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Ein neues Leben mit Weitblick

Hannes Karbaum hat vor drei Jahren sein Augenlicht verloren. Mit großem Lebensmut managt er seinen Alltag in Eigenregie. Derzeit absolviert er ein Praktikum mit Jobperspektive in der Kreisverwaltung.
Unzertrennlich und beliebt bei den Kolleginnen und Kollegen: Der blinde Hannes Karbaum mit seiner Führhündin „Jenny“, Landrat Markus Ramers und Geschäftsbereichsleiter Achim Blindert. Foto: W. Andres / Kreisverwaltung

Unzertrennlich und beliebt bei den Kolleginnen und Kollegen: Der blinde Hannes Karbaum mit seiner Führhündin „Jenny“, Landrat Markus Ramers und Geschäftsbereichsleiter Achim Blindert. Foto: W. Andres / Kreisverwaltung

Drei Jahre ist es her, als sich das Leben von Hannes Karbaum von jetzt auf gleich komplett änderte. »Ihr Zustand ist stabil! Sie sind blind«, hatte ihm der Arzt in aller Offenheit nach einer Operation gesagt. »Ich bin dann tatsächlich im Laufe von zwei Wochen vollkommen erblindet«, sagt der heute 27-jährige Euskirchener. Ursache war eine seit der Geburt vorhandene Erkrankung, die er aber bis dato bestens im Griff hatte und die ihm ein ganz normales Leben ermöglichte.

Lebensplanung erschüttert

Bis zum Jahresende 2017, als seine Lebensplanung komplett erschüttert wurde. Wie geht man mit solch einer Diagnose um? Wie reagiert man darauf? Hannes Karbaum hat auch nach der schockierenden Nachricht seinen Optimismus und seinen Lebensmut nicht verloren: »Wenn ich jetzt Trübsal blase, komme ich auch nicht weiter.« Nach dem Motto »Jetzt erst recht« hat er mit Beginn des Jahres 2018 »Gas gegeben«, um die Voraussetzungen für ein neues und selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Jetzt, zwei Jahre später, lebt er in seiner eigenen Wohnung und managt seinen Alltag größtenteils in eigener Regie. Und er steht nur wenige Monate vor dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten.

Hürden meistern

»Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer« heißt es in einem Lied von Xavier Naidoo. Das trifft auch auf Hannes Karbaum zu. Er musste auf dem Weg zurück ins Leben zunächst zahlreiche bürokratischen Hürden meistern. So musste er täglich von Euskirchen nach Düren zum Berufsförderwerk, wo er eine blindentechnische Grundausbildung erhielt. Orientierung mit dem Blindenstock? Kein Selbstläufer in einer fremden Stadt. Eine Ausbildung zur Verwaltungsfachkraft? Keine Selbstverständlichkeit für den gelernten Werkzeugmaschinenbauer. Aber: »Ich wollte so schnell wie möglich wieder ein halbwegs normales Leben führen.«

Viele helfen

Auf diesem Weg in sein neues Leben haben ihm viele Menschen geholfen, seine Familie und auch viele Freunde. So wichtig sie auch alle waren und sind – eine Begleiterin toppt sie alle: Jenny. »Das war Liebe auf den ersten Blick«, blickt er auf die erste Begegnung mit dem Labrador-Retriever zurück. Seit Anfang dieses Jahres sind die beiden unzertrennlich. Als Führhund lässt Jenny sein Herrchen nicht aus dem Blick und begleitet ihn zur Arbeit, zum Arzt und zu Freunden. Aktuell macht Hannes Karbaum ein Praktikum in der Euskirchener Kreisverwaltung, »wo wir beide sehr herzlich aufgenommen worden sind.« In der Unteren Naturschutzbehörde unterstützt Karbaum die Kolleginnen und Kollegen bei vielen Arbeiten. Und die anfängliche Unsicherheit, wie man mit einem blinden Menschen umgeht, hat sich in Windeseile gelegt.

Keine Sonderbehandlung

»Ich kann zwar nichts sehen, aber ansonsten bin ich ein Mensch wie jeder andere. Bitte keine Sonderbehandlung, bitte keine Scheuklappen. Ich kann auch mal einen deftigen Spruch vertragen«, sagt er und lacht. Er arbeitet mit einer Kombination aus 10-Finger-Blindtippen (auf einer Punktschrifttastatur) und einem »ScreenReader«. Mithilfe dieser Software werden ihm die Mails oder Dokumente vorgelesen. Internetrecherche oder die Arbeit mit den üblichen Office-Programmen funktioniert damit problemlos, hinzu kommt im Einzelfall noch Spezialsoftware. Mithilfe von kleinen Hilfestellungen der Kolleginnen und Kollegen kann er damit bestens arbeiten.

"Balsam für die Seele"

»Er passt perfekt ins Team«, bestätigt auch Achim Blindert, der zuständige Geschäftsbereichsleiter. »Ich würde mich freuen, wenn wir ihn nach der Ausbildung dauerhaft beschäftigen könnten.« Das würde auch Landrat Markus Ramers sehr begrüßen: »Ich bin beeindruckt, wie gut er sein Leben trotz Handicap im Griff hat.« Für Hannes Karbaum wäre ein »Job« beim Kreis wie ein Sechser im Lotto. Wer ihn kennt, weiß, dass ihn diese Perspektive noch mehr motiviert als ohnehin. »Das ist Balsam für die Seele«, sagt er und strahlt.


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