

An manchen Tagen hat Anna Cäcilia Klasen viel zu erzählen: über ihre Kindheit auf dem Bauernhof, die harten Kriegszeiten, das Leben in der patriarchalisch geprägten Familie und ihren sehnlichen Wunsch, das Gymnasium besuchen zu dürfen.
Von Edith Billigmann
Manchmal aber auch fehlen ihr die Worte, so wie jetzt im Nachgang zu ihrem 100. Geburtstag. Dann kramt ihre Tochter Ingeborg längst Vergessenes aus den tiefsten Ecken des Gedächtnisses hervor und lässt uns zurückblicken auf eine Zeit, in der Kindsein in einer Bauernfamilie mit früher Verantwortung und viel Arbeit verbunden war.
In dem kleinen Eifelort erblickt Cäcilia das Licht der Welt. Früh schon muss sie die Kühe hüten - den ganzen Tag lang, damit die wertvollen Tiere nicht abhanden kommen. Ihr Freund: Hund Hasso, der später, als ihre Familie Haus und Hof und Hund verkaufen muss, vor Kummer stirbt.
Als Arbeitskraft ist sie für die Familie unentbehrlich geworden. Ihr Wunsch, als gute Schülerin das Gymnasium besuchen zu dürfen, bleibt ihr versagt.
Doch Cäcilia verliert die Lebensfreude nicht, bricht immer wieder aus der Enge der Familie aus, sucht Gleichaltrige, mit denen sie feiern und unbeschwert die wenige Zeit, die ihr vergönnt ist, genießen kann. Kirmes ist angesagt. Der strenge Vater sieht das nicht gern. Doch Cäcilia steht auch am nächsten Morgen ihre Frau. "Wer tanzen kann, kann auch arbeiten", hatte er ihr gesagt. Daran hält sie sich und nimmt ihm so die Argumente.
Ende der 40-er Jahre zieht Cäcilia nach Olewig und trifft auf dem dortigen Weinfest ihre große Liebe. 1950 wird geheiratet, ein Jahr später kommt Tochter Ingeborg zur Welt. Zwischen ihr und ihrer Schwester Renate liegt nur ein Jahr, zwischen ihr und Bruder Hans sieben Jahre. Als dann noch die eigene Mutter erkrankt, wird auch sie ebenso gepflegt wie der Onkel. "Für uns ist diese Belastung heute nicht mehr vorstellbar", wirft Enkelin Carmen ein. "Das Leben einer Frau hat sich damals zwischen Kindern, Küche und Elternpflege abgespielt - ohne Entlastung durch Kindergarten, Waschmaschine oder mobile Pflege. Trotz der harten Zeiten hat sie sich nie beschwert." "Sie hat viel gesungen", wirft Ingeborg ein. "So positiv und fröhlich ist sie auch meinen Kindern in Erinnerung geblieben."



