

von Kevin Schössler
Es sollte ein historischer Abend werden – ein Fest für den Fußball in der Region, eine Nacht, in der der Pokal wieder einmal seine eigenen Gesetze schreibt. Am Dienstagabend,7. Oktober, strömten rund 2000 Zuschauer ins Wittlicher Stadion „Am Bürgerwehr“, um mitzuerleben, wie Rheinlandligist Rot-Weiß Wittlich den Regionalligisten Eintracht Trier herausforderte. Und tatsächlich: 90 Minuten lang roch alles nach Sensation. Doch dann kam die Nachspielzeit, und mit ihr ein bitteres Ende – ein dramatisches Trauma für den Underdog.Die Eintracht siegte am Ende mit 2:0 – beide Tore in der Nachspielzeit, beide wie ein Nadelstich mitten ins Herz der tapfer kämpfenden Wittlicher. Der Pokal lebt – und manchmal tut er weh.
Schon vor dem Anpfiff lag eine besondere Stimmung über dem Stadion. Die Zuschauerplätze dicht gefüllt, Kinder in Rot-Weiß, Trommeln, Fahnen – Wittlich war bereit für das große Pokalspiel. Eintracht Trier, als klarer Favorit angereist, überließ nichts dem Zufall. Trainer Thomas Klasen schickte seine absolute A-Elf auf den Platz – kein Experiment, keine Rotation, der Respekt vor dem Gegner war spürbar.
Doch gleich zu Beginn musste die Partie noch ein wenig warten – ein Riss im Tornetz sorgte für eine kurze Verzögerung. Vielleicht ein Omen für das, was folgen sollte: ein Spiel, in dem Kleinigkeiten über Glück und Leid entschieden.
Mit dem Anpfiff entwickelte sich ein intensives, kampfbetontes Spiel. Trier hatte zwar mehr Ballbesitz, doch Wittlich stand defensiv hervorragend organisiert. Der Rheinlandligist ließ den Regionalligisten kaum zur Entfaltung kommen, störte früh, verteidigte leidenschaftlich – und setzte selbst immer wieder Nadelstiche.
In der ersten Halbzeit blieben echte Torchancen Mangelware. Eintracht Trier tat sich schwer, Lösungen gegen das kompakte Wittlicher Bollwerk zu finden. Wittlichs Keeper Berhard parierte stark gegen Distanzschüsse von Biondic (15.) und Weigelt (19.). Auf der Gegenseite setzte Julian Schmitz (10.) ein Ausrufezeichen, als er nach einer Ecke knapp verzog.
Die Zuschauer spürten: Hier geht was! Mit jedem gewonnenen Zweikampf, mit jeder gelungenen Grätsche wuchs der Glaube, dass die Sensation möglich ist. Der Halbzeitpfiff wurde begleitet von lautem Applaus – 0:0 zur Pause, und Trier wirkte ratlos.
Auch nach dem Seitenwechsel dasselbe Bild: Trier suchte den Durchbruch, doch Wittlich warf alles in die Waagschale. Mit Leidenschaft, Teamgeist und einem unbändigen Willen stemmte sich der Underdog gegen die Trierer Angriffe.
In der 57. Minute setzte Heinz ein Ausrufezeichen, als sein Schlenzer nur knapp am Kreuzeck vorbeiflog. Auf der Gegenseite blieb Wittlich gefährlich über Standards – in der 69. Minute hatte Rizvani die beste Gelegenheit der Hausherren, sein Freistoß blieb jedoch in der Mauer hängen.
Je länger das Spiel dauerte, desto nervöser wurde die Eintracht. Die Minuten verrannen, die Verlängerung rückte näher – und die Stimmung im Stadion glich einem Hexenkessel. Die Zuschauer feuerten jeden gewonnenen Zweikampf an, Wittlich kämpfte wie ein Löwe.
Vier Minuten Nachspielzeit wurden angezeigt – am Ende wurden es jedoch acht. Acht Minuten, die über Sieg und Niederlage, über Jubel und Tränen entschieden sollten.
Dann, die 90.+1 Minute: Nach einer unübersichtlichen Situation im Strafraum landet der Ball vor den Füßen von Henri Weigelt. Der Innenverteidiger der Eintracht fasst sich ein Herz – und drischt das Leder unhaltbar ins lange Eck. 0:1! Der Jubel der Trierer – grenzenlos. Der Schock für Wittlich – tief.
Doch der Pokal-Abend war noch nicht vorbei. Wittlich warf nun alles nach vorne, öffnete Räume, suchte verzweifelt den Ausgleich. Und wie so oft im Fußball bestrafte das der Favorit eiskalt.
90.+8 Minute: Nach einer Ecke von Held landet der Ball bei Dominik Kinscher, der aus kurzer Distanz zum 0:2 trifft. Der Schlusspunkt. Der Traum geplatzt.
Als der Schiedsrichter Jan Ulmer die Partie abpfiff, sanken viele Wittlicher Spieler erschöpft und enttäuscht zu Boden. Doch die Zuschauer erhoben sich und applaudierten für eine Mannschaft, die über 90 Minuten alles gegeben hatte, die den Regionalligisten an den Rand einer Blamage gebracht hatte. Rot-Weiß Wittlich verabschiedet sich mit erhobenem Haupt aus dem Rheinlandpokal. Der Favorit aus Trier zieht verdient, aber spät, in die vierte Runde ein. Was bleibt, ist ein Abend voller Emotionen, Leidenschaft und Fußballromantik – ein Spiel, das man so schnell nicht vergessen wird.
Ein Drama, wie es nur der Pokal schreiben kann – und ein Kapitel, das in Wittlichs Fußballgeschichte sicher seinen Platz finden wird. . .
Tore:
0:1 Weigelt (90.+1),
0:2 Kinscher (90.+8, Vorlage Held)
Zuschauer: ca. 2000
Besonderheit: 8 Minuten Nachspielzeit



