Sind neue Wege des Erinnerns besser?
»Es gibt keine Militärhuldigung, auch kein touristisches Spektakel. Eine zeitgemäße Erinnerungskultur steht im Mittelpunkt des 37. Hürtgenwaldmarsches«, erklärt Oberst Detlef Konrad Adelmann, stellvertretender Kommandeur und Chef des Stabes des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen der Bundeswehr. »An der Tradition vorheriger Veranstaltungen wird bewusst nicht mehr angeknüpft«, versichert er. Getreu dem Motto »Neue Wege der Erinnerung« ist am 8. und 9. Oktober ein umfangreiches Kultur- und Bildungsprogramm – neben dem Marsch über verschiedene Distanzen – geplant. »Wir wollen keine Bilder erzeugen, die bei den Bürgern anstoßen, daher wurde auch das Reenactment gestrichen«, so Hürtenwalds Bürgermeister Andreas Claßen. Darunter ist das Nachstellen geschichtlicher Ereignisse, etwa kriegerischer Auseinandersetzungen der Wehrmacht zu verstehen.
Ein Blick ins Internet zeigt jedoch, dass dieses Vorgehen nicht allen gefällt. Dort ist die neue Veranstaltung auf www.huertgenwaldmarsch.com zu finden - es gibt die Möglichkeit sich für Märsche oder Veranstaltungen anzumelden und Näheres zu erfahren. Auf www.huertgenwaldmarsch.de hingegen wird kritisiert, das ehemalige Mitstreiter nicht in die Planungen involviert wurden. »Die Neuausrichtung wird in den nächsten Jahren ausgedehnt, dann wollen wir noch mehr Vorträge anbieten und im Nachgang das Geschehene aufarbeiten«, erklärt Oberstleutnant Frank Böllhoff, der den Hürtgenwaldmarsch organisiert. Und wer sich ausgeschlossen fühle oder konstruktive Kritik üben wolle, mit dem wolle man ins Gespräch kommen.
Zu den Kooperationspartnern »Gemeinsam für den Frieden« zählen etwa das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, die Universität Osnabrück und das Axensprung Theater Hamburg. Auf dem Programm stehen geführte Touren zu Erinnerungs- und Lernorten wie den Kriegsgräberstätten oder eine Busfahrt »auf den Spuren der US-Armee« in Roetgen, Rott, Zweifall oder Paustenbach. Auftakt ist am Freitag, 8. Oktober, um 18.30 Uhr mit einer Kranzniederlegung auf der Kriegsgräberstätte Hürtgen. »Die Vossenacker Kirche war ein Wallfahrtsort der Wehrmachts-Kameradschaft - daher werden wir dort keinen Gottesdienst feiern«, stellt Andreas Claßen klar.
»Die Region hinkt immer noch in Sachen Erinnerungskultur hinterher«, kritisiert Historiker Frank Möller. Was 2015 mit dem Fest »70 Jahre Frieden im Hürtgenwald« begonnen und in einem Moratorium an Brisanz gewonnen habe, erfahre eine neue Aufwertung. »Diskussionen sind der Dünger der Demokratie«, hält Möller fest.
Kultur- und Bildungsprogramm zum Hürtgenwaldmarsch
Im Ausstellungszelt in Kleinhau, Im Steinsfeld 7, referiert Oberstleutnant Michael Peter um 11 Uhr zu »Tradition und Traditionsverständnis der Bundeswehr - Das Problem der Wehrmacht«. Um 11.45 Uhr geht es bei Dr. Dagmar Hänel vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte um »Kriegs-Erinnerungskulturen - Zur Bedeutung von Denkmalen, Ritualen und Gedenktagen«. Folgende Ausstellungen werden präsentiert:
Zeitenwende 45 - Aufbruch in ein neues Europa
Sowjetische Kriegsgefangene
Mythos Fallschirmjäger
Alles Fake
Militär und Gesellschaft in Deutschland seit 1945 Die Besucher haben die Möglichkeit ihre Gedanken, Eindrücke und Wahrnehmungen zur Erinnerungslandschaft Hürtgenwald aufzuschreiben und an einer »Lernwerkstatt« teilzunehmen. Für das leibliche Wohl wird gesorgt. Teilnahmevoraussetzung ist die 3G-Regel.