Wenn wir es organisiert hätten, würde es laufen

Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier ärgert sich über die Impfstrategie und hat die Probleme bei der Kontaktnachverfolgung bei Infektionen ausgemacht: Die Menschen sind aus Angst vor Bußgeldern nicht ehrlich.
Dr. Tim Grüttemeier ist coronabedingt der Kragen geplatzt. Seinem Unmut über Impfstrategie, Coronabeschränkungen und Kindeswohlgefährdung macht er Luft.

Dr. Tim Grüttemeier ist coronabedingt der Kragen geplatzt. Seinem Unmut über Impfstrategie, Coronabeschränkungen und Kindeswohlgefährdung macht er Luft.

Hier Dr. Tim Grüttemeiers Ausführungen im Wortlaut: Es gibt in dieser Corona-Pandemie kein Drehbuch und jeder tut an seinem Platz sicher sein Bestes.
Dennoch möchte ich mal ein paar Punkte klarstellen:
1. Mich erreichen hunderte Beschwerden über die Vergabe der Impftermine, die alle völlig berechtigt sind. Leider dürfen wir (also die Kreise und kreisfreien Städte) so ziemlich alles in dieser Pandemie organisieren, aber nicht die Impfungen. Wird seine Gründe haben, alles gut. Aber dann sollen sich bitte auch diejenigen der Kritik stellen, die das zu verantworten haben. Bei allem Respekt, wenn wir das organisieren würden, dann würde das laufen! 2. Es wird an vielen Stellen behauptet, dass eine Inzidenz von 50 erreicht werden muss, damit die Gesundheitsämter (also wir, die Kreise und kreisfreien Städte, die das Impfen nicht organisieren dürfen...) die Kontakte nachverfolgen können. Das ist Unsinn! Es wird der Eindruck erzeugt, dass in den Gesundheitsämtern nur mit Fax und jeden Tag nur von 9-14 Uhr gearbeitet wird. Klares Nein! Die Kollegen/innen arbeiten dort fast rund um die Uhr und sind personell und organisatorisch so ausgestattet, dass wir auch bei einer Inzidenz von 200 die Kontakte nachverfolgen können!
3. Bei der Kontaktnachverfolgung ist unser viel größeres Problem, dass uns die Betroffenen nicht mehr die Wahrheit sagen. Die Regelungen sich mit nur 1 Person statt einem weiteren Haushalt treffen zu dürfen ist weltfremd, genauso wie ein Bewegungsradius von 15 km. Aus Angst vor Bußgeldern nennen uns daher die Leute nicht mehr alle Kontakte! Das ist für die Bekämpfung der Pandemie viel schlimmer als die Frage, ob sich jemand mehr als 15 km von zu Hause weg bewegt hat. 4. Aus meiner Sicht müssen nach dem 14.2. die Schulen wieder im Wechselunterricht öffnen. Wir sind dabei einer ganzen Generation schweren Schaden zuzufügen. Die Fallzahlen in den Jugendämtern steigen leider deutlich an, weil die Belastung für viele Familien nicht zu händeln ist. Aber selbst dort, wo die Betreuung zu Hause gut möglich ist, wachsen die Belastungen deutlich an. Homeoffice und Homeschooling funktionieren nicht auf Dauer nebeneinander. Unsere Kinder verlernen aber nicht nur zu lernen, sie verlieren den sozialen Kontakt zu ihren Freunden. Und ein letzter Punkt dazu. Der schlimmste Satz bei allen Diskussionen ist für mich „Kinder sind ein Treiber der Pandemie“... das ist Schwachsinn! Wir haben in der Städteregion kein einziges Ausbruchsgeschehen in einer Kita oder Schule (einzelne Fälle natürlich, aber keinen dadurch verursachten Ausbruch wie in Betrieben oder Heimen bspw.). Bei der Abwägung zwischen Coronabekämpfung und Kindeswohl müssen die Prioritäten ab 14.2. andere sein. Unsere Schulen haben bewiesen, dass sie auch im Wechselunterricht arbeiten können!
So, ich könnte noch ganz viel zur Gastronomie, zum Einzelhandel oder zur Kultur sagen, aber das soll es erstmal gewesen sein.
Natürlich können wir ab 15.2. nicht wieder alles öffnen. Aber wir können auch nicht im 2 Wochen Rhythmus den Lockdown immer nur verlängern und keine Perspektiven bieten. Die Impfungen werden dafür noch zu lange dauern. So verliert man das Vertrauen der Menschen!
Zum Abschluss: Danke an alle Kollegen/innen hier bei der Städteregion, dem besten Team der Welt, die jeden Tag alles geben und immer freundlich bleiben, auch wenn wir mal zu Unrecht beschimpft werden.
Ich kann Euren Ärger verstehen, aber wir arbeiten jeden Tag daran unsere Region gut durch die Krise zu führen.
Haltet zusammen - haltet Abstand!


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