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Stefan Schröder

"Die Vielfalt ist ein Problem"

Das Wetter wird immer besser und damit stehen wieder zahlreiche Feste in der Region an. Nicht selten sorgen dabei Musikvereine für Unterhaltung. Häufig sind die Register mit zahlreichen jungen Musikern besetzt. Jugendliche für ein Hobby zu begeistern, ist in der heutigen Zeit jedoch oft ein schwieriges Unterfangen. Wie ist die Situation bei den Musikvereinen der Region?
Nachwuchswerbung ist für die Musikvereine der Region ein schweres Unterfangen.  Mit verschiedenen Angeboten und Projekten versuchen Vereine und Verbände Kindern Spaß am Musizieren zu vermitteln. So auch der Kreismusikverband Bernkastel-Wittlich mit den Blasorchester-Projekten »Hör mal was ich kann« und »Wind Band 4 teen(s)« (Im Bild: Abschlusskonzert in Wittlich im April). Foto: D.Heidweiler

Nachwuchswerbung ist für die Musikvereine der Region ein schweres Unterfangen. Mit verschiedenen Angeboten und Projekten versuchen Vereine und Verbände Kindern Spaß am Musizieren zu vermitteln. So auch der Kreismusikverband Bernkastel-Wittlich mit den Blasorchester-Projekten »Hör mal was ich kann« und »Wind Band 4 teen(s)« (Im Bild: Abschlusskonzert in Wittlich im April). Foto: D.Heidweiler

Noch vor wenigen Jahren war die Wahl recht einfach: Wollten junge Menschen ihre Freizeit einem örtlichen Verein widmen, mussten sie sich in der Regel nur zwischen Sportverein, Musikverein und Feuerwehr entscheiden. Je nach Talent und Freundeskreis war die Wahl schnell getroffen. In der heutigen Zeit können Kinder und Jugendliche jedoch aus einem scheinbar unbegrenzten Angebot an Freizeitmöglichkeiten wählen. Oft haben Sie die Qual der Wahl und versuchen neben der Schule mehrere Aktivitäten unter einen Hut zu bekommen. Leidtragende sind oft Vereine, die auf eine bestimmte Anzahl an Mitgliedern angewiesen sind, um spielfähig zu bleiben. Viele Sportvereine beklagten Probleme im Nachwuchsbereich. Doch auch viele Musikvereine der Region sind vom Nachwuchsmangel betroffen. "Im Kreismusikverband Bitburg-Prüm haben wir schon viele Musikvereine mit Nachwuchssorgen", bestätigt Josef Freichels, Vorsitzender des Verbandes, das Problem. "Besonders im tiefen Blech, wie der Tuba, haben viele Vereine Schwierigkeiten genügend Kinder zu finden, die ein Instrument lernen wollen." Ohne ausreichende Besetzung wird es für die Vereine schwierig, ihre Spielbereitschaft aufrecht zu erhalten. "Die Orchester müssen dann mit einer kleineren Besetzung zurechtkommen", so Freichels. "Der Dirigent ist deshalb gezwungen, auf andere, einfachere Musikliteratur zurückzugreifen." Zurzeit sind circa 660 Musiker im Eifelkreis unter 18 Jahren. "Vor acht Jahren waren es noch 1000 junge Musiker", erklärt der Vorsitzende. Die Nachwuchsprobleme der Vereine werden in Freichels Augen in Zukunft auch ein Problem für die Traditionen in den Dörfern und Städten werden: "Viele Traditionen werden ohne Musikvereine verloren gehen, wenn mangels Personal Musikfeste ausfallen oder Umzüge und Prozessionen musikalisch nicht mehr begleitet werden können."

Es fehlt am Durchhaltevermögen

Im Kreismusikverband Bernkastel-Wittlich beklagen die Verantwortlichen ebenfalls einen Rückgang bei den Schülerzahlen. "Die Situation war schon mal besser", so der Vorsitzende Norbert Satoris. "In unserem Verband musizieren um die 2200 Jugendliche bis 27 Jahren. In den letzten Jahren hatten wir hier einen Rückgang von 276 Musikern. Besonders im Bereich der 10- bis 14-Jährigen gibt es Nachwuchsprobleme." Große Sorgen macht sich Satoris noch nicht, dennoch warnt er vor einem negativen Trend: "Noch sind wir gut aufgestellt. Viele traditionsreiche Vereine haben bei uns einen recht guten Zulauf. Dennoch gibt es einige Vereine, die mit großen Nachwuchssorgen zu kämpfen haben." An mangelnder Nachwuchsarbeit liegt das Problem in der Regel nicht. Viele Vereine in der Region sind in Schulen oder sogar schon in Kindergärten präsent und laden zu Veranstaltungen für Kinder ein. "Dennoch ist es sehr schwer, Kinder von einer Ausbildung zu überzeugen", erklärt Norbert Zeien, 1. Vorsitzender des städtischen Musikvereins Bitburg. "Das Interesse, in einen Musikverein einzutreten, ist nach wie vor vorhanden, aber die Wenigsten halten länger als zwei, drei Jahre durch", so Zeien. "Bei einem Instrument muss man eben im Vorfeld viel üben. Man kann nicht wie im Fußball direkt loslegen", umschreibt Satoris das Problem. Rainer Becker, Vorsitzender des Blasorchesters der Stadt Wittlich, bemängelt ebenfalls fehlendes Durchhaltevermögen: "Viele Kinder geben zu früh auf. Leider fehlt oft die Unterstützung durch die Eltern. Viele sind zudem auch nicht mehr bereit, sich fest an einen Verein zu binden und wollen einfach nur ihr Ding machen." Auch andere Faktoren spielen im Nachwuchsbereich eine negative Rolle: "Es gibt weniger Kinder als früher, aber gleichzeitig ein viel größeres Freizeitangebot", erklärt Josef Freichels. "Diese Vielfalt an Möglichkeiten ist für die Vereine ein Problem." Um die personelle Notlage zu lösen, organisieren sich inzwischen immer mehr Vereine in Spielgemeinschaften. "Das ist mit Sicherheit ein Weg, den einige Vereine in Zukunft gehen werden", ist sich Josef Freichels sicher. Auch das Blasorchester Wittlich plant für die Zukunft bereits in diese Richtung. "Um auch in den nächsten Jahren ein gutes und spielfähiges Orchester zu haben, haben wir als Versuch eine Kooperation mit dem Musikverein Bergweiler begonnen", so Becker. Aber auch die Jugendarbeit an sich wird in den Vereinen in den nächsten Jahren noch intensiviert werden. "Wir müssen versuchen, für den Nachwuchs attraktiv zu bleiben, obwohl wir in der Vergangenheit hier meistens gegen die Sportvereine verloren haben", so Norbert Zeien.


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