen«... Inhaltlich geht es dabei nach WochenSpiegel-Informationen um Chatprotokolle, anhand deren das LKA untersuchte, ob N. möglicherweise in einschlägigen Gruppen von Corona-Maßnahmengegnern in sozialen Netzwerken zu der Tat angestiftet worden sein könnte. Während zuvor Oberstaatsanwältin Nicole Frohn die Liste der Vorwürfe vorlas, flossen bei der Mutter des getöteten Alex W. (20) die Tränen. Mehrfach tupfte sie mit einem Taschentuch ihre Augen ab, schüttelte leicht ihren Kopf, als der grausame Mord thematisiert wurde. Nun saß ihr keine zehn Meter entfernt der mutmaßliche Killer gegenüber. Der gab sich anfangs recht jovial. Aufgrund der Lichtverhältnisse könne er die Richterin durch die Plexiglasscheibe nicht sehen, so dass sie Jalousien heruntergelassen wurden. Als Büch-Schmitz erklärte, man sei ja den ganzen Tag in dem Raum zusammen, könne man - etwa bei gesundheitlichen Problemen - den Mund-Nasenschutz abnehmen, machte als erster der Angeklagte davon Gebrauch. Vor Gericht steht N., weil er die Corona-Schutzmaßnahmen nicht akzeptiert habe und daher vor einem halben Jahr Tankstellen-Mitabeiter Alex W. erschossen haben soll, weil er ihn auf das Tragen der Maske hingewiesen haben soll. Der IT-Fachmann soll am 18. September 2021 in der Aral-Tankstelle in der Hauptstraße zwei Six-Packs Bier habe kaufen wollen, als ihn der Kassierer gebeten haben soll, eine Maske zu tragen. Danach soll der 50-Jährige unverrichter Dinge die Lokalität verlassen und sich in einer anderen Tankstelle mit Getränken versorgt haben. Wieder zuhause angekommen, soll er sich derart über das Verhalten des Mitarbeiters sowie die Coronaschutzmaßnahmen insgesamt geärgert haben, dass er erneut zur Aral gefahren sein soll, an der Kasse provokativ die Maske runtergezogen und seinem Opfer unvermittelt ins Gesicht geschossen haben soll. Alex W. war sofort tot, so die Staatsanwaltschaft. N. hatte sich nach kurzer Flucht damals der Polizei gestellt und die Vorwürfe weitgehend eingeräumt.
Zwölf weitere Verhandlungstage anberaumt
Zwölf weitere Verhandlungstermine sind vor dem Landgericht anberaumt. Zur Prozesseröffnung war die Schlange vor dem Gebäude lang. Besucher und Medienvertreter mussten sich vor dem Einlass lange gedulden, denn strenge Sicherheitskontrollen waren unerlässlich. Nach der Pause wollte die Verteidigung für N. antworten und ein psychiatrischer Gutachter eine Einschätzung über den Angeklagten abgeben.