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"Unterstützung der Unternehmen erstrangige Aufgabe"

Wir sprachen mit dem Cochem-Zeller Landrat Manfred Schnur über die aktuelle Corona-Entwicklung, die Folgen für die lokale Wirtschaft und das enorme Engagement des Ehrenamtes.
Landrat Manfred Schnur (Mitte) leitet den Einsatz im Kreis Cochem-Zell im Kampf gegen das Coronavirus.Foto: Archiv/Zender

Landrat Manfred Schnur (Mitte) leitet den Einsatz im Kreis Cochem-Zell im Kampf gegen das Coronavirus.Foto: Archiv/Zender

WochenSpiegel: Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie in unserem Landkreis? Landrat Manfred Schnur: Vor über zwei Wochen gab es die ersten Corona-Fälle in unserem Landkreis. Bis zum jetzigen Zeitpunkt liegen uns 100 positive Testergebnisse vor. Die vergleichsweise hohen Fallzahlen sind darauf zurück zu führen, dass einige Skigruppen Mitte März aus Österreich in den Landkreis zurückgekehrt sind. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine umfangreichen Einschränkungen zur Bewegungsfreiheit. Die Fallzahlen steigen bundesweit weiterhin an. Daher gehe ich davon aus, dass auch die Zahl positiv getesteter Personen im Landkreis zunächst noch deutlich zunehmen wird. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Testungen zugenommen hat. Ich kann Ihnen aber auch versichern, dass wir hierauf gut vorbereitet sind und dies in jeglicher Hinsicht auch bewältigen können.Erfreulich ist, dass derzeit 34 Personen bereits als genesen gelten.

WochenSpiegel: Die Kreisverwaltung ist vom Coronavirus ebenfalls betroffen. Drei Mitarbeiter sind infiziert, die Büros größtenteils für den Publikumsverkehr geschlossen. Wie ist hier der Sachstand?

Landrat Manfred Schnur: Zur Vermeidung eines erhöhten Infektionsrisikos sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Bürgerinnen und Bürger ist die Verwaltung bis auf weiteres für den Besucherverkehr geschlossen. Aufgrund der deutlichen Aufgabenmehrung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde ein Sonderbereich "Corona" gebildet in dem insgesamt 60 Mitarbeiter eingesetzt sind. Durch die Personalaufstockung wird eine durchgehende Besetzung an 7 Tagen in der Woche gewährleistet. Durch die Konzentration auf die Corona-Bekämpfung können die übrigen Fachbereiche derzeit nicht voll besetzt sein.Trotz dieses "Kraftakts" wird versucht, dringend erforderliche Verwaltungsaufgaben und Dienstleistungen zu erledigen. Für unaufschiebbare Besuche ist ein Notdienst eingerichtet. Auch für die Kfz-Zulassung haben wir einen Weg gefunden, dass Zulassungen erfolgen können. Termine für Vorsprachen können über die Behördennummer 115 vereinbart werden. Die Quarantäne für die betroffenen Mitarbeiter der Kreisverwaltung wurde zwischenzeitlich beendet; eine weitergehende Ausbreitung des Virus im Haus konnte vermieden werden. Dennoch gelten weiterhin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus erhöhte Maßnahmen zum Infektionsschutz. So wird die personelle Besetzung vor Ort auf ein Mindestmaß beschränkt. Über eine deutliche Ausweitung der Telearbeit kann aber im Ergebnis eine Vollbeschäftigung gewährleistet werden.

WochenSpiegel: Seit mehr als zwei Wochen betreibt der Kreis die Corona-Teststation auf dem Parkplatz der Kreisverwaltung. Wie sind die Erfahrungen?

Landrat Manfred Schnur: Dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Hilfsorganisationen, konnten wir die Teststation innerhalb kürzester Zeit (2 Tage) in Betrieb nehmen. Mit der Einrichtung der Teststation konnten die niedergelassenen Hausärzte entlastet und das Infektionsrisiko in den Praxen minimiert werden. Zudem konnte die Testquote erheblich gesteigert werden. Bis einschließlich heute (Montag, 30.03.2020) wurden insgesamt 683 Personen auf das Coronavirus in der Teststation getestet. Obwohl eine solche Teststation für alle Beteiligten eine völlig neue Aufgabe war, ist es gelungen, innerhalb sehr kurzer Zeit einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

WochenSpiegel: In der vergangenen Woche wurden Vorwürfe laut, dass die Kreisverwaltung Cochem-Zell, nachdem es am ersten Tag der Teststation zu falschen Messungen gekommen war, nicht alle am ersten Tag getesteten Personen erneut zum Test aufgefordert hat. Können Sie uns dies erklären?

Landrat Manfred Schnur: Da die Testung in der Teststation auf Überweisung der niedergelassenen Hausärzte erfolgt, liegen der Kreisverwaltung (auch aus Datenschutzgründen) keine Daten über die getesteten Personen vor. Das Labor teilt dem Gesundheitsamt derzeit lediglich die positiv getesteten Fälle mit. Daher war und ist es der Kreisverwaltung nicht möglich, die einzelnen Personen, die in der Teststation getestet wurden, zu kontaktieren.Die Hausärzte wurden jedoch durch das Gesundheitsamt informiert. Die Entscheidung über eine erneute Testung bleibt den Ärzten vorbehalten.Zudem wurde im Wege der Öffentlichkeitsarbeit den potenziell Betroffenen die Möglichkeit einer erneuten Testung angeboten.

WochenSpiegel:
Welche Auswirkungen werden die Folgen für unsere heimische Wirtschaft haben?

Landrat Manfred Schnur: Die Unternehmen im Landkreis Cochem-Zell werden von der Corona-Krise voraussichtlich überdurchschnittlich hart betroffen sein. Dies ist insbesondere der monostrukturierten Wirtschaftsstruktur mit deutlicher Dominanz des Tourismussektors geschuldet, der bereits jetzt sehr stark unter den Restriktionen und der Einstellung der touristischen Übernachtungsangebote leidet. Auch ist nicht abzusehen, wie die Menschen nach dem Ende der Krise ihr Urlaubsverhalten gestalten. Um diese Krise zu bewältigen sind alle gefordert. Mit den hauptamtlichen Bürgermeistern stehe ich im ständigen Austausch und wir beraten über mögliche Lösungsansätze. Alle Beteiligten sind sich einig, dass in der jetzigen Situation der Zusammenhalt und die Unterstützung der heimischen Unternehmen eine gemeinsame und erstrangige Aufgabe ist und die Kräfte in der Wirtschaftsförderung hierzu gebündelt werden sollten. Alle Hilfestellungen, die wir geben können, werden wir leisten. Bis zum Beginn der Corona-Krise war die Stärkung der heimischen Wirtschaft in Zeiten des demografischen Wandels mit der "Fachkräftesicherung" das Haupthandlungsfeld. Je nach Verlauf der weiteren Entwicklung muss die Zielsetzung nach Beendigung der Krise angepasst werden. Hier wird höchstwahrscheinlich die "Existenzsicherung bestehender Betriebe" als neue Aufgabe erwachsen.

WochenSpiegel: In diesen Zeiten stellen wir neben den besorgniserregenden Auswirkungen der Pandemie auch fest, dass wir uns auf unser Ehrenamt verlassen können. Zahlreiche Helferinnen und Helfer sind unentwegt im Einsatz. könnten wir diese Krise ohne das Ehrenamt "meistern"?

Landrat Manfred Schnur: Auf das Ehrenamt im Landkreis Cochem-Zell ist Verlass. Dies hat nicht zuletzt die Flüchtlingskrise im Jahr 2015 gezeigt. Auch in der jetzigen Situation spielt das Ehrenamt eine wichtige Rolle. Hierfür gibt es viele Beispiele. Neben dem Betreiben der Teststation sind hier insbesondere die Ehrenamtsinitiativen auf Ortsgemeindeebene zu nennen. Das Engagement, was hier im Rahmen von Nachbarschaftshilfen geleistet wird, ist vorbildlich - sicherlich ein positives Zeichen aus der Krise. Mein herzlicher Dank gilt allen ehrenamtlichen Helfern und Privatpersonen, die sich in dieser Zeit für das Wohl anderer einsetzen. Auf solche Menschen und solche Aktionen bin ich stolz.

Das Interview führte Mario Zender.

Update: Mittlerweile gibt es 115 Corna-Fälle im Kreis Cochem-Zell, davon gelten 57 Infizierte als genesen (Stand: 2.4.2020).


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