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Der Mann mit dem grünen Daumen

Hans-Jürgen Kesten hat einen Öko-Nutzgarten mit spektakulärer Vielfalt geschaffen. Damit erfüllte sich der Agrar-Ingenieur einen Lebenstraum.
Für Hans-Jürgen Kesten gilt: Ein Garten ohne »Unkräuter« macht nachdenklich. Er zeigt, wie man auch ohne chemische Keule auskommt. Foto: A. Koch

Für Hans-Jürgen Kesten gilt: Ein Garten ohne »Unkräuter« macht nachdenklich. Er zeigt, wie man auch ohne chemische Keule auskommt. Foto: A. Koch

Wer in Kettwig aufwächst, für den sind die Hochöfen des Ruhrgebiets in der Regel vertrautere Kindheitserinnerungen als üppige Bauerngärten. Doch Hans-Jürgen Kesten hatte Glück: Seine Eltern besaßen am Stadtrand einen großen Garten zur Selbstversorgung. Von natürlichen Kreisläufen fasziniert studierte er in Soest Agrarwissenschaften.

"Ökologische Landwirtschaft bietet viel bessere Chancen"

Allerdings landete er dann doch im Büro: »Ich war im Amt für Agrarordnung in Düsseldorf dann zuständig für landwirtschaftliche Förderprogramme«, erzählt der Mittsiebziger, der von seiner jetzigen Gartenarbeit in der Eifel sichtbar jung gehalten wird. »Ende der 1960er Jahre erlebte ich die steigende Verschuldung vieler Bauern mit, die der Philosophie ‚wachse oder weiche‘ folgten. Das machte mich nachdenklich. Ich entdeckte, dass ökologische Landwirtschaft viel bessere Chancen bietet, und wälzte viel Fachliteratur.« Später schrieb er selbst viele Fachartikel über artgerechte Tierhaltung und andere ökologische Themen.

Ein Kreislauf des Wachstums

Als er schließlich nach Euskirchen versetzt wurde, konnte er Theorie und Praxis verbinden. Er fand ein großes Grundstück in Lammersdorf, wo er auch seinem Hobby Reiten und Pferdehaltung nachgehen konnte sowie Gemüse für den Eigenbedarf ziehen. Seit 2008 ist Hans-Jürgen Kesten in Rente, der Garten und das Landleben auf dem Dorf, in das er sich gut und gern integrierte, wurden immer wichtiger für ihn.

Ohne Chemie und Konzernpatente

Mit rund fünfzig verschiedenen Gemüsesorten, darüber hinaus Obstbäumen, Beerensträuchern, Milchschafen und Hühnern ist ein kleines Paradies entstanden, das mehr abwirft, als er selbst verbrauchen kann. So beliefert er die Tafeln oder einen nahen Ferienhof mit Lebensmitteln, die frischer nicht sein könnten. Manches wird auch in der Nachbarschaft getauscht.  
Verschiedene Getreidesorten und eine Vielfalt an Kartoffelsorten sowie Klee und andere Stickstoffbringer beweisen, wie Landwirtschaft und Gärten auch ohne Chemie und Konzernpatente funktionieren können. Eine kluge Fruchtfolge gehört dazu. Lediglich Kalk und Hornspäne werden als Dünger und zur Bodenverbesserung zugeführt, die Hinterlassenschaften der Pferde und der Kompost tun ein Übriges zur gelungenen Kreislaufwirtschaft.

Führungen durch Kestens Garten

»Natürlich ist das viel Arbeit, zum Beispiel eine rein mechanische Bekämpfung unerwünschter Beikräuter. Aber die historischen Sorten, die oft eine viel bessere Resistenz gegen Schädlinge und viel intensivere Aromen haben, sind es wert!« Nicht von ungefähr hängt der Spruch »Ein unkrautfreier Nutzgarten macht nachdenklich!« am Tor – und auch »Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!«. Überhaupt hat er die Wege und Beete mittlerweile mit etlichen erklärenden Schildern versehen.
Denn Kesten öffnet seinen Garten nach Vereinbarung auch gern für interessierte Besucher und macht mit ihnen Führungen: Kindergruppen, Touristen oder Landwirte und Gartenbesitzer, die sich über Biogärten und ökologische Landwirtschaft praxisnah und lebendig informieren wollen, kommen zu ihm. »Gerade Kinder finden das sehr spannend«, freut er sich, »aber es ist manchmal auch erschreckend, wie wenig sie noch von der Entstehung ihrer Lebensmittel wissen. Selbst wenn sie hier in der Eifel aufwachsen.«

Info:

Zusendung von Garteninfos und Gartenführungen nach Termin-Vereinbarung: Telefon 06593/996258


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