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Svenja Pees

Gisela Rösch: Wenn das Leben eine Zugfahrt wäre...

Eine von Gewalt geprägte Ehe, drei Krebserkrankungen und ein Autounfall, der sie fast umgebracht hätte ? Gisela Rösch hat in ihrem Leben das "komplette Programm" gehabt, wie sie selbst sagt. Den Schmerz, den Frust und auch den Kummer hat sich die Autorin aus der Nähe von Trier in ihrer Autobiographie "Zugfahrt" von der Seele geschrieben. Ihr Erstlinkswerk hat aber nicht nur der Autorin geholfen ihre Gefühle zu verarbeiten, sondern enthält auch eine klare Botschaft für die Leser.

Ihre Autobiographie nennt Gisela Rösch liebevoll "ihr Baby", zeitglich spricht die Autorin aber auch von "ihrem Mülleimer", in den sie alles abgeladen hat. Den Titel "Zugfahrt" hat sie bewusst gewählt. Denn wenn das Leben eine Zugfahrt ist, dann hat Gisela Rösch bereits an einem frühen Punkt in ihrem Leben unfreiwillig im falschen Zug gesessen und hat diesen am falschen Bahnhof verlassen.  Ihre Kindheit war von müttlericher Seite geprägt von Schlägen und Gewalt. Mit 16 heiratete sie zum ersten Mal. "Die Ehe ist nicht einfach gewesen", sagt Gisela Rösch heute. Ihr Exmann schlug sie regelmäßig ? manchmal so schlimm, dass sie im Krankenhaus versorgt werden musste. "Ich war sehr lange bei ihm, weil ich es nicht geschafft von ihm weg zu kommen, obwohl ich es oft versucht habe." In dieser Ehe entstand ihr ältester Sohn, der heute 32 Jahre alt ist. Als ihr Exmann auch gegenüber dem gemeinsamen Sohn handgreiflich wurde, fand sie die Kraft ihn zu verlassen. Auf drei gescheiterte Ehen folgten drei Krebserkrankungen Ihr zweiter Ehemann, mit dem sie zwei Söhne hat (26 und 19 Jahre) betrog sie mit ihrer eigenen Schwester. "Die Ehe endete damit, dass ich mit drei kleinen Kindern, einem Schäferhund und einem Kanarienvogel in ein Obdachlosenheim musste", sagt sie. Ein Jahr lebte sie dort, weil es nicht anders ging.  "Da ich aber eine Wiederholungstäterin bin, gab es noch einen dritten Ehemann", lacht die Autorin bitter. "Er war ständig auf Montage und hatte überall Frauen. Ich habe meine Koffer gepackt und bin gegangen." Seit 2001 ist sie allein. Schlimm findet sie das nicht. Nach den drei gescheiterten Ehen folgten drei Krebserkrankungen. Die erste wurde 2005 diagnostiziert.  Mittlerweile ist Gisela Rösch krebsfrei. "Als Harry Potter damals raus kam, habe ich gesagt, ich schreibe Harry Potter 2 ? aber aus dem wahren Leben", erzählt Rösch mit ironischem Unterton. Persönliche Einblicke zu gewähren, war nicht einfach 1962 wurde sie an der Mosel geboren. Sie absolvierte eine Lehre als Verkäuferin, bevor sie in den Gastronomiebereich wechselte, in dem sie bis heute tätig ist. "Es war nicht so, dass ich das mit dem Buchschreiben wirklich vorhatte. Es hat sich so ergeben, weil ich wegen meiner Erkrankungen zuhause war und nicht raus durfte. Mir war langweilig. Ich saß auf meiner Terrasse und sagte mir 'jetzt mache ich es'. Ich habe in meinem Leben schon das ganze Programm durch. Ich habe mir gedacht, du hast schon soviel geschafft, das schaffst du jetzt auch noch." Das war 2010. Zwei Jahre schrieb Gisela Rösch an ihrer Lebensgeschichte. "Teilweise musste ich unterbrechen, weil ich nicht mehr konnte, da es hat mich belastet hat", sagt sie. Einfach, soviel Intimes von ihrem Leben preis zu geben, war es für die 51-Jährige nicht. Unterstützung bekam sie aber von ihren Söhnen. "Meine Kinder haben hinter mir gestanden. Wenn ich die Einblicke nicht gewährt hätte, hätte es nichts gebracht." Botschaft des Buches: "Geh!" Um den kommerziellen Erfolg des Buches geht es der Autorin nicht, sie möchte andere erreichen und Mut machen. "Menschen, die sich in Situationen befinden, in denen Gewalt präsent ist ? egal ob körperlich oder psychisch-,sollten in diesen nicht ausharren. Die Botschaft des Buches lautet 'geh!' ", erklärt Rösch. Entsprechend hofft die gebürtige Moselanerin, dass sich viele Menschen von ihrer Autobiographie angesprochen fühlen und "mit dem Zug weiter fahren". Über sich selbst sagt Gisela Rösch, dass sie mittlerweile angekommen ist. "Ich fühle mich gut und genieße mein Leben." In ihrer Autobiographie schreibt sie aber nicht nur über Kummer und Schmerz, sondern auch über berührende und ergreifende Begebenheit in ihrem Leben. "Ich hatte vor Jahren einen schweren Autounfall und lag nachts schwerverletzt im Wald", erzählt die Autorin. Sie wurde von einem Mann gefunden, der gerade einen nächtlichen Spaziergang unternahm. Gesehen hat sie ihn nicht, nur gehört. Elf Jahre lang suchte Gisela Rösch ihren Lebensretter. Durch Zufall begegnete sie ihm auf ihrer damaligen Arbeitsstelle ? einem Restaurant - wieder. "Ich habe ihn direkt an seiner Stimmer erkannt und ihn umarmt", erzählt Gisele Rösch. Noch heute ist sie sichtlich bewegt, wenn sie an das Erlebnis denkt. "Es rührt mich zu Tränen, wenn ich darüber rede." Was Panikattacken aus einem Menschen machen können... Ihr zweites Buch, das den Titel "Panikattacken ? der Nebel in meinem Kopf" trägt, soll nächstes Jahr erscheinen. In dem Werk berichtet die Autorin über ihre Panikattacken, die zusammen mit ihrer dritten Krebserkrankung aufkamen. "Ich glaube, dass es sich alles hochgeschaukelt hat durch den ganzen Stress. Ich habe damals bis zum Umfallen gearbeitet." Mit dem Buch möchte sie einen Einblick in die Krankheit geben und zeigen, was diese aus einem Menschen machen und wohin sie ihn bringen kann. Nach Ausbruch der Panikattacken änderte Gisela Rösch etwas in ihrem Leben. Sie gab ihren alten, stressigen Job auf und arbeitet mittlerweile im Trierer Theater. "Ich bin hier absolut zufrieden", sagt die 51-Jährige, die in ihrer Freizeit gerne mit ihrem Windhund "Filou" spazieren geht oder mit ihm zusammen in Urlaub fährt.  Der WochenSpiegel verlost Exemplare der Autobiographie von Gisela Rösch. Zum Gewinnspiel geht es hier. Fotos: Pees


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