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Es war einmal... Gertrud Schloss

Ein Leben als Jüdin, Lesbe, Sozialdemokratin, Feministin, Europäerin und Intellektuelle zu Zeiten des aufkommenden Nationalsozialismus? Welche spannende Persönlichkeit hinter Getrud Schloss steckt, klären wir heute in unserer beliebten Reihe "Es war einmal...".

In der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober 1941 sieht Gertrud Schloss zum letzten Mal ihre Heimatstadt Trier. Hier wird sie am 18. Januar 1899 geboren und wächst in einer alteingesessenen jüdischen Fabrikantenfamilie, die in der Saarstraße 31 Herren- und Knabenkonfektionsware herstellt, auf. Nach ihrem Philosophiestudium und ihrer Promotion in Heidelberg kehrt sie 1923 nach Trier zurück. Engagiert in der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit", veröffentlicht sie 1924 ihren ersten Artikel für die "Volkswacht". Regelmäßig veröffentlichte politische Leitartikel, Theater- und Konzertrezensionen und Vorträge vor der SPD-Frauenorganisation zeigen Wirkung: 1926 wird sie zur Vorsitzenden der Theatergemeinde "Freie Volksbühne" gewählt.

Liebeslyrik und Theaterstück

Mit der Veröffentlichung ihres Gedichtbands "Begegnungen", der an Frauen gerichtete Liebeslyrik enthält, macht sie auf sich aufmerksam. Ihr erstes Theaterstück "Ahasver" wird 1928 am Trierer Stadttheater aufgeführt. Mit der Gestalt des ewig heimatlos wandernden Juden trifft sie genau den Nerv der Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus und begeistert damit ihr Publikum. Auch vor der Veröffentlichung satirischer Spottgedichte auf die Nazis scheut sie 1931/32 in der "Volkswacht" nicht zurück.

Flucht aus der Heimat

Die Machtübernahme durch die Nazis macht ihr ein Leben in Trier dann aber unmöglich. Sie zieht nach Frankfurt/Main, wo sie unter dem Namen Mary Eck-Troll bis 1939 lebt. Als ihr Ausreiseantrag nach Luxemburg genehmigt wird, zieht sie für kurze Zeit in das kleine Dorf Walferdingen. Aber auch hier ist sie nur vorübergehend in Sicherheit. Im Mai 1940 erlebt sie gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Bruder den Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Über ein Jahr später wird sie mit ihrem Bruder zusammen nach Lodz ("Litzmannstadt") im besetzten Polen deportiert. Vermutlich zwischen Januar und Mai 1945 wird sie im KZ Chelmno ("Kulmhof") – wahrscheinlich in einem Gaswagen – ermordet.

Gedenken noch heute

1985 veröffentlichte die "Édition Trévès" ihren Gedichtband "Begegnungen". 1990 benannte die Stadt Trier eine Straße in Feyen nach ihr und 57 Jahre nach Gertrud Schloss’ Tod gedenkt ihr die Autorin und Regisseurin Jutta Schubert mit ihrem Theaterstück "Des Teufels Komödiant" am Theater Trier in der Reihe "Trierer Persönlichkeiten". Inzwischen erinnert auch in der Trierer Saarstraße 31/32 ein Stolperstein an Gertrud Schloss. Quelle: "StattFührer. Trier im Nationalsozialismus", Hrsg. von Thomas Zuche.

Stolpersteine

Sogenannte Stolpersteine sind in den Gehweg eingelassene kleine Gedenktafeln. Sie erinnern an das Schicksal von Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Weitere Infos gibt es hier. HS


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