Zehn Jahre ist es her, dass die geburtshilfliche Station in St. Brigida vor dem Aus stand. Und das ganze Simmerather Krankenhaus gleich mit. Ganz so dramatisch ist es nun nicht, aber für Ende Mai haben drei Beleghebammen ihre geburtshilfliche Begleitung aufgekündigt. Und wenn der gesetzlich vorgeschriebene Rufdienst nicht aufrecht erhalten werden kann, wird es keine Geburten mehr in der Eifelklinik geben.
"Wir sind an unserer physischen und psychischen Leistungsgrenze, eher schon darüber hinaus." Drastische Worte findet Kathrin Weinert für ihren Entschluss, den Rufdienst für die geburtshilfliche Station in der Eifelklinik St. Brigida zu beenden. Und damit steht sie keineswegs alleine - die Entscheidung ist gemeinschaftlich in der Hebammenpraxis "Rundum" gefallen, der auch Andrea Victor und Vera Foerster sowie Sabine Wirtz und Laura Graf angehören. Weinert, Victor und Foerster betreuen die werdenden Eltern auch bei der Entbindung in der Eifelklinik, Wirtz und Graf widmen sich ausschließlich der Vor- und Nachsorge - als prä- und postnatale Versorgung von Müttern bezeichnet.
Dabei war in der Vergangenheit eigentlich nur Positives von der geburtshilflichen Station in Simmerath zu hören. Die Geburtenzahlen stiegen stetig, mit Dr. Wilhelm Jost, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, konnte die Lücke, die durch den Ruhestand von Dr. Sohr entstanden war, neben Dr. med. Andreas Cousin personell wieder stabilisiert werden. "Umso überraschter waren wir, als uns Ende März alle an der Klinik tätigen Hebammen – von einer Vertreterin abgesehen – mitteilten, dass sie ab dem 1. Mai 2018 nur noch für die prä- und postnatale Versorgung von Müttern, nicht mehr jedoch die geburtshilfliche Begleitung im Klinikrahmen zur Verfügung stehen könnten", erklärt Geschäftsführer Dr. Benjamin Behar. Nach ersten Gesprächen ist die Betreuung werdender Mütter und ihrer Neugeborenen durch das bestehende Hebammen-Team nun bis Ende Mai gesichert.
Mehr Geburten, weniger Hebammen
"Dass die Geburten in der Eifel steigen und immer mehr Frauen uns ihr Vertrauen schenken, ist toll", versichert Hebamme Andrea Victor. "Aber das Team ist einfach nicht größer geworden." Daher sei die Kündigung des Rufdienstes, den ein Krankenhaus gesetzlich verpflichtend für werdenden Mütter, die ohne Begleitung einer Hebamme in die Klinik kommen, vorhalten muss, keineswegs eine Kurzschlussreaktion. Das große Problem ist aus Sicht der Hebammen, dass immer mehr Frauen ohne Hebamme zur Entbindung nach Simmerath kommen. "Vor zehn Jahren waren es vielleicht zehn Frauen im Jahr, jetzt sind es über 100", rechnet Victor vor. Denn viele Hebammen beschränkten sich auf die Vor- und Nachsorge. Das müsse das Team der Beleghebammen in der Eifelklinik auffangen.
"Wir haben Ende 2016 erstmals gesagt, dass sich etwas ändern muss und wir so nicht weiter machen können", erinnert sich Vera Foerster. Aber Hebammen seien rar gesät und gerade das finanzielle Risiko, dass eine Beleghebamme auf sich nehme, schrecke ab. Die stetig steigende Haftpflichtversicherung (aktuell 8.500 Euro jährlich) sei nur ein Faktor.
Schnell bewerben
"Wir arbeiten mit Leibeskräften daran, dass es sich hier nur um einen vorübergehenden Status handelt", so Dr. Benjamin Behar. "Deshalb an dieser Stelle unser dringender Aufruf an Sie alle: Sie sind Hebamme? Dann bewerben Sie sich! Sie haben eine Hebamme im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis? Dann bitten Sie sie, in der Eifelklinik St. Brigida vorstellig zu werden! Denn nur bei einer ausreichenden und baldigen Bewerberlage kann es uns gemeinsam gelingen, die Geburtshilfe in Simmerath wieder zukunftssicher zu gestalten", stellt Chefarzt Dr. med. Andreas Cousin klar.
Alle werdenden Mütter, die die Geburt ihres Kindes bereits für Juni und darüber hinaus in der Eifelklinik St. Brigida angemeldet haben, werden in den nächsten Tagen persönlich aus der Abteilung heraus kontaktiert und beraten. Die ärztliche Versorgung von Müttern mit elektiven Kaiserschnitten oder notfallmäßigen Spontangeburten werden in Simmerath weiterhin sichergestellt. "Gleichsam sind wir derzeit dabei, mit anderen Kliniken der Umgebung alternative Versorgungsmöglichkeiten für werdende Mütter der Region auszuarbeiten", zeigt Behar auf, dass man nicht untätig ist.
Schließung will niemand
"Politisch sind große Kompetenzzentren gewollt. Dass die Artemed die Geburtshilfe aufrecht erhält, ist ihr hoch anzurechnen", so Laura Graf. Jedoch gebe es einfach zu wenig Hebammen, um einen verantwortungsvollen Dienst an Mutter und werdendem Leben tun zu können. "Es geht schließlich um zwei Menschenleben", so Weinert.
In einem sind sich die Verantwortlichen der Eifelklinik und die Beleghebammen einig: Die Geburtshilfe in Simmerath schließen will niemand. "Wir geben alles, um neue Hebammen zu gewinnen und mit ihnen den normalen und stabilen Weiterbetrieb der Geburtshilfe der Eifelklinik St. Brigida zu sichern", heißt es in einem offenen Brief der Eifelklinik. Doch die Zeit läuft...