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Probleme statt Entspannung

Die Therapie vor Ort bei der Suchtberatung des Caritasverbands Westeifel e.V. ist durch das Coronavirus beeinträchtigt. Doch gerade in Stresssituationen greifen viele Menschen mitunter vermehrt zu Bier, Wein und Co.
Der Griff zum Glas verspricht vor allem in Krisensituationen eine vermeintliche und kurzfristige Lösung.  Dies kann sich früher oder später jedoch zur Sucht entwickeln. Symbolbild: Pixabay

Der Griff zum Glas verspricht vor allem in Krisensituationen eine vermeintliche und kurzfristige Lösung. Dies kann sich früher oder später jedoch zur Sucht entwickeln. Symbolbild: Pixabay

Es sind erschreckende Zahlen: Bei einer Umfrage des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und dem Klinikum Nürnberg gab rund ein Drittel der 3.200 befragten Erwachsenen an, während des coronabedingten Lockdowns mehr Alkohol konsumiert zu haben. Auch wenn die Zahlen nicht repräsentativ sind, so scheint die Tendenz doch klar: Krisen sind ein guter Nährboden für Süchte. Das bestätigt Karin Knötgen von der Suchtberatung des Caritasverbands Westeifel e.V.: »Krisen können psychische Probleme verstärken und somit zu einem verstärkten missbräuchlichen Konsum von Alkohol führen.« Der Stress in einer Krisensituation könne scheinbar und kurzfristig durch Alkohol gelindert werden. »Später kann dieser Problemlösungsversuch dann selber zum Problem werden«, so die  Diplom-Sozialpädagogin. Hinzu komme bei der aktuellen Krisensituation, dass andere Möglichkeiten zur Stressbewältigung wie etwa das Treffen mit Freunden, der Besuch im Kino oder Sport während des Lockdowns nicht verfügbar waren. Es gebe laut Knötgen aber in der Suchtberatung auch durchaus Klienten, die während der Corona-Pandemie durch den weitgehenden Stillstand des öffentlichen Lebens weniger Druck im Alltag verspürt hätten. Daher dürfe man die komplexen Zusammenhänge einer Suchterkrankung nicht verallgemeinern.

Maßgeschneiderte Therapieform 

Eine Therapie bei der Suchtberatung des Caritasverbands Westeifel e.V. kann auf verschiedenen Wegen stattfinden. Im sogenannten Clearing erarbeiten die Suchtberater gemeinsam mit den Klienten eine auf die Situation zugeschnittene Therapie: »Das geht von der ambulanten Suchttherapie mit jeweils einem Einzel- und einem Gruppengespräch wöchentlich bis hin zu einer mehrmonatigen stationären Therapie«, erklärt Karin Knötgen. Gerade für Personen, die in Beruf oder Zuhause eingebunden sind und die in der Lage sind, die wöchentlichen Termine wahrzunehmen, sei eine ambulante Therapie sinnvoll. Diese Therapie wird vor Ort beim Caritasverband angeboten und die Betroffenen können alles Notwendige von zuhause aus erledigen und weiterhin arbeiten gehen. Zusätzlich können auch die Angehörigen in den Prozess mit eingebunden werden. Neu ist, dass sowohl die Beratung als auch die ambulante Therapie in der Krise  telefonisch durchgeführt werden. »Die Kostenträger haben sehr schnell beschlossen, dass in dieser Zeit telefonische Termine abrechenbar sind«, so Knötgen: »Die telefonische Beratung ersetzt zwar nicht die Therapie und Beratung vor Ort, wird aber gut angenommen.« Auch die Nachsorge nach einem stationären Aufenthalt ist in der Krisenzeit telefonisch möglich. Gerade diese sei besonders wichtig, um den Betroffenen  und deren Umfeld die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern. Die Suchtberaterin der Caritas dazu: »Die Nachsorge ist extrem wichtig, um  beispielsweise das Erlernte aus der Therapie in den Alltag zu integrieren. Dies stellt für viele Klienten eine große Herausforderung dar.« Für die Zukunft wünscht sich Knötgen, dass angesichts der mitunter weiten Wege in der Region das telefonische Angebot in Ausnahmefällen weiterhin eine Option für ihre Arbeit darstellt. Die Suchtberatung des Caritasverbands Westeifel e.V. im Vulkaneifelkreis erreichen Sie unter Tel. 06592/95730.

Infos:

Wie viel Alkohol ist in Ordnung?
  • Frauen: weniger als 20 g reiner Alkohol/Tag, das entspricht zwei alkoholischen Standardgetränken
  • Männer: weniger als 30/40 g reiner Alkohol/Tag, das entspricht drei/vier alkoholischen Standardgetränken
  • Maximal 5 Trinktage pro Woche
Welche Anzeichen für eine potentielle Abhängigkeit gibt es?
  • Craving: Spüren Sie häufig eine Art unbezwingbares Verlangen, Alkohol zu trinken?
  • Verminderte Kontrollfähigkeit: Kommt es vor, dass Sie nicht mehr aufhören können zu trinken, wenn Sie einmal begonnen haben?
  • Entzugssymptome: Haben Sie morgens  Übelkeit oder Zittern (z.B. Ihrer Hände)
  • Toleranzentwicklung: Brauchen Sie zunehmend mehr Alkohol, bevor Sie eine bestimmte Wirkung erzielen?
  • Einengung auf Substanzgebrauch: Ändern Sie Tagespläne, um Alkohol trinken zu können bzw. richten Sie den Tag so ein, dass Sie regelmäßig Alkohol trinken können?
  • Konsum trotz schädlicher Folgen: Trinken Sie, obwohl Sie spüren, dass der Alkoholkonsum zu schädlichen körperlichen, psychischen oder sozialen Folgen führt?
  • Wenn mehr als drei Kriterien über einen längeren Zeitraum bestehen, sollten Betroffene sich beraten lassen.


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