Sybille Schönhofen bil

Der große Graben verbindet: Trasse für Wasser, Strom und Gas

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm und die Stadt Trier gehen gemeinsam einen großen Schritt in Sachen regionale Energiewende. Im März 2018 soll Spatenstich sein für den Bau der bundesweit einmaligen Versorgungs-Trasse, die auf einer Länge von 80 Kilometern - von der Oleftalsperre im Norden bis nach Trier im Süden - Leitungen für Trinkwasser, Strom, Gas und Glasfaser bündelt.

Wenn wie geplant diese Woche das Baurecht vorliegt, werden die Arbeiten für die Pipeline ausgeschrieben. Anfang Januar können die ersten Aufträge vergeben werden. Dann beginnen die Rodungsarbeiten für die Trasse, die auf 80 Kilometern durch Wälder, Felder und über Wiesen verlaufen wird. Zusätzlich zu der Verbundnetztrasse, die von Nord nach Süd verläuft, soll von Westen nach Osten eine Biogastrasse (grüne Linie in der Grafik zum Trassenverlauf) entstehen. In ihr wird das Gas aus regionalen Biogasanlagen transportiert, um aufbereitet und letztlich der Nord-Süd-Pipeline zugeführt zu werden.

Aber von vorn: 2014 begann ein wegweisendes Infrastrukturprogramm in Prüm - das Projekt "Regionales Verbundsystem Westeifel". Es ist bundesweit einmalig. Hier geht es darum, die Region mit Trinkwasser, Energie und Telekommunikation zu versorgen und dabei gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Geplant ist die Einbindung regionaler, regenerativer Erzeugungsanlagen in den Bereichen Wind, Sonne, Gas und Wasser. Planer des Projektes ist die Kommunale Netze Eifel AöR (KNE) aus Prüm. Kernstück des Verbundsystems ist der Bau einer Leitungstrasse für eine Trinkwasserleitung, Stromkabel, Bio- und Erdgasleitungen und auch für die Breitbandnutzung. Die Trasse soll von der Oleftalsperre bis nach Trier verlaufen. 250.000 Menschen werden über sie versorgt. Ziel ist folgende Vision, wie sie Umweltstaatssekretär Thomas Griese für den Zeitpunkt der Fertigstellung formulierte: Die Trinkwasserversorgung in der Region werde dann gesichert sein. Kommunen und Industrie würden ihre Energie weitgehend aus erneuerbaren, regionalen Quellen beziehen. Die von der Landwirtschaft erzeugte Bioenergie werde die wetterbedingten Schwankungen der Wind- und Solarenergie ausgleichen. Und ein modernes Breitbandnetz werde die Voraussetzung für hochwertige Arbeitsplätze schaffen. 27.000 Haushalte in der Eifel profitieren künftig von den in der Trasse verlegten Glasfaserkabeln.

Sichere Versorgung und stabile Preise

Vorgesehen sind bis 2023 Investitionen in Höhe von rund 100 Millionen Euro. Das Land übernimmt 60 Prozent der förderfähigen Baukosten, das entspricht 25 Millionen Euro. Nach den Worten der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken ist das "Regionale Verbundsystem Westeifel" ein "Leuchtturmprojekt", das von der Eifel aus eine bundesweite Signalwirkung entfalte. Hintergrund ist für strukturschwache ländliche Regionen eine nachhaltige und wirtschaftliche Infrastruktur zu schaffen. Mit dem Projekt soll nicht nur die Versorgung mit Trinkwasser langfristig gesichert werden, sondern auch die Strukturen für den Ausbau regenerativer Energien verbessert werden. Dazu gehört die Möglichkeit, die Energie zu speichern, bis sie benötigt wird. Dabei hilft ein Computerprogramm, das neu entwickelt wird. Es steuert flexibel, aus welcher gerade zur Verfügung stehenden Energieform der Strom gewonnen wird. Ein Projektziel ist die Fließ-Umkehr des Trinkwassers. Bislang muss es von der Riveristalsperre entsprechend des Landschaftsprofils bergauf gepumpt werden. "Der Anschluss an die höher gelegene Oleftalsperre ist wichtig, um eine Schubumkehr zu bewirken, damit das Wasser hydraulisch die Fließrichtung im Netz ändert", erklärt Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, der auch KNE-Verwaltungsratsvorsitzender ist. Die verringerte Pumpleistung wirke sich günstig auf den Wasserpreis aus. Darin liege einer der Vorteile für den Verbraucher.

Nicht das Ende der Vision

Sparen sei überhaupt ein Hauptmotiv für das neue Verbundsystem, erläutert Landrat Streit. Mit der neuen Trasse könnten einige Brunnen und Quellen mit minderer Wasserqualität stillgelegt werden, was neben mehr wirtschaftlicher Effizienz auch die Wasserqualität verbessere. Ein weiterer Pluspunkt: Für den Fall eines größeren Ausfalls von Trinkwasser beispielsweise durch Verunreinigungen, ist jeder Wasserverband durch den Partner abgesichert. Einen Fortschritt bringt auch die Nutzung von regionalem Biogas. 48 Bio-Gasanlagen liegen im günstigen Abstand zur Nord-Süd-Trasse, in der auch eine eigene Bio-Gasleitung verlegt wird. Die Leitung führt das Bio-Gas zu einer zentralen, neuen Bio-Gasanlage, die am Flugplatz in Bitburg errichtet wird. Hier wird es auf Erdgasqualität aufbereitet. Das dabei entstehende Beimischungsgas enthält 10 Prozent Methan aus nachwachsenden Rohstoffen. Aufgrund all dieser Aspekte nennt Landrat Streit das Verbundsystem einen Baustein in der "regionalen Energiewende". Für die Zukunft wird an weiteren Ideen gebastelt, nämlich Strom zu Gas zu verarbeiten, Grünschnitt-Abfall in Gas umzuwandeln und mittels Klärschlamm-Verbrennung Phosphat zur Düngung wiederzugewinnen. bil

EXTRA: Planer und Vertriebsgesellschaft

Für den Vertrieb von Wasser, Strom und Gas über die neue Verbundnetztrasse wurde im Juli 2017 eine Gesellschaft gegründet, die Landwerke Eifel AöR (LWE).
Mitglieder sind die Kommunale Netze Eifel AöR (KNE), der Eifelkreis Bitburg-Prüm, der Zweckverband Wasserwerk Trier-Land, der Zweckverband Wasserwerk Kylltal, die Verbandsgemeinde Bitburger-Land, die Stadtwerke Bitburg, die Südeifelwerke Irrel AöR und die Verbandsgemeinde Speicher. Sitz der Gesellschaft ist am Standort der KNE in Prüm.
Die KNE ist die Netzgesellschaft aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm und den Stadtwerken Trier, die das Verbundprojekt plant und  umsetzt.


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