Seitenlogo

Zu Tode geschützt ist auch gestorben

»Mit diesen Maßnahmen ist ein Weg zwischen den Positionen von Lockern und Schützen gefunden. Doch sie hätten viel einfacher formuliert sein müssen, damit die Menschen es auch verstehen.« Wie Gesundheitsdezernent Dr. Michael Ziemons, so freuen sich viele Menschen über die ersten Öffnungsschritte, kritisieren aber deren Umsetzung.

»Der erste Tag war sehr erfreulich mit vielen freundlichen Kunden, die ihr sicheres Einkaufserlebnis genossen haben«, ist Michael Haas  dankbar, dass er seine Modeartikel endlich verkaufen kann. »Es wurde auch allerhöchste Zeit, denn wir können sämtliche Schutzmaßnahmen locker einhalten und hätten dies auch schon viel früher erfüllen können«, übt der Vorsitzende des Gewerbevereins Simmerath Kritik am Lockdown. Das Modehaus mit gleich drei Geschäften in Simmerath bietet eine Service-Hotline, über die ein Einkaufstermin vereinbart werden kann. »Es ist auch möglich, spontan am Eingang der Geschäfte nachzufragen, ob Termine frei sind«, so Haas. Ähnlich verfährt das Spielwarengeschäft »Kidskarree« in Simmerath. Differenzierter wird es da schon im »Baumarkt an der Linde« oder bei Mobau Thelen. »Die Maßnahmen ergeben ein Wirrwarr, den man den Kunden erst einmal erklären muss«, kritisiert Andreas Thelen. Wer ins Gartencenter möchte, kann einfach vorbei kommen und wird in die entsprechende Abteilung geleitet. Auch Gewerbetreibende können - wie übrigens während des gesamten Lockdowns - mit entsprechenden Schutzmaßnahmen ungehindert einkaufen. Alle anderen Kunden müssen einen Termin getreu dem Motto »click & meet« vereinbaren oder kommen in den Eingangsbereich, um zu erfahren, ob noch ein Einkaufswagen frei ist, der die Kundenmenge im Markt reguliert. »Aufgrund der Größe der Märkte werden wir nicht an die Belastungsgrenze kommen«, mutmaßt Thelen.

Endlich zuverlässige Impf- und Testkonzepte

»Wenn die Infektionszahlen in die Höhe gehen, schließen wir schneller als wir geöffnet haben«, sorgt sich Thomas Plum, der mehrere Sport- und Schuhgeschäfte in der Nordeifel betreibt. Er begrüßt die Öffnungsschritte, wirbt aber darum, es mit der Kundenfrequenz nicht zu übertreiben, damit das Infektionsrisiko im Rahmen bleibe. »Meines Erachtens ist es richtig und wichtig, den Lockdown für viele Lebensbereiche stufenweise zu öffnen«, erklärt Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier. Dabei begrüßt er die Ausweitung des Präsenzunterrichtes oder die Lockerungen beim Sport. »Kinder haben endlich wieder mehr Bewegungsmöglichkeiten und Sozialkontakte«, so Grüttemeier. Wichtig sei, dass es gelinge, gemeinsam mit dem Land zuverlässige Impf- und Testkonzepte zu etablieren, um einer weiteren Ausbreitung von SARS-Cov2 und den verschiedenen Mutationen konsequent entgegenzutreten. Perspektivlosigkeit beherrscht weiterhin die Hotellerie und Gastronomie, die seit Beginn der Corona-Pandemie bereits arg gebeutelt ist. »Wir haben umfangreiche Hygienemaßnahmen ergriffen, es gibt keine einzige Infektion, die auf die Gastronomie in unserer Region zurückzuführen ist und doch haben wir seit über vier Monaten geschlossen«, kritisiert Lutz Schell, Betreiber des Hotel Horchem in Monschau und der »Alten Molkerei« in Höfen. »Spätestens ab Ostern brauchen wir eine verbindliche Öffnungsperspektive«, appelliert Schell. Der Frust sei riesengroß, übrigens nicht nur bei den Gastronomen, sondern quer durch die verschiedenen Branchen in der Arbeitsgemeinschaft Monschauer Unternehmen. »Bürokratie scheint immer noch über allem zu stehen - die November-Hilfen sind teilweise immer noch nicht angekommen, für die Überbrückungshilfen III gibt es noch keine Rückmeldung. Dass die Formulare voller Fehler waren und man ohne Steuerberater völlig aufgeschmissen ist, kommt noch erschwerend hinzu«, moniert Schell. »Für mich sind viele Regelungen und Beschränkungen einfach nicht nachvollziehbar«, ergänzt Marco Radermacher, der den »Haller« in der Monschauer Altstadt betreibt. »Es ist doch viel besser, eine Gruppe Freunde trifft sich hier, wo sie sich an die Abstandsregeln halten müssen, als dann im privaten Umfeld«, so Radermacher. Er fordert, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zu geben. »Es muss ja keiner in ein Restaurant gehen, wenn ihm die Abstands- und Hygieneregeln dort  nicht ausreichen, aber es einfach für alle strikt zu verbieten, kann doch nicht der Weg sein«. Für ihn sei der Kontakt zu anderen Menschen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht überlebenswichtig. Radermacher: »Ich möchte einfach nur wieder arbeiten dürfen.« »Zu Tode geschützt ist auch gestorben«, weiß der städteregionale Gesundheitsdezernent Dr. Michael Ziemons. Die aktuelle Situation aus medizinischer Sicht beleuchten wir im aktuellen WochenSpiegel.


Meistgelesen