Claudia Neumann

Symbolische Last: Wertende Darstellung von Kirche und Judentum im Fokus

Trier. Sanierung des Westportals der Liebfrauen-Basilika Trier gibt Anstoß zur Auseinandersetzung mit einem umstrittenen mittelalterlichen Figurenpaar

Westportal von Liebfrauen mit den Figuren Ecclesia und Synagoge (außen)

Westportal von Liebfrauen mit den Figuren Ecclesia und Synagoge (außen)

Bild: Wiki Commons

Figurenentnahme markiert Beginn der Sanierung

Am Montag, 12. Mai, beginnt ab 8 Uhr die Entnahme der sechs Figuren, die das Portal der Trierer Liebfrauen-Basilika neben dem Dom schmücken. Wenige Tage später wird ein Bauzaun das Areal absichern, um die anstehenden Bauarbeiten zu ermöglichen.

Die Maßnahmen markieren den Startpunkt einer Sanierung der Westfassade. Zunächst steht die konservatorische Sicherung und Sanierung des historischen Bestands im Mittelpunkt.

Ecclesia und Synagoge: Ein mittelalterliches Erbe

Nach Abschluss der baulichen Maßnahmen wird in einem zweiten Schritt über die Zukunft des Figurenprogramms entschieden – insbesondere über die Darstellung der allegorischen Figuren „Ecclesia“ und „Synagoge“.

Wie in vielen gotischen Kirchen zeigen die Figuren des Portals die allegorische Gegenüberstellung von Kirche und Judentum: einer triumphierenden Ecclesia steht eine blinde und gescheiterte Synagoge gegenüber. Diese Darstellung steht sinnbildlich für eine lange Geschichte christlicher Herabwürdigung des Judentums.

Obwohl die katholische Kirche heute die Juden als ihre „älteren Geschwister“ ehrt – eine Formulierung, die auf Papst Johannes Paul II. zurückgeht –, bleiben die historischen Spuren von Pogromen und antisemitischer Gewalt auch in Trier Teil des kollektiven Gedächtnisses.

Vortragsreihe zur Aufarbeitung des Figurenprogramms

Im Vorfeld der geplanten Entscheidung über den weiteren Umgang mit den beiden problematischen Figuren hat die Pfarrei Liebfrauen eine siebenteilige Vortragsreihe unter dem Titel „Darüber müssen wir reden“ veranstaltet. Ziel war es, das historische Erbe aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und Verantwortung im christlich-jüdischen Verhältnis wahrzunehmen.

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und erhält finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Bistum Trier sowie die Manfred und Christa May Stiftung.

Unter https://liebfrauen-trier.de/unsere-kirchen/kirche-liebfrauenbasilika/westportal/ wird regelmäßig über den Fortgang des Projektes informiert.


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