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»Für uns steht das Opfer im Fokus, nicht der Täter«

»Opfer kann jeder von jetzt auf gleich werden«, sagt Friedrich Ohst. Seit fünf Jahren engagiert er sich beim Weissen Ring und hat nun die Außenstelle Euskirchen übernommen.
Friedrich Ohst (li.) tritt in die Fußstapfen von Rudi Esch (re.) und ist Leiter der Außenstelle Euskirchen des Weissen Rings.  Foto: Breuer

Friedrich Ohst (li.) tritt in die Fußstapfen von Rudi Esch (re.) und ist Leiter der Außenstelle Euskirchen des Weissen Rings. Foto: Breuer

»So schnell wie man Opfer wird, so schnell muss auch Hilfe geleistet werden«, sagt Friedrich Ohst. Er und die anderen neun Opferbetreuer im Kreis Euskirchen sprechen daher nicht nur tröstende Worte aus, sondern lassen diesen auch Taten folgen. Das können intensive Gespräche sein, Hilfe bei Formularen, Beratung zu weiteren Vorgehensweisen bis hin zu finanzieller Unterstützung. Dabei sei es egal, wodurch man Opfer geworden ist. »Es gibt nichts, was es nicht gibt«, so Ohst. Sei es ein Raubdelikt im Supermarkt oder sexueller Missbrauch - beim Weissen Ring werde jeder an die Hand genommen. »Für uns steht - im Gegensatz zu den Behörden, wie der Polizei oder dem Gericht - das Opfer im Fokus, nicht der Täter. Wir sehen es als ein gesellschaftliches Muss an, den Betroffenen bei der Aufarbeitung des Erlebten zu helfen. Denn nicht selten werden sie sonst später selbst zu Tätern«, erklärt er. Betreut werden die Betroffenen entweder bei sich zu Hause oder auf neutralem Boden. »Es gibt Fälle, mit denen beschäftigt man sich zwei Stunden, für manche braucht man aber auch drei Monate«, so der 63-Jährige. Dementsprechend braucht es auch eine Familie, die die Aufgabe mitträgt. »Meine Frau braucht sehr viel Verständnis. Manche Fälle nimmt man natürlich auch gedanklich mit nach Hause. Der Austausch - natürlich anonym - tut gut«, erzählt er. Auch Rudi Esch, Vorgänger von Friedrich Ohst, hat in seinen elf Jahren, in denen er die Außenstelle Euskirchen des Weissen Rings geleitet hat, viel Schlimmes gehört: »Man darf sich die Fälle nur vor der Brust halten und nicht zu nah an sich heran lassen«, so Esch. Wie das den Opferbetreuern gelingt, erklären geschulte Mitarbeiter des Weissen Rings in Seminaren. Auch mit Gesetzen werden die Ehrenamtler vertraut gemacht. »Wenn wir einen Fehler in der Beratung machen, geht das zu Lasten des Opfers«, sagt Ohst und gesteht, dass man - je nach Schwere des Falls - auch schon mal kalte Füße bekommen kann und sicherheitshalber nochmal Rat einholen muss. Dafür treffen sich die Opferbetreuer auch regelmäßig untereinander und tauschen sich über die Fälle aus. Obwohl diese ehrenamtliche Arbeit - wie Ohst zugibt - sehr komplex ist, so wäre es für den ehemaligen Berufssoldaten nicht in Frage gekommen, in seinem Teilzeit-Unruhestand nur tatenlos zuzusehen und rät auch anderen, den Weissen Ring zu unterstützen. Umgerechnet für eine Tasse Kaffee im Monat ist man dabei.

Mitglied werden

  • Aktuell unterstützen 160 Menschen im Kreis Euskirchen die Opferhilfe, davon kümmern sich zehn um die Opferbetreuung. 
  • Vor allem in der Region um Blankenheim ist der Verein personell dünn besetzt und sucht Betreuer.
  • Kontaktdaten Außenstelle Euskirchen: Friedrich Ohst, Tel. 0151-55164832, E-Mail: Ohst.weisser.ring@gmx.de
  • Infos im Netz: www.weisser-ring.de


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