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Uraltes Handwerk und ein Webstuhl

Es ist wohl eines der ältesten Handwerke der Menschheit. Funde aus der Jungsteinzeit belegen, dass bereits 5000 Jahre vor Christi Geburt Stoffe gewebt wurden. Und dennoch ist die Handweberei, die einst im Kreisgebiet als Wirtschaftsfaktor eine bedeutende Rolle spielte, heute nahezu ausgestorben. Ellen Hilgers aus Schleiden gehört zu den wenigen Menschen, die den Beruf der Handweberin noch erlernt haben. In ihrem Schleidener Atelier steht unter dem Dach nicht nur ein ausgewachsener Webstuhl, die Lebensgeschichte der agilen Frau ist mindestens so interessant wie ihr altes Handwerk.

»Mir liegt das alte Handwerk am Herzen. Ich möchte zeigen, wie es funktioniert und was für vielfältige Möglichkeit das Weben besitzt«, sagt Ellen Hilgers. »Schließlich«, lacht sie verschmitzt, »wäre die Jeanshose ohne Weberei gar nicht denkbar.« Wer die Lebensgeschichte von Ellen Hilgers kennt, versteht auch ihre Leidenschaft für ihr erlerntes Handwerk. Die gebürtige Schleidenerin war gerade 19 Jahre alt, als sie nach dem Abitur beschloss, Handweberin zu werden. »Handarbeit«, sagt sie, »hat mich schon früh interessiert.« Schon damals gab es die Schwierigkeit, einen passenden Betrieb zu finden. Ausbildungsplätze waren rar gesät. »Warum gehst du nicht nach Finnland?«, fragte eine Bekannte, die aus dem hohen Norden stammte. Ellen Hilgers befolgte den Rat, bewarb sich und konnte dann alsbald ihre zweijährige Ausbildung in Ekenäs in Südfinnland antreten.

Exotin

»Damit«, schmunzelt sie, »war ich damals sicherlich ein Exot.« Denn im Gegensatz zu heute waren Auslandsaufenthalte eher die Ausnahme, erst recht bei einer Ausbildung zur Handweberin. »Die Zeit in Finnland habe ich genossen. Es war eine tolle Ausbildungsstelle«, sagt Ellen Hilgers. Womit sie jedoch nicht gerechnet hatte, waren die deutschen Gesetze. Die erkannten die Ausbildung in Finnland nämlich erst nach einem zusätzlichen Jahr an, das die Schleidenerin in einem Betrieb in Süderbrarup absolvierte. Präsentiert hat Ellen Hilgers ihre Handwerkskunst unter anderem auch im Freilichtmuseum Kommern: »Das hat mir riesigen Spaß gemacht, das würde ich sofort wieder tun.« Doch zunächst wurde sie Mutter von drei Kindern, half ihrem Mann beim Schritt in die Selbstständigkeit und beschäftigt sich erst seit zwei Jahren wieder mit ihrem alten Beruf. Dazu besorgte sie sich eigens aus Schweden aus einem Nachlass einen Webstuhl, der jetzt unter dem Dach ihres Einfamilienhauses in Schleiden steht. »Ich habe, ehrlich zugegeben, so meine Zweifel gehabt, ob ich die Arbeit am Webstuhl noch kann. Aber das ist wie Fahrradfahren«, lacht Ellen Hilgers. Sie freut sich sehr darüber, dass Handarbeit momentan bei jungen Leute wieder angesagt ist: »Sie haben Spaß daran, für sich selbst kreativ zu sein und individuelle Sachen herzustellen.«


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