Frederik Scholl

»Für viele lohnt es sich einfach nicht mehr«

Kreis Euskirchen. Die meisten Apotheken im Kreis Euskirchen bleiben am Mittwoch, 14. Juni geschlossen. Grund ist ein bundesweiter Protesttag.

Auch Ute Haghverdi, Inhaberin der Citrus-Apotheke in Euskirchen beteiligt sich am bundesweiten Protesttag.    Foto: Scholl

Auch Ute Haghverdi, Inhaberin der Citrus-Apotheke in Euskirchen beteiligt sich am bundesweiten Protesttag. Foto: Scholl

Bild: Scholl

»Apotheken kaputt sparen. Arzneimittelversorgung gefährden. Nicht mit uns!« unter diesem Leitmotiv werden sich auch zahlreiche Apotheken aus dem Kreis Euskirchen am Mittwoch, 14. Juni am bundesweiten Protesttag beteiligen. Das bedeutet, dass viele Apotheken im Kreis an diesem Tag geschlossen sein werden.

Die notdiensthabenden Apotheken werden die Versorgung übernehmen. Deshalb bleibt kein Bürger unversorgt. Auch die Ärzteschaft ist informiert. Nicht dringend benötigte Rezepte sollten deshalb vor oder erst nach dem Protesttag in der Apotheke vorgelegt werden. Die Apotheken protestieren gegen die für sie und ihre Patienten unzumutbaren Zustände, unter denen die Arzneimittelversorgung aktuell stattfinden muss. Massive Lieferengpässe, überbordende Bürokratie und immer höhere Anforderungen der Krankenkassen machen die Patientenversorgung von Tag zu Tag schwieriger. Hinzu kommt ein immer weiter eskalierender Fachkräftemangel.

»Insbesondere die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken hat sich dramatisch verschlechtert. So wurden die gesetzlich festgelegten, fixen Honorare für die Apotheken seit 10 Jahren nicht erhöht. Und das, bei kontinuierlich und sprunghaft steigenden Lohn-, Energie- und Zinskosten«, erklärt Thomas Göbel, Pressesprecher der Apotheken im Kreis Euskirchen.

Die Folge ist ein sich immer weiter beschleunigendes Apothekensterben, insbesondere im ländlichen Bereich. So ist die Zahl der Apotheken in Deutschland zum Jahresende 2022 um 393 auf 18.068 Betriebsstätten gesunken. Das sei nach Angaben des Apothekerverband Nordrhein der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik.

Ende März 2023 wurde mit 17.939 Apotheken der historisch niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren erreicht. Im europäischen Vergleich rutscht Deutschland hinsichtlich der Apothekendichte in den statistischen Tabellenkeller. Je weniger Apotheken den Patienten zur Verfügung stehen, je weiter könnte in Zukunft der Weg zu einer diensthabenden Nacht- und Notdienstapotheke werden. »Leider wird dadurch mehr als deutlich, dass es sich für viele nicht mehr lohnt. Man muss einfach viel mehr arbeiten, um das gleiche Geld zu verdienen«, erklärt Ute Haghverdi, Inhaberin der Citrus-Apotheke in Euskirchen. Auch sie wird sich am bundesweiten Protesttag beteiligen.

»Für den Pharmazeuten-Nachwuchs wird es immer weniger Attraktiv in einer Apotheke zu Arbeiten. Viele gehen nach dem Studium eher in die Wirtschaft«, erklärt Haghverdi. »Als Apotheker hat man heute keine unternehmerische Freiheit mehr, aber das volle unternehmerische Risiko. Für das was wir leisten, machen wir zu wenig Gewinn«, sagt die Euskirchener Apothekerin.

Dass sich der bundesweite Protesttag keinesfalls gegen die Kunden, sondern gegen die Politik richtet, stellt Apotheker Thomas Göbel unmissverständlich klar. »Nie zuvor hat eine Bundesregierung das bewährte Apothekenwesen so drastisch ignoriert. Angesichts neuer Höchststände bei den Apothekenschließungen und zunehmender Lieferengpässen bei Medikamenten wird eine Verschlechterung der Arzneimittelversorgung billigend in Kauf genommen. Diese Politik gefährdet massiv die persönliche, wohnortnahe und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bürgerinnen und Bürger«, so Göbel.

Konkret demonstrieren die Apotheken am 14. Juni auf dem Burgplatz in Düsseldorf: gegen 10 Jahre Honorarstillstand; gegen weitere Apothekenschließungen; für eine Patientenversorgung ohne Lieferengpässe; für ein Gesundheitswesen, bei dem die Gesundheit und eine hochwertige Arzneimittelversorgung der Patienten im Mittelpunkt stehen.

»Wir freuen uns über den großen kollegialen Schulterschluss an diesem wichtigen Tag und das Verständnis unserer Kunden und Patienten. Denn sie erleben tagtäglich, dass die Belastungen der Apothekenteams immer größer werden und die Lieferengpässe nicht enden«, erklärt Thomas Göbel. »Mit dieser Demonstration setzen wir ein starkes Zeichen für unseren Berufsstand, unsere Apotheken, unsere Mitarbeiter und ganz besonders die Versorgung unserer Kunden und Patienten. Wir rechnen mit einer sehr großen Resonanz. Auch Apothekenteams aus den angrenzenden Bundesländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sowie aus dem ganzen Bundesgebiet haben ihre Teilnahme angekündigt«, so Göbel. Da auch Patientenvertreter in Düsseldorf für eine bessere Arzneimittelversorgung auf der Protestbühne in Düsseldorf sprechen werden, sind auch Kunden und Patienten herzlich nach Düsseldorf eingeladen.

Notdienst im Kreis Euskirchen haben am 14. Juni die City Apotheke, (Neustraße 34, Euskirchen, 02251/52042) und die Apotheke im Ärztehaus (Blumenthaler Straße 19, Schleiden, 02445/852222)


Meistgelesen