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Atomwaffengegner setzen sich vor Gericht gegen Kreis durch

Eine angemeldete und nicht verbotene Versammlung darf vorübergehend Versorgungszelte, Toilettenanlagen und ähnliche Einrichtungen innerhalb eines militärischen Schutzbereichs errichten, sofern die Wirksamkeit der Verteidigungsanlage dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz anlässlich einer ab dem morgigen Freitag (3. Juli 2020) geplanten sechstägigen Demonstration vor dem Fliegerhorst Büchel.Der Antragsteller, ein eingetragener Verein, beabsichtigt, unter dem Motto "Atomwaffen ächten - keine neue Aufrüstung - Verbotsvertrag" "für eine Welt ohne Atomwaffen und für den Beitritt Deutschlands zum internationalen Atomwaffenverbotsvertrag" zu demonstrieren. Die Versammlung, die ordnungsgemäß bei der zuständigen Kreisverwaltung Cochem-Zell angemeldet wurde, soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fliegerhorst Büchel (Verteidigungsanlage "Büchel II") stattfinden. Der Veranstalter plant, vor dem Zaun der Verteidigungsanlage ein großes Versammlungszelt (Grundfläche 5 m x 10 m), ein Infozelt (Grundfläche 5 m x 8 m), ein Küchenzelt (Grundfläche 3 m x 6 m), vier Toilettenkabinen und drei Wohnwagen aufzustellen. Da sich der geplante Standort der Anlagen innerhalb eines festgelegten militärischen Schutzbereichs befindet, benötigen die Demonstranten dazu eine Genehmigung der zuständigen Wehrverwaltung. Diese wurde ihnen jedoch bislang nicht erteilt, weshalb sie sich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Koblenz wandten. Die Koblenzer Verwaltungsrichter gaben den Demonstranten Recht und verpflichteten die Wehrverwaltung, die Genehmigung zur zeitlich begrenzten Errichtung der Versorgungsanlagen zu erteilen. Eine solche Genehmigung dürfe nur versagt werden, sofern dies zur Erhaltung der Wirksamkeit der Verteidigungsanlage erforderlich sei. Davon könne man nur ausgehen, wenn der ungehinderte Einsatz und die volle Ausnutzung der Wirkungen der Verteidigungsanlage beeinträchtigt würden. Dafür sei vorliegend aber nichts ersichtlich. Die Antragsgegnerin habe selbst nicht vorgetragen, dass Beeinträchtigungen zu befürchten seien. Soweit sie sich auf eine sogenannte Schutzbereichseinzelforderung berufe, wonach das Zelten innerhalb eines Abstands von 50 m vom Zaun der Anlage verboten sei, ändere dies nichts. Denn bei der "Einzelforderung" handele es sich um eine bloße verwaltungsinterne Anweisung, die gegenüber dem Antragsteller keine Wirkungen entfalte. Die "Einzelforderung" entbinde zudem nicht von der konkreten Prüfung einer Beeinträchtigung der Verteidigungsanlage im Einzelfall. Auch die Befürchtung der Antragsgegnerin, Versammlungsteilnehmer könnten die Zufahrt "überrennen", lasse die Verpflichtung zur Erteilung der schutzbereichsbezogenen Genehmigung nicht entfallen. Die damit geltend gemachten Bedenken gegen die Friedlichkeit der Versammlung müssten gegenüber der Kreisverwaltung erhoben werden, sie seien dagegen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. In diesem gehe es um die baulichen Anlagen. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die konkreten baulichen Anlagen innerhalb des Schutzbereichs Auswirkungen auf die Friedlichkeit der Versammlung haben könnten. Im Übrigen sei nicht dargetan oder ersichtlich, dass der Antragsteller in der Vergangenheit bereits als Anmelder von Versammlungen in Erscheinung getreten sein könnte, bei denen die öffentliche Sicherheit - einschließlich der Wirksamkeit der Verteidigungsanlage "Büchel II" - in ihm zuzurechnender Art und Weise gefährdet worden wäre.Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erheben.(Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 1. Juli 2020, 1 L 563/20.KO)


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