Thomas Förster

Kirchturmdenken ist Vergangenheit

Simmerath. Glauben ist nicht an einen festen Ort gebunden. Das weiß jeder, der sich für das Christentum einsetzt oder in der Kirche engagiert. »Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Menschen, nicht die der Institution«, unterstreicht das Bistum Aachen und macht den Weg frei, um Kirche am und vor Ort wirksam lebendig zu gestalten. Dafür wird auch mit Altbewährtem gebrochen. »Wie Kirche vor Ort aussieht, entscheiden die Gläubigen selbst«, erklärt Pfarrer Michael Stoffels.

Simmerath/Nordeifel (Fö). Kräfte bündeln, um Sozialräume zu sichern, ist in der Kirche nichts Neues. Gab es in den 1990er Jahren noch fast flächendeckend eigenständige Pfarrgemeinden und in jedem Ort einen Pfarrer, so steht Michael Stoffels der Gemeinschaft der Gemeinden Selige Helena Stollenwerk Simmerath schon viele Jahre als verantwortlicher Seelsorger vor. Seit Anfang des Jahres heißt dieses »Pastoraler Raum«, ist in seiner Struktur aber gleich geblieben. Gleiches gilt auch für die pastoralen Räume in Monschau und Roetgen, das der so genannten »Himmelsleiter« angeschlossen ist mit Pfarren im Aachener Süden. Insgesamt wurden aus 71 Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) 44 Pastorale Räume.

In einem nächsten Schritt werden bis 2028 die Pfarrgemeinden innerhalb der pastoralen Räume fusionieren. Im Pastoralen Raum Simmerath ist dies schon beschlossene Sache: So wird es ab 2026 nur noch einen Kirchenvorstand und ein Rat des Pastoralen Raumes geben. Aus jeder bisherigen Gemeinde werden jeweils zwei Personen in den Kirchenvorstand bzw. in den Rat des Pastoralen Raumes gewählt. Die bisherigen Pfarren heißen zukünftig »Orte von Kirche«. In diesen kann es zur Bildung von Ausschüssen kommen, die die Aufgaben der bisherigen Kirchenvorstände und der Pfarreiräte übernehmen. »Es wird also weiterhin vor Ort entschieden, wie das kirchliche Leben aussehen soll und hängt maßgeblich vom ehrenamtlichen Einsatz der Gläubigen auf den Dörfern ab«, unterstreicht Stoffels. Die Ausschüsse können sich offen bilden, sich aber auch per Wahl legitimieren lassen.

Kirchenvermögen bleibt vor Ort

Im pastoralen Raum Simmeraths werde diese Vorgabe des Bistums im Prinzip schon lange gelebt. »Wir machen Dinge gemeinsam, versuchen aber auch durch Engagement vor Ort die Kirche im Dorf lebendig zu halten«, versichert der Pfarrer. Das Fronleichnams-Fest am Rursee sei etwa ein Beispiel, wie man über Kirchtürme hinweg den Glauben leben könne.

Die Kirchen behalten auch künftig ihre finanzielle Eigenständigkeit - die stiftungsähnlichen (Kirchen-)Fabrikfonds mit ihrem zweckgebundenen Vermögen bleiben den örtlichen Gemeinden erhalten. Diese werden grundsätzlich vom Kirchenvorstand gesondert verwaltet, können aber auch durch einen vom Kirchenvorstand eingesetzten Ortsausschuss eigenständig verwaltet werden. Dementsprechend bleiben auch nach Aufhebung der Pfarrei die Kirchengebäude erhalten. Diese und weitere pastoral genutzte Immobilien sind jedoch Teil eines für den gesamten Pastoralen Raum zu erstellendes Immobilienkonzept, das finanziell tragfähig sein muss. »Die Ideen kommen aus den Dörfern, die Entscheidungen werden dann gemeinschaftlich gefällt«, führt Stoffels aus. Im künftigen Rat des pastoralen Raumes wird informiert, beraten und soweit wie möglich entschieden – unter anderem über die Gottesdienstordnung, die weitere Nutzung der kirchlichen Gebäude, das Pastoralkonzept, die ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit oder die Verantwortung für den Dienst am Nächsten.

Auch ein synodales Leitungsteam soll es künftig im pastoralen Raum geben. Diesem gehören im Simmerather Beispiel neben Pfarrer Stoffels, Gemeindereferent Sven Riehn und einem hauptamtlichen Koordinator zwei Ehrenamtler an, die es noch zu suchen gilt.

»Was aber viel wichtiger ist als die strukturellen Veränderungen, ist die Überlegung, wie wir den Glauben wieder mit mehr Freude und Zuversicht leben und erfahrbar machen können«, unterstreicht Pfarrer Michael Stoffels. Am bewährten Festhalten (Gottesdienste, Taufe, Hochzeit, Beerdigung) sichern und neue Wege ermöglichen, das werde die Aufgabe der Pastoralstrategie sein, die Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam tragen sollen.

Auch die Gemeinden im Pastoralen Raum Aachen-Kornelimünster/Roetgen werden zum Jahreswechsel fusionieren. Im pastoralen Raum Monschau stehen die Entscheidungen noch aus. »Wir sind auf einem guten Weg, haben aber noch Gesprächsbedarf«, erklärt Ingrid Alt, Vorsitzende des Kirchengemeindeverbandes. Bis zu drei Pfarrgemeinden darf man innerhalb eines pastoralen Raumes bilden – das bedarf jedoch der Zustimmung des Bistums.


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